Das Handy warnt den Nutzer
Inzwischen gibt es mehrere Apps, die die Bevölkerung bei Katastrophen alarmieren sollen. Wie sie funktionieren
Augsburg Ende September meldete sich „Nina“zu Wort – mit einer eindringlichen Warnung an die Menschen im Süden Baden-Württembergs: Ein Erpresser habe vergiftete Babynahrung in Supermärkten und Drogerien platziert. Verdächtig seien beschädigte Verpackungen und fehlender Unterdruck. Inzwischen hat ein Verdächtiger gestanden. Doch woher wusste „Nina“von dem Vorfall?
Sie ist eine Smartphone-App, die das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK) kostenlos bereitstellt. Die Abkürzung steht für „Notfall-Informationsund Nachrichten-App“– und der Name ist Programm: Wichtige Warnmeldungen des Bevölkerungsschutzes zu Gefahrenlagen wie die Ausbreitung von Gefahrstoffen, einem Großbrand, einem Terroranschlag oder möglicherweise vergifteten Lebensmitteln werden darüber per PushNachricht auf das Smartphone der angemeldeten Nutzer geschickt. Wetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes und Hochwasserinformationen der zuständigen Stellen der Bundesländer sind ebenfalls in die Warn-App integriert.
Die App „Nina“wird von dem- selben satellitengestützten Warnsystem mit Daten gefüttert, das auch Radiosender auf dem Laufenden hält. Der Bund selbst warnt allerdings nur bei großen, nationalen Gefahrenlagen – etwa einem Raketenangriff oder einem schweren Terroranschlag.
Laut Angaben des FraunhoferInstituts für Offene Kommunikationssysteme in Berlin nutzen bereits knapp fünf Millionen Handynutzer hierzulande Warn-Apps. Vor allem die Angst vor Terroranschlägen hat ihnen einen Boom beschert: „Jeden Monat kommen zehntausende hinzu“, sagt BBK-Präsident Christoph Unger. „Nina“ist dabei mit gut 1,5 Millionen Nutzern nur die Nummer zwei auf dem Markt. Das System „Katwarn“, das vom FraunhoferInstitut im Auftrag öffentlicher Versicherer entwickelt wurde und von Städten, Landkreisen sowie den Bundesländern Saarland, Rheinland-Pfalz, Hamburg und Berlin genutzt wird, kommt auf rund drei Millionen Nutzer. Viele Menschen würden über die klassischen Informationskanäle Radio und Fernsehen im Katastrophenfall nur noch unzureichend erreicht, heißt es beim Fraunhofer-Institut. Warn-Apps füllen diese Lücke.
Die App „Katwarn“gibt neben den offiziellen Warnmeldungen der beteiligten Bundesländer, Städte und Landkreise auch etwa Warnungen des Deutschen Wetterdienstes weiter. In Kooperation mit den Veranstaltern von Großereignissen wie Messen oder Festivals bietet „Katwarn“auch Informationen an. Die App wird mittlerweile auch von den österreichischen Behörden genutzt.
Daneben gibt es noch die App „Biwapp“, ein privates Angebot der Marktplatz GmbH aus Lüneburg mit gut 100000 Nutzern. „Biwapp“steht für „Bürger-Info- und WarnApp“, das Programm warnt nicht nur vor großen Katastrophen, sondern informiert auch über Schulausfälle, Verkehrsunfälle oder Fahndungen der Polizei. Das allerdings natürlich nur, wenn die jeweiligen Schulen, Ämter oder Polizeibehörden die App auch mit Informationen füttern, was laut Angaben des Anbieters derzeit in rund zwei Dutzend Landkreisen der Fall ist. Wer lediglich über Unwettergefahren wie Sturm oder Glatteis informiert werden möchte, für den reicht die App „Warnwetter“des Deutschen Wetterdienstes aus. Alle vier Apps gibt es kostenlos für iPhones und Android-Smartphones in den jeweiligen App-Stores.
Technisch funktionieren die Anwendungen alle gleich: Via GPS wird der Standort des Nutzers ermittelt. Im Fall einer Katastrophe legen die Behörden fest, für welche Postleitzahlgebiete eine Warnung gelten soll. Wer sich dort aufhält, bekommt automatisch eine Warnmeldung, aktuelle Informationen sowie Handlungsempfehlungen geschickt – etwa im Fall eines Großbrandes, Türen und Fenster geschlossen zu halten. Meldungen aus der jeweiligen Warn-App können außerdem über soziale Netze wie Twitter geteilt werden – auf diese Weise wird ein noch breiterer Kreis an Adressaten erreicht.
Einen Fehler sollten Nutzer allerdings nicht machen: sich alleine auf ihre Warn-App verlassen. „Generell sind Meldungen per App nur ein Puzzlestück bei Warnungen“, sagt Silvia Darmstädter vom Deutschen Feuerwehrverband. Sie seien niemals das alleinige Warnmittel, sondern nur eine sinnvolle Ergänzung zu Sirenen, Fernsehen und Radio.