Die Einwohnerzahlen im Landkreis steigen
Vor allem Migranten sind zugezogen. Gewinne und Verluste zeigen nicht immer die aktuelle Wirklichkeit
Donauwörth Der Landkreis DonauRies steht wirtschaftlich auf recht solidem Fundament: Er ist als erster und einziger Kreis Bayerns schuldenfrei, die Arbeitslosigkeit liegt bei 1,8 Prozent. Bauchschmerzen hatte Landrat Stefan Rößle zuletzt trotzdem – Grund war der demografische Wandel, sprich: Überalterung und Bevölkerungsrückgang. Neue Zahlen belegen jetzt allerdings eine Tendenz nach oben seit Ende 2015. Das wiederum führt mitunter auch zu Schwierigkeiten.
Statistiken sollen – wenn sie nicht nur mutmaßenden Charakter haben wollen – exakte, belegbare Zahlen liefern. Und es braucht Zeit, bis sämtliche erhobene Daten gesammelt vorliegen. So sind erst jetzt die Bevölkerungszahlen der einzelnen Kommunen vom 31. Dezember 2016 einzusehen. Und die zeigen zunächst: Die Einwohnerzahlen in den hiesigen 44 Kommunen steigen insgesamt,
Es ließe sich von einem Luxusproblem sprechen
wenngleich nicht überall. Vieles hängt mit dem Thema Migration zusammen, wie LandratsamtsSprecherin Gabriele Hoidn erklärt. Bei bis zu 400 der 953 hinzugekommenen Einwohner handele es sich um Asylbewerber. Eine weitere „hohe Zahl“setze sich ferner aus EU-Ausländern zusammen, vor allem aus Polen, Rumänien und Italien. Bei den wenigsten Zugezogenen handele es sich um deutsche Staatsbürger.
Das Plus oder Minus zeigt nicht immer eine vermeintlich höhere beziehungsweise niedrigere Attraktivität der jeweiligen Gemeinde für Zuzügler an. Auhausen im Ries beispielsweise hat 49 Einwohner verloren. Bürgermeister Martin Weiß jedoch muss nicht lange überlegen, woran das liegt: In seiner Gemeinde habe im Erhebungszeitraum eine Unterkunft für Asylbewerber dichtgemacht, gut 40 Menschen fielen plötzlich aus der Einwohnerzahl. „Eins zu eins“verhält es sich mit der amtlichen Zahl für Wemding, wie Bürgermeister Martin Drexler be- richtet. Hier sei ebenfalls eine Herberge für Asylbewerber zugemacht worden, 65 Bewohner seien verlegt worden. Doch inzwischen habe die Stadt das Minus längst wieder durch regulären Zuzug kompensiert: Zum 2. Januar dieses Jahres waren in Wemding sogar 5857 Einwohner gemeldet.
Anders gelagert, aber mit ähnlicher Auswirkung, verhält es sich in der Marktgemeinde Kaisheim. Die dortige Justizvollzugsanstalt sorgt bisweilen für schwankende Zahlen. Des Weiteren habe, wie das Kaisheimer Einwohnermeldeamt bestätigt, eine statistische Bereinigung für den Rückgang um 41 Bewohner gesorgt.
Zugpferd Nummer eins im Landkreis ist bezogen auf die gesamten Zuzugszahlen der Großen Kreisstadt Donauwörth. Auch hier spielt jedoch die relativ hohe Zahl der Asylbewerber im Krisenzeitraum eine tragende Rolle, denn die Bewohner der Erstaufnahme in der Alfred-Delp-Kaserne (schwankend zwischen 300 und 500) werden zum Gesamt-Plus von 777 Menschen gerechnet. Der Leiter des städtischen Ordnungsamtes, Konrad Nagl, erklärt jedoch, dass auch ohne das Thema „Asyl“die Einwohnerzahl Donauwörths in den vergangenen Jahren „kontinuierlich“gestiegen sei: „Es gibt einen anhaltenden Trend nach oben – und der ist stark konjunkturell begründet.“Will heißen: Die wirtschaftliche Entwicklung lockt die Menschen nach Donauwörth wie auch in die umliegenden Gemeinden.
Landrat Stefan Rößle sieht hierin auch eine Bestätigung der Landkreis-Politik: Man sei auf Messen präsent, versuche zudem über verstärktes Marketing Fachkräfte als auch Unternehmer für den Landkreis zu gewinnen. Zuletzt ließ sich sogar ein schieres Luxusproblem beobachten: „Wir müssen mittlerweile darauf schauen, dass wir nicht zu sprunghaft, sondern gesund, also organisch wachsen.“
Riesige neue Gewerbegebiete auszuweisen sei aktuell kaum zielführend, da auch das Thema „Flächenfraß“beachtet werden müsse. Zwischen Wachstum und möglicher Überforderung gilt es einen maßvollen Weg zu finden.
Die wirtschaftliche Stärke indes sei unbestritten, so Rößle: So konnte die Zahl der zunächst rund 700 Arbeitslosen nach der Schließung des Kathrein-Werkes in Nördlingen binnen recht kurzer Zeit rein zahlenmäßig kompensiert werden – wenngleich eben viele, aber noch nicht alle der ehemaligen Kathreiner eine neue Arbeit gefunden hätten.
Ferner stellt das Plus bei den Einwohnern Fluch und Segen dar, denn bekannterweise ist auch in der Regi2015/16 on vor allem bezahlbarer Wohnraum rar. „Wir brauchen Wohnungen“, betont auch der Landrat – er weise die Bürgermeister als auch die Wohnbaugenossenschaften stets darauf hin. Der Landkreis selbst betreibt seit einiger Zeit ein Portal zum „Leerstandsmanagement“: Daten über leer stehende Immobilien werden gesammelt und die Verkaufsbereitschaft der Eigentümer ermittelt. Vereinzelt zeige das Projekt bereits Erfolg, sagt Rößle.
Vor gut fünf Jahren sah es für die Demografie im Kreis zahlenmäßig düsterer aus: Bis 2030, so schätzten vom Kreis beauftragte Statistiker damals, würden die Zahlen insgesamt rückläufig sein, auf 124000 – oder im besten Fall stagnieren. Auch bereinigt nach allen Unwägbarkeiten (beispielsweise durch kurzfristige Asyl-Unterkünfte) weist der Daumen allerdings für die Region derzeit ziemlich deutlich nach oben.