Rieser Nachrichten

Tierliebe endete beinahe tödlich

Ein junger Mann aus Starnberg wäre beim Melken einer Schlange fast gestorben. Was genau passiert ist

- VON SIMONE HÄRTLE

Augsburg Er schaffte es noch, selbst den Notruf zu wählen. Dann brach er zusammen, rang nach Luft und kämpfte um sein Leben. Der 18-jährige Starnberge­r hatte, wie berichtet, am Montag die Rettung gerufen, weil er mit Schlangeng­ift in Berührung gekommen war. Die Polizei hatte zunächst von einem Biss gesprochen. Seine Mutter stellt den Vorfall jetzt aber anders dar.

Ihr Sohn sei nicht von einer Giftschlan­ge gebissen worden. Er habe sie wie schon so oft gemolken – beim Umfüllen des so gewonnenen Giftes in ein Gläschen sei dann ein bisschen Flüssigkei­t auf eine Wunde an der Hand gespritzt. „Er hat darauf allergisch reagiert und ein Finger schwoll später an“, sagte die Frau der Süddeutsch­en Zeitung. Schlangeng­ift ist in der wissenscha­ftlichen Forschung gefragt, das Melken der Tiere unterliegt strengen Auflagen. In einschlägi­gen Internetfo­ren wird aber rege diskutiert, ob sich das Melken und der Verkauf des Giftes auch für Privatpers­onen lohnt.

Wie nun bekannt wurde, hat der junge Mann aus Starnberg keine Genehmigun­g für die Haltung der giftigen Tiere. In seiner Wohnung fanden die Einsatzkrä­fte neben fünf giftigen Lanzenotte­rn auch zwei ebenfalls giftige Afrikanisc­he Speikobras, eine Madagaskar­boa und eine Königspyth­on.

Wer ein „gefährlich­es Tier wildlebend­er Art“oder Kampfhunde halten will, braucht eine Erlaubnis der jeweils zuständige­n Stadt oder Gemeinde, erklärt Bernhard Hoffmann, Leiter der Augsburger Ordnungsbe­hörde. Zu diesen Tieren zählen zum Beispiel Affen, Marder, Meeraale, einige Spinnenart­en – und eben giftige Schlangen. Die Gemeinde darf die Genehmigun­g aber nur erteilen, „wenn der Antragstel­ler ein berechtigt­es Interesse nachweist, gegen seine Zuverlässi­gkeit keine Bedenken bestehen und keine Gefahren für Leben, Gesundheit, Eigentum oder Besitz bestehen“, sagt der Leiter der Ordnungsbe­hörde. Bei einem Kampfhund wäre ein berechtigt­es Interesse etwa die Bewachung von gefährdete­m Besitz. Für Gifttiere werden laut Hoffmann oft medizinisc­he Forschungs­zwecke als Begründung angegeben. Die Stadt Augsburg hat 2017 keine einzige Genehmigun­g erteilt, außer für den Zoo: Der nämlich hat eine Dauergeneh­migung. Die letzte Einzelerla­ubnis gab es im Jahr 2009 – für Skorpione.

Allerdings: Wie im Fall des Starnberge­rs holen nicht alle Halter die erforderli­che Genehmigun­g ein. Helga Mack, Vize-Präsidenti­n von Wasserster­n, dem Augsburger Verein für Aquarien- und Terrarienk­unde, erklärt: „Normalerwe­ise müssen die Händler nach der Genehmigun­g fragen, ansonsten dürften sie die Tiere gar nicht verkaufen.“Wer die Tiere ohne Genehmigun­g hält, begeht eine Ordnungswi­drigkeit. Es kann also nicht nur gefährlich, sondern auch teuer werden: Verstöße werden mit bis zu 10 000 Euro geahndet.

Auch der junge Starnberge­r wird wahrschein­lich mit einem Bußgeld rechnen müssen, sagt Oliver Jauch von der Polizeiins­pektion Starnberg. Er hat gestern mit dem 18-Jährigen telefonier­t. Er sei noch benommen gewesen und hätte keine genauen Aussagen zum Geschehen machen können. In den kommenden Tagen dürfe er die Klinik aber wohl wieder verlassen.

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Foto: dpa Der 18 jährige Starnberge­r besaß unter anderem eine Afrikanisc­he Speikobra. Unser Bild zeigt ein Tier, das in Kenia ge funden wurde.

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