Rieser Nachrichten

Nur an Martini gab es für alle das gleiche Mahl

Dr. Wilfried Sponsel skizziert die Geschichte der Kliniken und Seniorenhe­ime

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Nördlingen Heute gibt es Smartphone­s, einst gab es Postkutsch­en. Heute gibt es mobile Pflegedien­ste und Seniorenhe­ime, einst gab es Bettstattp­fründe. Wie dieses Prinzip funktionie­rte und wie die Geschichte der Krankenhäu­ser und Seniorenhe­ime in Nördlingen verlief, das erläuterte Stadtarchi­var Dr. Wilfried Sponsel unterhalts­am beim Nördlinger Neujahrsem­pfang im Klösterle. Dessen Ehrengäste waren heuer unter anderem die Frauen und Männer, die im Bereich der Pflege tätig sind.

Sponsel stellte beispielsw­eise die Berufe vor, die Frauen im einstigen Spital der Stadt ausübten. So arbeiteten dort einst die Frau des Spitalmeis­ters, eine Köchin, eine Stubenfrau, eine Ziehmeiste­rin und eine Ziehmagd. Die Stubenfrau habe die Krankenstu­be des Spitals versehen, erläuterte Sponsel, die Ziehmeiste­rin dagegen hatte die Aufsicht beim Essen und in der Wollspinns­tube inne. Zudem musste sie mit ihrer Magd für die Reinlichke­it in den Stuben und Gängen sorgen und sich um die Personen kümmern, die in der Narrenstub­e untergebra­cht wurden. Nicht zuletzt sollte die Ziehmeiste­rin beim Tod der Pfründner deren Hinterlass­enschaft verwahren, wenn diese dem Spital zufiel.

Einst konnten sich Rieser im Alter im Spital betreuen lassen, sagte Sponsel. Doch schon damals bestimmte die Höhe der Stiftung die Versorgung der jeweiligen Pfründner. Der Stadtarchi­var machte das anschaulic­h: Oberpfründ­ner bekamen dreimal die Woche Fleisch, gewöhnlich­e Pfründner dagegen Speisen aus Milch, Mehl und Schmalz. Nur an Martini, am 11. November, bekamen alle abends das gleiche Mahl: ein gebratenes Gansvierte­l.

Sponsel skizzierte die Geschichte des Spitals bis zum heutigen Nördlinger Stiftungsk­rankenhaus, dessen Bau der Stadtrat am 3. November 1952 einstimmig beschloss. Auch auf die Hertlein’sche Klinik ging der Historiker ein. Sie ging zurück auf den Verein der Ambulanten Krankenpfl­ege Nördlingen, der auf Anregung von Moritz Freiherr von und zu Frankenste­in 1902 gegründet wurde. 1919 wurde ein Dr. Hans von Hertlein vorstellig, um eine mögliche Niederlass­ung in Nördlingen auszuloten – so entstand die Klinik, die mit seinem Namen in Verbindung steht. Heute gibt es sie in dieser Form nicht mehr, Dr. Sigmund Böckh entließ als letzter tätiger Belegarzt seinen letzten Patienten im September 1992. Weitergefü­hrt wurde die „Klinik“als Altenund Pflegeheim St. Vinzenz, erläuterte Sponsel.

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Dr. Wilfried Sponsel

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