Der Silvester Jubilar
Werner Triebel war 28 Jahre lang Verwaltungschef am „Stift“. Morgen wird er 95
Nördlingen Für Millionen Deutsche gehört „Dinner for One“, der 90. Geburtstag von Miss Sophie, zur Silvesterfeier einfach dazu. Werner Triebel kann noch einen draufsetzen – er feiert an Silvester seinen 95. Geburtstag, allerdings mit einem Dinner für 20 im Kreise seiner großen Familie. Triebel verwaltete das Nördlinger Krankenhaus von der ersten Stunde an weit über ein Vierteljahrhundert lang.
Seine Karriere war stark von Krieg und dem Neubeginn danach geprägt: 1938 trat er in seiner Geburtsstadt Schwabach in den gehobenen Dienst der Stadtverwaltung ein. Als 18-Jähriger wurde er zur Wehrmacht eingezogen und war bis Kriegsende in Italien im Einsatz und in Kriegsgefangenschaft. Im September 1946 holte ihn die Stadtverwaltung Schwabach zurück und arbeitete ihn ein in die Verwaltung von zwei Krankenhäusern, einem Kinderheim, einer Kindertagesstätte und einem Altenheim. Es fügte sich gut, dass seine beruflichen Anfänge mit der weitgehenden Neuorganisation der Verwaltung nach dem Krieg zusammenfiel.
Dann kam der Lockruf aus Nördlingen: Das 1954 gebaute Stiftungskrankenhaus sollte nun in Betrieb genommen werden. So machte er sich denn im September 1956 daran, Personal einzustellen, die Schwestern in Nebenräumen unterzubringen, Feinheiten der Verwaltung zu justieren und den Betrieb mit den Ärzten zu koordinieren. Zwei Monate nach seinem Amtsantritt in Nördlingen wurden die Patienten mit Sankas aus dem Krankenhaus im Spital und der Frauenklinik in der Bürgermeister-Reiger-Straße in das neue Krankenhaus gefahren. „Unser Haus galt als Meilenstein unter den Krankenhäusern“, zeigt er sich heute noch von Stolz erfüllt. „Im ersten Jahr stellten sich etwa 50 Besucher ein, die moderne Krankenhäuser einzurichten hatten; unter anderem das Münchner Klinikum Großhadern.“Letzteres wurde übrigens vom gleichen Architekt erbaut wie das Nördlinger Stiftungskrankenhaus. Triebel wohnte da- mals noch in seinem Büro im Bürgerheim unmittelbar beim alten Krankenhaus. „Wecker brauchte ich damals keinen“, erinnert er sich, „ab halb sechs Uhr morgens polterten die Laster durchs Baldinger Tor über das Kopfsteinpflaster.“Im Jahr darauf zog er mit seiner Familie in eine Dienstwohnung in der „Pfanne“nahe beim neuen Krankenhaus. 1958 leitete er den Bau des Schwesternwohnheims oberhalb des Krankenhaustraktes ein. Werner Triebel hielt die Verwaltungsorganisation immer auf der Höhe der Zeit, schaffte die EDV-Ausstattung an, denn zunächst wurden die Rechnungen noch zentral in München erstellt. 1985 ging er in den Ruhestand, nicht ohne intensiv an den Planungen für den bevorstehenden großen Ausbau mitgewirkt zu haben. Mit dem zeigt er sich heute hoch zufrieden, dem „unwahrscheinlichen Sprung“der medizinischen Entwicklung habe man damit Folge geleistet.
Das Verhältnis der Mitarbeiter untereinander sei früher viel familiärer gewesen: „Jeder war mit jedem persönlich bekannt, vor dem Urlaub verabschiedeten sich die Mitarbeiter persönlich von mir“, erinnert er sich. „Es gab Weihnachtsfeiern, bei denen man sich gegenseitig beschenkte, an Fasching wurden Krapfen verteilt.“Heute habe sich alles viel zu sehr ins Bürokratische gewandelt, wo das Geld statt dem Menschen im Vordergrund stehe. Der Druck sei enorm gestiegen – die durchschnittliche Verweildauer schrumpfte um rund zwei Drittel und die jährliche Zahl der Patienten stieg um einige Tausend. Die Klagen, dass das Personal unterbesetzt sei, halte er für völlig berechtigt: „Die Öffentlichkeit müsste einsehen, dass höhere Kassenbeiträge angebracht sind, und der Staat müsste nicht nur bei Baumaßnahmen und Geräteanschaffungen verstärkt Subventionen aus Steuergeldern fließen lassen.“
Anderswo sei das Personal besser aufgestellt, weswegen viele Ärzte und Pflegepersonal regelrecht in die Schweiz auswandern.