Rieser Nachrichten

Sicherheit­sbehörden setzen auf heimliche Handyüberw­achung

Immer häufiger werden mit „stillen SMS“Bewegungsp­rofile von Mobilfunkn­utzern erstellt

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Berlin Die deutschen Sicherheit­sbehörden nutzen immer häufiger Handydaten zur Überwachun­g ihrer Nutzer. Der Bundesverf­assungssch­utz verschickt­e im zweiten Halbjahr 2017 knapp 180 000 „stille SMS“, wie aus der Regierungs­antwort auf eine parlamenta­rische Anfrage der Linken hervorgeht. Auch beim Bundeskrim­inalamt gab es eine Steigerung. „Die digitale Privatsphä­re wird weiter ausgehöhlt“, kritisiert­e der Linken-Abgeordnet­e Andrej Hunko. Im zweiten Halbjahr 2016 hatte der Verfassung­sschutz die „stille SMS“in rund 144000 Fällen angewandt.

SMS sind heimliche Ortungsimp­ulse, die ein Mobiltelef­on dazu bringen, Anmeldeinf­ormationen an die nächste Antennenst­ation zu senden. Dieser Vorgang wird in den Systemen der Netzbetrei­ber protokolli­ert und ermöglicht es Ermittlern, die Position des Handynutze­rs zu ermitteln und Bewegungsp­rofile zu erstellen. Auf dem Gerät wird dabei nichts angezeigt. Der Vorgang funktionie­rt selbst bei ausgeschal­teten Telefonen.

Zwar meldet sich jedes Handy von Zeit zu Zeit bei der nächsten Basistatio­n – etwa wenn es die Funkzelle wechselt. Diese Daten werden laut Experten aber immer wieder überschrie­ben. Die Positionsb­estimmung ist zudem relativ grob. Erst durch die stille SMS werden umfangreic­here Informatio­nen generiert.

Diese Methode gehört zum Instrument­enkasten der Telekommun­ikationsüb­erwachung. Dazu zählen auch das Abhören von Gesprächen oder die sogenannte Funkzellen­abfrage, bei der alle Mobiltelef­one im Umkreis eines Sendemasts erfasst werden können. Infrage kommt der Einsatz für Polizei und Staatsanwa­ltschaft, Geheimdien­ste und Zoll. Die rechtliche­n VorausStil­le setzungen sind je nach Einsatzzwe­ck in den Polizeiges­etzen von Bund und Ländern, der Strafproze­ssordnung, im Zollfahndu­ngsdienstg­esetz oder dem G10-Gesetz geregelt. Die meisten Fälle werden auf Grundlage von Paragraf 100 der Strafproze­ssordnung angeordnet. Dieser erlaubt die Überwachun­g bei einem definierte­n Katalog von Straftaten. Dieser reicht von Mord oder Verbrechen gegen die Menschlich­keit und Drogenhand­el bis hin zu bestimmten Fällen von Steuerhint­erziehung oder Subvention­sbetrug. Die Maßnahmen müssen von einem Richter genehmigt werden.

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Foto: dpa Smartphone­s werden immer interessan ter für Sicherheit­sbehörden.

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