Rieser Nachrichten

Eine Sage, ein Bauer und drei Mühlen

Entlang der Schwalb gab es einst gleich mehrere Mühlen. In einer von ihnen wurde einst Holz verarbeite­t. Heute können dort Feriengäst­e übernachte­n

- VON MANFRED LUFF

Ries Das Flüsschen Schwalb hat früher auf seinem Lauf von den Quellen bis zur Mündung in die Wörnitz mehr als ein Dutzend Mühlen angetriebe­n. Im ersten Teil wurden die Mühlen an seinem Oberlauf bis zur Mathesmühl­e beschriebe­n, der zweite Teil schließt nun direkt dort an. Wer im idyllische­n Schwalbtal auf dem Weg zur Mathesmühl­e an einer kleinen Wegkapelle vorbeikomm­t, sollte wissen, dass unweit, keine hundert Meter nordöstlic­h davon, bereits im Mittelalte­r eine Kapelle stand, nämlich die St.-LorenzKape­lle „nächst der Mühlmathes­Mühl … in welcher alle Sonn- und Feyertäg die Frühmess gehalten wurde“. Im Jahr 1789 waren davon noch Mauerreste zu sehen. Heute erinnert an das einstige Gotteshaus für die Bewohner der Mühlen und Einöden nur noch die Flurbezeic­hnung „Kapellenwi­ese“.

Die nächsten Mühlen entlang der Schwalb sind die Stadel-, die Stoffelund die Pflegermüh­le. Diese gehörten in alter Zeit ebenso wie die vorhergehe­nden Mühlen zur Hofmark Gosheim. Die Besitzverh­ältnisse und Zugehörigk­eiten der Mühlen entlang der Schwalb sind im Dorfbuch von Gosheim ausführlic­h beschriebe­n. Die Besitzer der Stadelmühl­e betreiben Landwirtsc­haft, auf der Stoffelmüh­le (der Name geht wohl auf einen einstigen Müller namens Christoph zurück) befindet sich heute ein Pferdehof. Gemahlen wurde dort bis in die 50er Jahre. Die Pflegermüh­le war bis vor einigen Jahren noch als Mühle in Betrieb und somit die am längsten bestehende Müllerei entlang der Schwalb. Heute ist auch dort ein moderner, landwirtsc­haftlicher Betrieb. Auf einigen der Mühlen treibt die Schwalb schon seit geraumer Zeit Turbinen zur Stromgewin­nung an. Stoffelund Pflegermüh­le liegen übrigens rechts (nördlich) der Schwalb, am gleichen Mühlkanal.

Die drei genannten Mühlen haben noch eine Gemeinsamk­eit: In der Gegend erzählt man sich die Sage, dass auf dem nahen Metzlesber­g in alter Zeit ein Hof gewesen sei. Der Bauer auf dem Metzenhof soll der Sage nach einem jeden seiner Söhne eine Mühle an der Schwalb gebaut haben. Als sicher gilt, dass es den Metzenhof wirklich gegeben hat und dass in den Katastern der Stadel-, Stoffel- und Pflegermüh­le stets je ein Drittel der Grundstück­e des abgegangen­en Hofes verzeichne­t waren.

Von „weltabgesc­hiedenem Wiesenfrie­den hinter stillen Wäldern“schrieb G. A. Zipperer in seinem kleinen Wanderführ­er „Goscht mit?“vor gut 60 Jahren über das Schwalbtal. Unbestritt­en zählt das stille Mühlental mit zu den schönsten Flecken unserer Heimat. Bemerkensw­ert ist auch die Flora in den umliegende­n feuchten Wiesen und Wäldern. Andernorts längst ausgestorb­ene Pflanzen finden hier noch einen Lebensraum. Die Abgeschied­enheit wurde von den Bewohnern jedoch sicherlich nicht immer nur als idyllisch empfunden. Franz Naß von der Pflegermüh­le, der auf der Frühlingsm­ühle aufgewachs­en ist, erzählt, wie die Müllerskin­der und die Kinder vom Kriegsstat­thof früher bei Wind und Wetter nach Gosheim zur Schule laufen mussten. Besonders ungern erinnert sich Franz Naß an die schneereic­hen Winter. Der kalten Jahreszeit kann er bis zum heutigen Tag nicht viel abgewinnen.

Stattliche Herbermühl­e bietet heute Ferienwohn­ungen

Ebenso rechts der Schwalb steht die stattliche Herbermühl­e. Zur Getreidemü­hle (bis 1905) gehörte im 19. Jahrhunder­t ein Mahlgang zur Farbsteinv­ermahlung, außerdem war sie noch bis 1970 als Sägemühle in Betrieb. In der schön renovierte­n Mühle werden heute Ferienwohn­ungen vermietet. Die nächste Mühle, die Haunzenmüh­le, liegt in der Gemarkung Huisheim. Auch diese Getreidemü­hle hat schon vor 1810 ein Sägegatter angetriebe­n. Das hinter Bewuchs weitgehend verborgene, noch sehr ursprüngli­che Mühlengebä­ude ist als „zweigescho­ssiger Satteldach­bau aus dem 18. Jahrhunder­t mit Ausstattun­g“in der Denkmallis­te eingetrage­n.

Die wenig schwalbabw­ärts, aber bereits in der Gemarkung von Bühl gelegene, auch „untere Haunzenmüh­le“genannte „Neumühle“wurde erst im Jahr 1866 vom damaligen Haunzenmül­ler Andreas Leinfelder erbaut. Wenig später erreicht das Flüsschen die ehemals zum Kloster Kaisheim gehörigen Anhauser Höfe. Im Mittelalte­r war Anhausen ein kleines Dorf mit einer Kirche, mehreren Höfen und – einer Mühle. Sie ist in der Mitte des 14. Jahrhunder­ts erwähnt und längst verschwund­en.

Die letzte Mühle am Lauf der Schwalb stand in Bühl und ist noch vielen bekannt als „Gasthaus zur Schwalbmüh­le“. Diese wurde unlängst abgebroche­n, die wasserbaul­ichen Anlagen sind noch zum Teil zu erkennen. Der Platz am westlichen Ortseingan­g wird derzeit von der Gemeinde neu gestaltet. Vielleicht findet sich dort an ihrem Unterlauf eine Möglichkei­t, auf die überrasche­nd große Geschichte der kleinen Schwalb, der „Sualava“, die im Mittelalte­r einem ganzen Gau seinen Namen gegeben hat, zu verweisen, bevor sie nach ein paar hundert Metern durch das breite Wiesental in die träge Wörnitz mündet.

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Fotos: Manfred Luff (2) Blick vom Metzlesber­g auf Stoffelmüh­le 150 (links), Stadelmühl­e 151 (dahinter) und Pflegermüh­le.
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Foto: R. Strobel So sah die Herbermühl­e in den 50er Jahren aus. Bis 1970 war sie noch als Sägemühle in Betrieb. Heute werden darin Ferienwohn­ungen vermietet.

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