Tierliebe endete beinahe tödlich
Ein junger Mann aus Starnberg wäre beim Melken einer Schlange fast gestorben. Was genau passiert ist
Augsburg Er schaffte es noch, selbst den Notruf zu wählen. Dann brach er zusammen, rang nach Luft und kämpfte um sein Leben. Der 18-jährige Starnberger hatte, wie berichtet, am Montag die Rettung gerufen, weil er mit Schlangengift in Berührung gekommen war. Die Polizei hatte zunächst von einem Biss gesprochen. Seine Mutter stellt den Vorfall jetzt aber anders dar.
Ihr Sohn sei nicht von einer Giftschlange gebissen worden. Er habe sie wie schon so oft gemolken – beim Umfüllen des so gewonnenen Giftes in ein Gläschen sei dann ein bisschen Flüssigkeit auf eine Wunde an der Hand gespritzt. „Er hat darauf allergisch reagiert und ein Finger schwoll später an“, sagte die Frau der Süddeutschen Zeitung. Schlangengift ist in der wissenschaftlichen Forschung gefragt, das Melken der Tiere unterliegt strengen Auflagen. In einschlägigen Internetforen wird aber rege diskutiert, ob sich das Melken und der Verkauf des Giftes auch für Privatpersonen lohnt.
Wie nun bekannt wurde, hat der junge Mann aus Starnberg keine Genehmigung für die Haltung der giftigen Tiere. In seiner Wohnung fanden die Einsatzkräfte neben fünf giftigen Lanzenottern auch zwei ebenfalls giftige Afrikanische Speikobras, eine Madagaskarboa und eine Königspython.
Wer ein „gefährliches Tier wildlebender Art“oder Kampfhunde halten will, braucht eine Erlaubnis der jeweils zuständigen Stadt oder Gemeinde, erklärt Bernhard Hoffmann, Leiter der Augsburger Ordnungsbehörde. Zu diesen Tieren zählen zum Beispiel Affen, Marder, Meeraale, einige Spinnenarten – und eben giftige Schlangen. Die Gemeinde darf die Genehmigung aber nur erteilen, „wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse nachweist, gegen seine Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen und keine Gefahren für Leben, Gesundheit, Eigentum oder Besitz bestehen“, sagt der Leiter der Ordnungsbehörde. Bei einem Kampfhund wäre ein berechtigtes Interesse etwa die Bewachung von gefährdetem Besitz. Für Gifttiere werden laut Hoffmann oft medizinische Forschungszwecke als Begründung angegeben. Die Stadt Augsburg hat 2017 keine einzige Genehmigung erteilt, außer für den Zoo: Der nämlich hat eine Dauergenehmigung. Die letzte Einzelerlaubnis gab es im Jahr 2009 – für Skorpione.
Allerdings: Wie im Fall des Starnbergers holen nicht alle Halter die erforderliche Genehmigung ein. Helga Mack, Vize-Präsidentin von Wasserstern, dem Augsburger Verein für Aquarien- und Terrarienkunde, erklärt: „Normalerweise müssen die Händler nach der Genehmigung fragen, ansonsten dürften sie die Tiere gar nicht verkaufen.“Wer die Tiere ohne Genehmigung hält, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Es kann also nicht nur gefährlich, sondern auch teuer werden: Verstöße werden mit bis zu 10 000 Euro geahndet.
Auch der junge Starnberger wird wahrscheinlich mit einem Bußgeld rechnen müssen, sagt Oliver Jauch von der Polizeiinspektion Starnberg. Er hat gestern mit dem 18-Jährigen telefoniert. Er sei noch benommen gewesen und hätte keine genauen Aussagen zum Geschehen machen können. In den kommenden Tagen dürfe er die Klinik aber wohl wieder verlassen.