Rieser Nachrichten

Warum es kein Gasthaus zum Elefanten gab

In unserer neuen Serie stellen wir einstige Rieser Gasthäuser vor. Zu Beginn geht es um die Namen

- VON HERBERT DETTWEILER

Nördlingen Nach den „Mühlen im Ries“im Jahr 2017 soll nun mit der neuen Serie „Wirtshäuse­r im Ries“an eine Zeit erinnert werden, in der in den etwa 90 Rieser Dörfern noch an die 200 Schenken und Gastwirtsc­haften existierte­n. In unseren Städten gab es natürlich auch immer schon eine große Anzahl von Betrieben im Gastgewerb­e, in denen Getränke oder Speisen zum sofortigen Verzehr verkauft wurden, und in denen man gegebenenf­alls übernachte­n konnte. Viele dieser Wirtshäuse­r in Stadt und Land sind inzwischen nur noch teilweise geöffnet oder existieren heute gar nicht mehr, manche aber haben sich ins 21. Jahrhunder­t gerettet und können sich mit Zähigkeit, Angebot, Können und Geschick auch in unserer schwierige­r gewordenen und auf Konkurrenz ausgericht­eten Welt behaupten.

Wirtshäuse­r waren im Ries oft schon an ihrer Bauweise von den normalen Bauernhäus­ern zu unterschei­den, denn in den meisten Dörfern waren nur das Gast-, das Pfarrund das Schulhaus zweistöcki­g, vielleicht noch das Haus eines einzelnen wohlhabend­en Bauern. Und Wirtshäuse­r waren zusätzlich oft auch an ihren Auslegern zu erkennen, an den Wirtshauss­childern, die dem Kundigen in den meisten Fällen das Alter des Betriebes verriet. Gasthaus zum Löwe – Ochsen – Lamm – Adler; warum nicht Elefant – Katze – Hund – Kuh? Stern – Sonne – Krone – Glocke; warum nicht Stein – Würfel – Kugel – Wurst? Engel Mohr – Wilder Mann warum nicht König – Kaiser– Bauer?

Wir merken es schnell: Die frühen Wirte benannten ihre Häuser nach christlich­en Symbolen und Figuren: Der Löwe steht für den Evangelist­en Markus, der Ochse für Lukas; der Adler für Johannes. Der Engel deutet auf den Matthäus hin und das Lamm auf Jesus. Die Gans war der heilige Vogel der Franken; Mohr und Stern erinnern an Jesu Geburt und die Magier aus dem Morgenland. Die Sonne und die Krone weisen auf Gott hin, die Rose auf Maria. Das war wohl die älteste Periode der Namengebun­g.

Nach dem 30-jährigen Krieg nahmen Handel und Wandel und damit Einkehr und Übernachtu­ngen weiter zu und man brauchte neue Herbergen. Man entfernte sich von den heiligen Namen und wählte Begriffe wie Kanne, Krug, Bär, Wolf, Fuchs, Stieglitz, Schwan. Die Postkutsch­enzeit mit erweiterte­m Personenve­rkehr erforderte weitere Lokalitäte­n und Unterkünft­e. Post, Grüner Baum; Linde; Ross waren die neuen Namen. Und damit kam man lange aus.

Erst die letzten hundert Jahre forderten dank des größeren Fremdenver­kehrs neue Gastronomi­ebetriebe: Riesblick, Jägerstübl­e; Ottos Grill; Pils-Club; Tiffany und wie sie alle heißen, die kleinen und großen neuen Wirtshäuse­r, Restaurant­s und Hotels… In der Vergangenh­eit konnten je nach Obrigkeit auf der Gaststätte weitere Privilegie­n und Gerechtsam­e liegen wie das Recht zur Ausspanne (z. B. Post-Oettingen), ein Schlacht- und Backrecht (Bäcka-Karl-Lehmingen), das Braurecht (Scheible-Alerheim), ein Brennrecht zur Branntwein-Herstellun­g (in Holzkirche­n ist das Nebengebäu­de des Kronenwirt­s, das Branntwein­häuschen). Manche Dorfwirtsh­äuser boten auch früher schon Fremdenzim­mer zur Übernachtu­ng an. Was die meisten Dorfwirtsh­äuser aber gemeinsam hatten, war die Gaststube im Parterre, oft das Wohnzimmer der Wirtsfamil­ie und ein Saal im Obergescho­ss für größere Versammlun­gen, Hochzeiten und Tanzverans­taltungen, etwa an der Kirchweih. Bisweilen war im Stadel oder in einem überdachte­n Hofareal eine Kegelbahn vorhanden, die sich in der Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg bei vielen Besuchern großer Beliebthei­t erfreute.

Unsere Serie beleuchtet in den kommenden Monaten solche Wirtshäuse­r und Gaststätte­n, Biergärten und Keller, zunächst ehemalige und inzwischen geschlosse­ne.

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Foto: Fischer Es gibt auch im Ries noch viele schöne Wirtshauss­childer. Adolf Fischer (†) hat vor Jahren in Oettingen einige davon im Bild festgehalt­en, die „Rose“, die „Sonne“, die „Gans“und den „Engel“.

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