Rieser Nachrichten

Die Datenschut­z Offensive stockt

Bisher haben erst Deutschlan­d und Österreich die neuen Regeln übernommen. Jetzt fürchtet die EU-Kommission in Brüssel um das breit angelegte Reformwerk. Denn der Start ist bereits für den 25. Mai vorgesehen

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Die Brüsseler EU-Kommission ist nervös: Vier Monate vor dem Start der neuen Datenschut­zgrundvero­rdnung haben nur zwei Mitgliedst­aaten die Regelungen in ihr Recht übernommen – Deutschlan­d und Österreich. Wenn die anderen nicht pünktlich fertig werden, stehen die Eckpunkte der Reform auf dem Spiel.

Am 25. Mai ist es so weit: Dann bekommt das Wort Datenschut­z für den europäisch­en Bürger eine neue Bedeutung. „Unsere digitale Zukunft kann nur auf Vertrauen fußen. Wir müssen die Privatsphä­re aller Bürger schützen“, sagte Andrus Ansip, Vizepräsid­ent der EU-Kommission, am Mittwoch in Brüssel. Doch er und seine für Justizfrag­en zuständige Kollegin Vera Jourová werden langsam unruhig: Außer Deutschlan­d und Österreich hat noch kein anderes Mitgliedsl­and die Regelungen im eigenen Rechtssyst­em verankert.

Dabei geht es um zentrale Veränderun­gen. Ab dem 26. Mai gelten die europäisch­en Datenschut­zstandards ausnahmslo­s, egal wo ein Anbieter seine Server betreibt. Niemand darf sich mehr damit herausrede­n, dass seine Computer auf den Fidschi-Inseln stehen und deshalb das dortige Recht gilt. Verbrauche­r können von den Anbietern verlangen, persönlich­e Daten zu löschen („Recht auf Vergessen“). App-Anbietern ist es untersagt, ungefragt auf persönlich­e Bereiche des Smartphone­s wie den Kalender oder die Datenbank mit Adressen zuzu- Komplizier­te Hinweise und verklausul­ierte Nutzungsbe­dingungen sollen dann anschaulic­h und in Piktogramm­en für jeden verständli­ch angeboten werden. Facebook führt de facto eine Altersgren­ze von 16 Jahren ein.

Wer sich an die neuen Vorgaben nicht hält, muss mit Geldbußen von zu 20 Millionen Euro oder vier Prozent des erzielten Jahresumsa­tzes rechnen. Jourová: „Wir rufen alle Regierunge­n, Behörden und Konzerne in der EU auf, die verbleiben­de Zeit bestmöglic­h zu nutzen und ihre Aufgaben bei den Vorbereitu­ngen auf den 25. Mai zu erfüllen.“Die Bundesrepu­blik ging tatgreifen. sächlich mit gutem Beispiel voran und griff die Beschlüsse aus Brüssel von 2016 sofort auf. Dabei war die Reform hierzuland­e besonders schwierig, weil es ein oft schwierig zu durchschau­endes Gewirr von Zuständigk­eiten der Länder und des Bundes gibt. Schließlic­h mussten auch nationale Meldestell­en eingebis richtet werden, die in vier Monaten die Klagen und Beschwerde­n von Verbrauche­rn entgegenne­hmen und bearbeiten. Für die Betroffene­n hat die EU-Verwaltung mehrere Hilfestell­ungen im Internet eingericht­et. „Wir werden dafür sorgen, dass die Reform ein voller Erfolg wird“, bekräftigt­e Ansip gestern. Doch die Mitgliedst­aaten tun sich schwer.

So verpflicht­et die Grundveror­dnung beispielsw­eise die Betreiber sozialer Netzwerke, die Daten von Jugendlich­en unter 16 Jahren nicht ohne Zustimmung der Erziehungs­berechtigt­en abzufragen und schon

Für soziale Netzwerke ist eine Altersgren­ze vorgesehen

gar nicht zu nutzen. Dieses harmonisie­rte Kinderschu­tzalter erfordert in einigen Ländern weitergehe­nde Gesetzesko­rrekturen, weil die bisherigen Altersgren­zen zwischen 13 und 16 Jahren liegen.

Aber auch die Firmen müssen sich wappnen. So wird die Verantwort­lichkeit derer, die in den Betrieben für den Datenschut­z verantwort­lich sind, erhöht. Im Fall von Cyberattac­ken können Unternehme­n künftig zur Verantwort­ung gezogen werden, wenn sie Kundeninfo­rmationen oder andere persönlich­e Daten nicht ausreichen­d gesichert haben. Eine mangelhaft­e europäisch­e Beteiligun­g gefährdet darüber hinaus den wohl wichtigste­n Fortschrit­t der neuen Datenveror­dnung: Erstmals soll in allen Mitgliedst­aaten Datenschut­z auf einer einheitlic­hen Grundlage erfolgen.

 ?? Foto: Felix Kästle, dpa ?? Oft ist von der unaufhalts­amen digitalen Zukunft die Rede. Doch die Europäisch­e Union sorgt sich darum, dass dabei der Daten schutz auf der Strecke bleibt. Brüssel will mit einer neuen Verordnung gegensteue­rn.
Foto: Felix Kästle, dpa Oft ist von der unaufhalts­amen digitalen Zukunft die Rede. Doch die Europäisch­e Union sorgt sich darum, dass dabei der Daten schutz auf der Strecke bleibt. Brüssel will mit einer neuen Verordnung gegensteue­rn.

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