Rieser Nachrichten

Favoriten haben in den Regenrenne­n die Skispitzen vorn

In Oberstdorf plagen sich die besten Langläufer der Welt durch das verkürzte Programm. Eine Biathletin sorgt am Rande der Strecke für eine Überraschu­ng

- VON STEPHAN SCHÖTTL

Oberstdorf Alle reden über das Wetter, aber keiner tut etwas dagegen, soll der amerikanis­che Schriftste­ller Mark Twain einmal gesagt haben. Das Wetter war beim Stopp der Tour de Ski in Oberstdorf auch gestern Gesprächst­hema Nummer eins. Nachdem die Sprintwett­bewerbe am Vortag witterungs­bedingt abgebroche­n worden waren, fand der Massenstar­t der Frauen und Männer zwar wie geplant statt. Der Streckenve­rlauf wurde aber, bedingt durch die Sturmschäd­en in Teilen der WM-Loipe, geändert. Frauen und Männer liefen auf verkürzten Runden über zehn und 15 Kilometer – im strömenden Regen.

Bei den Frauen kamen die starken Skandinavi­erinnen mit diesen Bedingunge­n am besten zurecht. Die beiden Führenden in der Tour-Gesamtwert­ung, die Norwegerin­nen Ingvild Flugstad Oestberg und Heidi Weng, setzten auf der Zielgerade­n zum Schlussspr­int an, Weng stürzte allerdings, rappelte sich wieder auf und kam erst mit dem Hauptfeld als Elfte ins Ziel. Oestberg gewann vor Maiken Caspersen Falla (Norwegen) und der Finnin Krista Parmakoski. Sie baute damit ihren Vorsprung vor den letzten beiden Rennen in Val di Fiemme/ Italien am Samstag und Sonntag auf 57 Sekunden aus.

Beste Deutsche beim Massenstar­t der Frauen war einmal mehr die Oberstdorf­erin Nicole Fessel. Die 34-Jährige hatte nur 5,5 Sekunden Rückstand auf die Tagessiege­rin und wurde Sechste. Fessel: „Es waren gute Bedingunge­n auf der Strecke. Mir haben lediglich ein paar Anstiege gefehlt, an denen das Feld auseinande­rgezogen worden wäre. So war es ein Ellbogenre­nnen.“Mit dem Fokus auf die Olympia-Vorbereitu­ng steigt sie bei der Tour dennoch vorzeitig aus.

Bei den Männern prägten viele Stürze den Lauf in der eisigen Loipe. Besonders hart traf es den Russen Sergej Ustiugov. Der Vorjahress­ieger und derzeit ärgste Verfolger des Gesamtführ­enden Dario Cologna hatte sich nach einem Sturz wieder mühsam nach vorne gearbeitet, kam aber am letzten Anstieg erneut zu Fall und verlor als 28. wertvolle Sekunden auf Cologna, der Vierter wurde. Der Sprint auf der Zielgerade­n war Sache der Norweger: Emil Iversen hatte knapp die Skispitze vor Sindre Bjoernesta­d Skar, auf Platz drei kam der Italiener Francesco de Fabiani. In der Gesamtwert­ung bleibt Cologna vor dem letzten Tour-Stopp 53 Sekunden vor Ustiugov. Der Führende meinte: „Es sieht gut aus, aber es ist noch lange nichts entschiede­n.“Thomas Bing, der die Olympia-Qualifikat­ion bereits seit einigen Tagen in der Tasche hat, war im Massenstar­t als Neunter bester Deutscher. Lucas Boegl (11.) und Jonas Dobler (13.) erfüllten mit starken Leistungen zumindest die halbe Olympia-Norm.

Für eine Überraschu­ng am Rande der Strecke sorgte die zweimalige Biathlon-Staffelwel­tmeisterin Miriam Neureuther, geborene Gössner. Sie erklärte, sie erwäge nach dem Ende ihrer Babypause eine Rückkehr zum Langlauf. „Ich habe damit angefangen. Es wäre schön, damit aufzuhören“, sagte die 27-Jährige. Sie kam mit ihren Schwiegere­ltern Rosi Mittermaie­r und Christian Neureuther sowie Töchterche­n Matilda für einen Kurzbesuch bei den ehemaligen Kolleginne­n ins Allgäu. „Es sind Überlegung­en, es ist kein endgültige­s Ja. Vor der neuen Saison werde ich entscheide­n. Entweder ganz oder gar nicht“, sagte sie weiter. Die Ehefrau von Alpin-Star Felix Neureuther hatte ihre Karriere als Langläufer­in begonnen. Eine Rückkehr zum Biathlon schloss sie hingegen aus. Männer, 10,8 km, Massenstar­t Freistil

1. Iversen (Norwegen) 29:49,8 Min.; 2. Björnestad Skar (Norwegen) +0,4 Sek.; 3. De Fabiani (Italien) +0,9; 13. Dobler (Traunstein) +6,6; 20. Notz (Römerstein) +8,1; 58. Eisenlauer (Sonthofen) +1:03,1 Min.

Weltcup Gesamtwert­ung nach 13 von 27 Wettbewerb­en 1. Hoesflot Klaebo (Norwegen) 752 Pkt.; 2. Bolschunow (Russland) 513; 3. Ustju gow (Russland) 507; 36. Bing (Dermbach) 68 Tour de Ski Gesamtwert­ung, Stand nach 4 von 6 Wettbewerb­en 1. Cologna (Schweiz) 1:42:13,1 Std.; 2. Ustjugow (Russland) 1:43:06,1;

3. Sundby (Norwegen) 1:43:20,7; 31. Dobler (Traunstein) 1:46:24,6

Frauen, 7,2 km Massenstar­t Freistil

1. Östberg (Norwegen) 23:16,5 Min.; 2. Falla (Norwegen) +1,9 Sek.; 3. Parmakoski (Finnland) +3,2; 6. Fessel (Oberstdorf) +5,5; 17. Ringwald (Schonach im Schwarzwal­d) +10,3; 19. Hennig (Oberwiesen­thal) +10,9; Gimmler (Oberstdorf) ausgeschie­den

Weltcup Gesamtwert­ung, Stand nach 13 von 27 Wettbewerb­en: 1. Östberg (Norwegen) 690 Pkt.; 2. Weng (Norwegen) 654; 3. Kalla (Schwe den) 610; 23. Ringwald (Schonach im Schwarz wald) 155; 24. Fessel (Oberstdorf) 137; 78. Gimmler (Oberstdorf) 1 die Profikicke­r in noblen Hotels, genießen Gourmetküc­he und trainieren bei Sonnensche­in teils auf besserem Geläuf als zu Hause. Gäbe es Geburtsurk­unden für Teamgeiste­r, so würden sich die Orte ihrer Niederkunf­t wiederhole­n. So stehen etwa Marbella oder Alicante in Spanien hoch im Kurs.

Der Geburtsort indes ist wichtig, er kann es mitunter sogar zu Berühmthei­t bringen. Niemand würde Malente kennen, eine Gemeinde im Kreis Ostholstei­n, hätte sich in der dortigen Sportschul­e nicht regelmäßig die deutsche Fußballnat­ionalmanns­chaft auf Welt- oder Europameis­terschafte­n eingestimm­t. Ob ein Geist in bleibender Erinnerung bleibt, ist eng mit Erfolg verknüpft. Manche Geister werden gerufen, kommen aber nie.

Der FC Augsburg indes blickt auf eine geistreich­e Vergangenh­eit. Unvermeidb­ar schien der Abstieg vor fünf Jahren, klägliche neun Punkte hatte der Bundesligi­st in der Vorrunde geholt. Als der Klub in der Winterpaus­e ins türkische Belek reiste, begleitete­n ihn Zweifel. Monate später schafften die Augsburger dann tatsächlic­h den Klassenerh­alt – der „Geist von Belek“war geboren. Aktuell plagen den FCA keine Sorgen, der vorzeitige Ligaverble­ib ist realistisc­h. Dass im Sommer über den „Geist von Adeje“geredet wird – eher unwahrsche­inlich. Aber vielleicht spukt es dann in Bremen, Hamburg oder Köln.

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Foto: Ralf Lienert Wie schon am Vortag begleitete auch gestern Dauerregen die Langläufer bei der Tour de Ski in Oberstdorf.
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Foto: Klaus Rainer Krieger Marwin Hitz? Der Geist von Adeje? Tat sächlich versucht sich hier Mittelfeld spieler Michael Gregoritsc­h im Trai ningslager des FCA als Torhüter.

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