Leben in der Altstadt
Im historischen Zentrum in Wemding entwickelt sich etwas. Roland Zimmermann hat sich einen Traum verwirklicht
Wemding Es gab Zeiten, da musste man sich ernsthaft Sorgen um die Wemdinger Altstadt machen. In dem Zentrum, dessen mittelalterliche Struktur noch immer intakt ist – schlossen Läden, zur Jahrtausendwende hörte der letzte der einstmals rund 150 Landwirte innerhalb der kreisrunden und nur über vier Zufahrten erreichbaren Siedlung auf. Viele Anwesen hatten schon bessere Tage gesehen, standen leer und waren auf dem Immobilienmarkt kaum verkäuflich.
Inzwischen hat sich das Bild etwas gewandelt. Zwar ist noch manches Haus verwaist, jedoch wurde in den vergangenen Jahren eine Reihe von Gebäuden neu herausgeputzt. „Derzeit wird gerne investiert“, sagt Bürgermeister Martin Drexler. Sogar Preise auf dem Immobilienmarkt hätten angezogen. „Ich sehe, dass unsere Bemühungen Früchte tragen – sowohl im privaten, als auch im gewerblichen Bereich“, sagt Drexler zufrieden. Geschäfte seien modernisiert worden und manche Familie habe in den Gassen eine neue Heimat gefunden.
Zu den schmucklosen Anwesen gehörte auch der einstige kleine Bauernhof in der Häutbachgasse 5. Roland Zimmermann kaufte es 2012 und hat sich dort einen Traum verwirklicht. Zuvor war er immer wieder durch die Altstadt gefahren und hatte nach geeigneten Objekten Ausschau gehalten. Zimmermann hatte in jungen Jahren schon einmal im Zentrum der Stadt gelebt – und wollte nach ein paar Jahren schon damals nicht mehr raus: „Es ist eine ganz andere Atmosphäre hier drin.“Egal ob Bäcker, Arzt oder Gaststätte - alles sei praktisch um die Ecke. Man habe einen kleinen Hof, in den niemand reinschauen könne, aber gleichzeitig engen Kontakt zu den Nachbarn.
Dies alles wollte der 50-Jährige auch in der Häutbachgasse so haben. Mit der Stadt und dem Denkmalamt kam er überein, das Wohnhaus abzureißen. Dieses stammte aus dem Jahr 1885: „Es war ein kleines Haus, das zwischenzeitlich aufgestockt worden war.“Das Problem: Die Mauern hatten sich gesetzt, das Dach war längere Zeit undicht – „das war zu viel“.
Beim Neubau hatte Zimmermann gewisse Vorgaben zu beachten – beispielsweise die Lage des Gebäudes und weiße Holzfenster mit Sprossen –, jedoch ließen ihm die Behörden auch Freiraum. Den nutzte der Bauherr zusammen mit seinem Architekten – „der hatte Gespür für die Sache“– und errichtete ein schmuckes Haus, dem man gar nicht ansieht, dass es neu ist. Vielmehr fügt es sich perfekt in die Gasse direkt neben dem Spital ein – ein Bereich, der zu den Keimzellen Wemdings gehört.
Auf drei Etagen haben Roland Zimmermann und seine Frau Martina nun 170 Quadratmeter Wohnfläche. Das Haus verfügt zwar über keinen Keller, jedoch über ein Nebengebäude. Das ist ebenfalls weit über 100 Jahre alt und war Stall und Scheune. Dank eines innen liegenden Ringankers konnte das Gebäude stabilisiert werden. Auch die Fundamente wurden verstärkt. Heute dient das Nebengebäude als Partyund Lagerraum sowie als Werkstatt. Dank enormer Eigenleistung, die der gelernte Heizungsbauer erbrachte, sei das Anwesen in der Altstadt billiger gekommen als ein Neubau in der Siedlung. Auf dem 300 Quadratmeter großen Grundstück ist auch ein mit altem Pflaster belegter Hof. Ein Garten fehlt. Dies sei so gewollt, erklärt Zimmermann: „Wir haben andere Hobbys.“
Der Justizvollzugsbeamte bekam für sein Haus in der Altstadt auch Fördergelder. Die können in Wemding aus zwei Töpfen fließen. Ein Programm mit Mitteln von Stadt und Freistaat bezuschusst die Sanierung von Fassaden. Eine feste Summe gibt es hier laut Bürgermeister Drexler nicht. Der Mehraufwand durch die denkmalrechtlichen Vorgaben werde gefördert: „Das können schon mehrere zehntausend Euro sein.“Zudem läuft das Projekt „Wohnen in der Altstadt“. Hier bezahlt die Kommune für Personen, die das Anwesen selbst nutzen, zehn Prozent der Baukosten, maximal aber 10 000 Euro. Roland Zimmerman sagt, er sei mit der Förderung zufrieden.
In den vergangenen drei Jahren habe man in der Altstadt 25 Vorhaben bezuschusst, berichtet der Bürgermeister: „Da ist ein Trend erkennbar.“Eine Umfrage zum Leerstand-Management habe ergeben, dass drei Eigentümer von verwaisten Anwesen bereit wären, ihre Immobilie zu verkaufen. Daraus erhofft sich der Rathaus-Chef weitere Impulse für das Wemdinger Zentrum.
Die seien auch nötig. Es sei eine „permanente Herausforderung“, die Altstadt am Leben zu erhalten. Dies gelte besonders für den Handel: „Für den sind Amazon & Co. ein Problem.“Die Kommune versuche mit dem städtebaulichen Entwicklungskonzept (Isek), ihren Teil für den Erhalt des Schmuckstücks beizutragen, das auch als „kleines Nördlingen“bezeichnet werde. Zu den Projekten, die bereits angepackt oder umgesetzt wurden, zählen die Erneuerung des Pflasters, um die Wege und Straßen möglichst barrierefrei zu machen, und der Parkplatz im Fuchsgraben.
Der Bereich des Schlosshofs stehe in ein paar Jahren auf dem Programm. Dann soll die Feuerwehr ein neues Gebäude außerhalb der Altstadt bekommen. Das frei werdende Gelände sei „ein ganz markanter Bereich“für die Entwicklung des historischen Kerns.
Kommune hat in drei Jahren 25 Projekte bezuschusst