Rieser Nachrichten

Opel vor ungewisser Zukunft

Vor einem halben Jahr hat der französisc­he Konzern PSA den Autobauer übernommen. Seitdem bangen die Beschäftig­ten

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Rüsselshei­m Der altgedient­e OpelMann fühlt sich an die Politik erinnert: „Bislang hat das Management uns nur gesagt ,Wir schaffen das‘. Aber wie es gehen soll, weiß keiner.“Fast ein halbes Jahr gehört die deutsche Traditions-Automarke nun schon zum französisc­hen PSAKonzern, doch in der Abteilung des Mannes ist noch kein grundlegen­der Wandel eingetrete­n. Mit einer Ausnahme: An vier Werktagen im Monat bleiben die Kollegen zu Hause und bekommen Kurzarbeit­ergeld der Arbeitsage­ntur.

Eigentlich soll es an diesem kalten Mittwochvo­rmittag vor der OpelZentra­le in Rüsselshei­m auch um die Forderunge­n der IG Metall in der laufenden Tarifrunde gehen. Doch Teilzeitmö­glichkeite­n mit Lohnausgle­ich für Schichtarb­eiter oder Eltern kleinerer Kinder interessie­ren niemanden. „Uns geht es hier nur um Opel und um unsere Arbeitsplä­tze“, sagt einer mit einer roten IG-Metall-Weste. „Jeder Ar- beitsplatz hat ein Gesicht“, steht auf einem Großtransp­arent mit dutzenden Fotos. An den anderen deutschen Opel-Standorten Kaiserslau­tern und Eisenach herrscht dieselbe Stimmung, zusammen gingen in den Werken mehr als 8000 Leute in den Warnstreik.

Aus diesem Grund sind auch Hessens Ministerpr­äsident Volker Bouffier (CDU) und sein landespoli­tischer Herausford­erer Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD) vor das Werkstor gekommen. Die Politiker versichern den rund 6000 Demonstran­ten, dass sie an ihrer Seite stünden, wenn es hart auf hart gehe. „Wir wollen, dass Opel eine gute Zukunft hat“, sagt Bouffier. 20 Jahre lang Verluste, dann der Verkauf an PSA, die Lage ist ernst, das ist hier jedem klar.

Niemand weiß bislang, wie viele Fachleute letztlich wegen der Übernahme gehen müssen und wie es in der Produktion weitergeht, wenn künftig jedes Opel-Modell ein mehr oder weniger modifizier­ter Peugeot sein wird. Ein Ingenieur hofft noch auf Aufträge der alten Mutter General Motors, doch seine Kollegen sind anderer Meinung: „Von da kommen keine neuen Sachen mehr.“Die älteren Mitarbeite­r denken über die ausgeweite­ten Vorruhesta­ndsregeln nach, genaue Zahlen kann der Betriebsra­t aber noch nicht nennen.

Der neue Opel-Chef Michael Lohschelle­r hat seinen im November vorgestell­ten Sanierungs­plan „Pace“(Tempo) genannt. IG-Metall-Chef Jörg Hofmann fordert, daraus besser „Peace“(Frieden) zu machen, den Wandel im Einklang mit der Belegschaf­t zu schaffen. Vorerst wird auf betriebsbe­dingte Kündigunge­n und Werkschlie­ßungen verzichtet, bis Ende 2018 sind zumindest die rund 19 000 deutschen Arbeitnehm­er vor Entlassung­en geschützt. Opel muss effiziente­r, elektrisch­er und globaler werden, PSA-Chef Carlos Tavares erwartet 2020 ein positives operatives Ergebnis.

Beim ohnehin schon komplexen Zusammensc­hluss der beiden Großuntern­ehmen haben die Arbeitnehm­er auch bei den Details noch ein gewichtige­s Wort mitzureden. „Wir haben die Bremse reingehaue­n und gehen die Dinge jetzt Abteilung für Abteilung durch“, sagt Betriebsra­tschef Wolfgang Schäfer-Klug, der sich dennoch unter erhebliche­m Zeitdruck sieht. Die Kurzarbeit tausender Opel-Kollegen hat ihm und der Gewerkscha­ft ein wenig Luft für die Planung verschafft, doch im ersten Halbjahr 2018 müssen Ergebnisse her. Einen schnellere­n Weg gebe es nicht.

 ?? Foto: Federico Gambarini, dpa ?? Die IG Metall hat auch die Opel Beschäftig­ten in Rüsselshei­m zum Streik aufgerufen. Doch ihnen geht es nicht um die Tarifverha­ndlung.
Foto: Federico Gambarini, dpa Die IG Metall hat auch die Opel Beschäftig­ten in Rüsselshei­m zum Streik aufgerufen. Doch ihnen geht es nicht um die Tarifverha­ndlung.

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