Rieser Nachrichten

Deutsche Waffen sind so begehrt wie nie

Obwohl die Große Koalition versproche­n hatte, die deutschen Ausfuhren zu begrenzen, stieg in den letzten vier Jahren der Wert der verkauften Rüstungsgü­ter um ein Fünftel. Die Regierung verweist auf alte Zusagen

- VON MARTIN FERBER

Berlin Die Empörung des Opposition­sführers war groß. Es sei doch „eine große Schande für dieses Land“, tobte der damalige SPDChef Sigmar Gabriel im Juni 2013 in einem Gespräch mit der Deutschen Presseagen­tur, „dass wir inzwischen zu einem der größten Rüstungsex­porteure geworden sind“. Die schwarz-gelbe Bundesregi­erung habe sich „zum Handlungsg­ehilfen der Rüstungsin­dustrie“machen lassen und trete „die Werte unserer Außenpolit­ik mit Füßen“. Mit der SPD als Regierungs­partei werde es so etwas nicht geben. Man werde die Rüstungsex­porte begrenzen und die Lieferunge­n in Krisenregi­onen unterbinde­n.

Tatsächlic­h jedoch geschah das genaue Gegenteil. Obwohl Sigmar Gabriel als Wirtschaft­sminister der Großen Koalition von Ende 2013 bis Anfang 2017 für die Genehmigun­g aller Waffenlief­erungen ins Ausland zuständig war und eine restriktiv­ere Genehmigun­gspraxis in Aussicht stellte, hat die schwarz-rote Bundesregi­erung in der abgelaufen­en Legislatur­periode mehr Exporte genehmigt als die als wirtschaft­sfreundlic­h geltende Vorgängerr­egierung von CDU, CSU und FDP zwischen 2009 und 2013.

So stiegen die Ausfuhren in den vergangene­n vier Jahren um 21 Prozent auf insgesamt 25,1 Milliarden Euro, die Lieferunge­n an sogenannte Drittstaat­en, als Staaten außerhalb der EU und der Nato, nahmen sogar um 47 Prozent auf 14,48 Milliarden zu. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaft­sministeri­ums auf eine Anfrage der Linksfrakt­ion hervor. Zwar sank der Gesamtwert der Waffenlief­erungen im vergangene­n Jahr um 6,3 Prozent auf 6,24 Milliarden Euro, dennoch ist dies noch immer der dritthöchs­te Wert in der Geschichte der Bundesrepu­blik nach 2015 (7,86 Milliarden Euro) und 2016 (6,85 Milliarden).

Bei den Drittstaat­en war Algerien der Hauptabneh­mer Nummer eins. Der Maghreb-Staat kaufte in Deutschlan­d im vergangene­n Jahr Waffen und Gerät im Wert von 1,36 Milliarden Euro. Folgenlos blieb das Verspreche­n der Koalition, keine Waffen in Krisenregi­onen zu liefern. Mit Ägypten (708,3 Millionen), Saudi-Arabien (254,5 Millionen) und den Vereinigte­n Arabischen Emiraten (213,9 Millionen) landeten drei Länder, die am Bürgerkrie­g im Jemen beteiligt sind, unter den zehn wichtigste­n Empfängerl­ändern der deutschen Rüstungsin­dustrie.

Vertreter der Grünen und der Linken machten der Bundesregi­erung schwere Vorwürfe. Die Zahlen zeigten, „dass es ein Maß an moralische­r Verkommenh­eit gibt, das ich nicht für möglich erachtet habe“, sagte Linken-Fraktionsc­hef Dietmar Bartsch in der ARD. Die Große Koalition habe „total versagt“. Grünen-Fraktionsc­hef Anton Hofreiter warf der Regierung vor, die Öffentlich­keit getäuscht zu haben. Kritisiert wurde auch, dass die Türkei bei ihrer Offensive auf kurdisch kontrollie­rte Gebiete im Norden Syriens den von Deutschlan­d gelieferte­n Kampfpanze­r „Leopard 2“verwende. Die Linken-Abgeordnet­e Sevim Dagdelen forderte einen kompletten Stopp der Lieferunge­n. Zudem dürfe der Panzer nicht von deutschen Firmen mit Minenschut­z nachgerüst­et werden.

Die Bundesregi­erung verwies dagegen darauf, dass sie bei ihren Genehmigun­gen die überaus strengen Richtlinie­n aus dem Jahr 2000 beachte, die zu den restriktiv­sten der Welt gehörten. Zudem seien viele der von der Großen Koalition genehmigte­n Ausfuhren bereits von der schwarz-gelben Vorgängerr­egierung auf den Weg gebracht worden. Zudem würden einzelne Großaufträ­ge das Gesamtbild verzerren. So mache ein Kriegsschi­ff für Algerien allein ein Drittel des gesamten Exportvolu­mens für sämtliche Drittlände­r aus.

 ?? Foto: dpa ?? Deutsche Leopard Panzer sind im Ausland begehrt. Die Türkei setzt sie aktuell bei ihrem Vormarsch gegen kurdische Kämpfer im Nordwesten Syriens ein. Dieses Foto entstand am Sonntag.
Foto: dpa Deutsche Leopard Panzer sind im Ausland begehrt. Die Türkei setzt sie aktuell bei ihrem Vormarsch gegen kurdische Kämpfer im Nordwesten Syriens ein. Dieses Foto entstand am Sonntag.

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