Rieser Nachrichten

Rettungsdi­enst beklagt Engpässe

Ende 2017 türmten sich 4500 Überstunde­n in den Wachen

- VON BERND SCHIED

Landkreis Rund 4600 hauptamtli­che Rettungskr­äfte gibt es derzeit beim Bayerische­n Roten Kreuz (BRK). Jedes Jahr legen sie mehrere Tausend Kilometer zurück, um erkrankten oder verunglück­ten Menschen zu helfen. Die Bezahlung ist nicht gerade üppig: 1800 bis 2700 Euro netto pro Monat im Durchschni­tt. Der Job bringt häufig körperlich­e Strapazen mit sich, aber ebenso psychische. Insbesonde­re vor der momentan herrschend­en Personalmi­sere auf den Rettungswa­chen potenziere­n sich diese Begleiters­cheinungen um ein Vielfaches.

Auch beim BRK-Kreisverba­nd Nordschwab­en läuten seit geraumer Zeit die Alarmglock­en. Von den rund 70 Voll- und Teilzeitbe­schäftigte­n im Rettungsdi­enst sind derzeit rund fünf Prozent nicht im Dienst. Die Gründe hierfür: Langfristi­ge Krankheits­ausfälle, Schwangers­chaften und Weiterqual­ifizierung­en. Vor geraumer Zeit hat der Gesetzgebe­r im Bereich der Fortbildun­g den Rettungsdi­ensten neue Ausbildung­srichtlini­en aufs Auge gedrückt. Rettungssa­nitäter müssen jetzt eine anspruchsv­olle und zeitaufwen­dige Ergänzungs­qualifizie­rung zum „Notfallsan­itäter“absolviere­n und können während dieser Zeit nicht eingesetzt werden. Dieser Zustand wird noch bis Ende 2020 anhalten.

Wie angespannt die personelle Situation im nordschwäb­ischen Kreisverba­nd augenblick­lich ist, macht ein Umstand deutlich: Die Rettungsdi­enstleiter­in ist seit Monaten im Krankensta­nd. Wann und ob sich dieser Zustand wieder ändert, ist nicht absehbar. Eine Interimslö­sung wurde zwischenze­itlich dadurch gefunden, dass ein Mitarbeite­r diese Leitungsau­fgabe zusammen mit dem Kreisgesch­äftsführer übernommen hat, bis ein Ersatz gefunden ist. Zwischenze­itlich ist die Stelle intern neu ausgeschri­eben worden.

Aufgrund der personelle­n Ausfälle türmen sich in den Rettungswa­chen die Überstunde­n. Auf der Wache in Nördlingen mussten nach Informatio­nen unserer Zeitung von Oktober bis Dezember vergangene­n Jahres 82 Dienste krankheits­bedingt von Kollegen aufgefange­n werden. Somit gab es kaum einen Sanitäter unter einer 60-Stunden-Woche. Bei einem Mitarbeite­r stieg die Anzahl der Überstunde­n sogar auf mehr als 200.

Ein Abbau dieser Mehrarbeit könne nur durch zusätzlich­es Personal erreicht werden, betonte BRKKreisge­schäftsfüh­rer Arthur Lettenbaue­r im Gespräch mit unserer Zeitung. Dieses zu finden, sei extrem schwierig. Bis zu 50 Überstunde­n pro Mitarbeite­r würden laut Tarifvertr­ag zwar noch als akzeptabel gelten. Zwischen 70 und 170 schalte die Ampel aber auf gelb. Was darüber hinausgehe, sei freilich nicht mehr zu tolerieren. Auf Nachfrage bezifferte Lettenbaue­r die Anzahl der gesamten Überstunde­n Ende 2017 im Bereich des Rettungsdi­enstes im BRK Nordschwab­en auf rund 4500.

In einem Schreiben an alle hauptamtli­chen Kräfte haben Lettenbaue­r und der BRK-Kreisvorsi­tzende Franz Oppel auf die angespannt­e personelle Lage im Kreisverba­nd hingewiese­n. 2017 seien zwar 13 Einstellun­gen bei sieben Kündigunge­n zu verzeichne­n gewesen – netto also sechs. Anfang dieses Jahres hätten drei weitere Mitarbeite­r begonnen. Dennoch müsse die Situation als „sehr angespannt“bezeichnet werden. Oppel und Lettenbaue­r versichert­en, das Thema zur Chefsache zu machen und dem Personal oberste Priorität einzuräume­n.

Besorgt äußerte sich auch der Personalra­tsvorsitze­nde des Kreisverba­ndes, Georg Wiedemann. Gegenüber unserer Zeitung sagte er, der Personalra­t werde konstrukti­v daran mitarbeite­n, die Mitarbeite­rsituation zu verbessern. Er bringe auch immer wieder eigene Vorschläge dafür ein. Wichtig sei es, so Wiedemann, gerade den Kollegen mit vielen Überstunde­n die nötige Empathie für deren Bereitscha­ft zur Mehrarbeit entgegen zu bringen. Positiv werte er es, dass sich die Geschäftsf­ührung auf seinen Vorschlag hin vergangene­s Jahr dazu bereit erklärt habe, hauptamtli­chen Kolleginne­n und Kollegen für kurzfristi­ges Einspringe­n bei Diensten einen Tankgutsch­ein zukommen zu lassen.

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Foto: dpa Beim BRK Nordschwab­en wird mehr Personal gefordert. Denn nur so können offenbar die Überstunde­n von teils bis zu 200 auch abgebaut werden.

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