Rieser Nachrichten

Leben in der Altstadt

Im historisch­en Zentrum in Wemding entwickelt sich etwas. Roland Zimmermann hat sich einen Traum verwirklic­ht

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Wemding Es gab Zeiten, da musste man sich ernsthaft Sorgen um die Wemdinger Altstadt machen. In dem Zentrum, dessen mittelalte­rliche Struktur noch immer intakt ist – schlossen Läden, zur Jahrtausen­dwende hörte der letzte der einstmals rund 150 Landwirte innerhalb der kreisrunde­n und nur über vier Zufahrten erreichbar­en Siedlung auf. Viele Anwesen hatten schon bessere Tage gesehen, standen leer und waren auf dem Immobilien­markt kaum verkäuflic­h.

Inzwischen hat sich das Bild etwas gewandelt. Zwar ist noch manches Haus verwaist, jedoch wurde in den vergangene­n Jahren eine Reihe von Gebäuden neu herausgepu­tzt. „Derzeit wird gerne investiert“, sagt Bürgermeis­ter Martin Drexler. Sogar Preise auf dem Immobilien­markt hätten angezogen. „Ich sehe, dass unsere Bemühungen Früchte tragen – sowohl im privaten, als auch im gewerblich­en Bereich“, sagt Drexler zufrieden. Geschäfte seien modernisie­rt worden und manche Familie habe in den Gassen eine neue Heimat gefunden.

Zu den schmucklos­en Anwesen gehörte auch der einstige kleine Bauernhof in der Häutbachga­sse 5. Roland Zimmermann kaufte es 2012 und hat sich dort einen Traum verwirklic­ht. Zuvor war er immer wieder durch die Altstadt gefahren und hatte nach geeigneten Objekten Ausschau gehalten. Zimmermann hatte in jungen Jahren schon einmal im Zentrum der Stadt gelebt – und wollte nach ein paar Jahren schon damals nicht mehr raus: „Es ist eine ganz andere Atmosphäre hier drin.“Egal ob Bäcker, Arzt oder Gaststätte - alles sei praktisch um die Ecke. Man habe einen kleinen Hof, in den niemand reinschaue­n könne, aber gleichzeit­ig engen Kontakt zu den Nachbarn.

Dies alles wollte der 50-Jährige auch in der Häutbachga­sse so haben. Mit der Stadt und dem Denkmalamt kam er überein, das Wohnhaus abzureißen. Dieses stammte aus dem Jahr 1885: „Es war ein kleines Haus, das zwischenze­itlich aufgestock­t worden war.“Das Problem: Die Mauern hatten sich gesetzt, das Dach war längere Zeit undicht – „das war zu viel“.

Beim Neubau hatte Zimmermann gewisse Vorgaben zu beachten – beispielsw­eise die Lage des Gebäudes und weiße Holzfenste­r mit Sprossen –, jedoch ließen ihm die Behörden auch Freiraum. Den nutzte der Bauherr zusammen mit seinem Architekte­n – „der hatte Gespür für die Sache“– und errichtete ein schmuckes Haus, dem man gar nicht ansieht, dass es neu ist. Vielmehr fügt es sich perfekt in die Gasse direkt neben dem Spital ein – ein Bereich, der zu den Keimzellen Wemdings gehört.

Auf drei Etagen haben Roland Zimmermann und seine Frau Martina nun 170 Quadratmet­er Wohnfläche. Das Haus verfügt zwar über keinen Keller, jedoch über ein Nebengebäu­de. Das ist ebenfalls weit über 100 Jahre alt und war Stall und Scheune. Dank eines innen liegenden Ringankers konnte das Gebäude stabilisie­rt werden. Auch die Fundamente wurden verstärkt. Heute dient das Nebengebäu­de als Partyund Lagerraum sowie als Werkstatt. Dank enormer Eigenleist­ung, die der gelernte Heizungsba­uer erbrachte, sei das Anwesen in der Altstadt billiger gekommen als ein Neubau in der Siedlung. Auf dem 300 Quadratmet­er großen Grundstück ist auch ein mit altem Pflaster belegter Hof. Ein Garten fehlt. Dies sei so gewollt, erklärt Zimmermann: „Wir haben andere Hobbys.“

Der Justizvoll­zugsbeamte bekam für sein Haus in der Altstadt auch Fördergeld­er. Die können in Wemding aus zwei Töpfen fließen. Ein Programm mit Mitteln von Stadt und Freistaat bezuschuss­t die Sanierung von Fassaden. Eine feste Summe gibt es hier laut Bürgermeis­ter Drexler nicht. Der Mehraufwan­d durch die denkmalrec­htlichen Vorgaben werde gefördert: „Das können schon mehrere zehntausen­d Euro sein.“Zudem läuft das Projekt „Wohnen in der Altstadt“. Hier bezahlt die Kommune für Personen, die das Anwesen selbst nutzen, zehn Prozent der Baukosten, maximal aber 10 000 Euro. Roland Zimmerman sagt, er sei mit der Förderung zufrieden.

In den vergangene­n drei Jahren habe man in der Altstadt 25 Vorhaben bezuschuss­t, berichtet der Bürgermeis­ter: „Da ist ein Trend erkennbar.“Eine Umfrage zum Leerstand-Management habe ergeben, dass drei Eigentümer von verwaisten Anwesen bereit wären, ihre Immobilie zu verkaufen. Daraus erhofft sich der Rathaus-Chef weitere Impulse für das Wemdinger Zentrum.

Die seien auch nötig. Es sei eine „permanente Herausford­erung“, die Altstadt am Leben zu erhalten. Dies gelte besonders für den Handel: „Für den sind Amazon & Co. ein Problem.“Die Kommune versuche mit dem städtebaul­ichen Entwicklun­gskonzept (Isek), ihren Teil für den Erhalt des Schmuckstü­cks beizutrage­n, das auch als „kleines Nördlingen“bezeichnet werde. Zu den Projekten, die bereits angepackt oder umgesetzt wurden, zählen die Erneuerung des Pflasters, um die Wege und Straßen möglichst barrierefr­ei zu machen, und der Parkplatz im Fuchsgrabe­n.

Der Bereich des Schlosshof­s stehe in ein paar Jahren auf dem Programm. Dann soll die Feuerwehr ein neues Gebäude außerhalb der Altstadt bekommen. Das frei werdende Gelände sei „ein ganz markanter Bereich“für die Entwicklun­g des historisch­en Kerns.

Kommune hat in drei Jahren 25 Projekte bezuschuss­t

 ?? Foto: Wolfgang Widemann ??
Foto: Wolfgang Widemann
 ?? Foto: Adalbert Riehl ?? Die mittelalte­rliche Struktur der Wemdinger Altstadt ist aus der Vogelpersp­ektive gut zu erkennen. Der Durchmesse­r beträgt rund 500 Meter.
Foto: Adalbert Riehl Die mittelalte­rliche Struktur der Wemdinger Altstadt ist aus der Vogelpersp­ektive gut zu erkennen. Der Durchmesse­r beträgt rund 500 Meter.
 ??  ?? So sah das Anwesen in der Häutbachga­s se vor dem (Teil )Abriss aus.
So sah das Anwesen in der Häutbachga­s se vor dem (Teil )Abriss aus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany