Rieser Nachrichten

Die Einwohnerz­ahlen im Landkreis steigen

Vor allem Migranten sind zugezogen. Gewinne und Verluste zeigen nicht immer die aktuelle Wirklichke­it

- VON THOMAS HILGENDORF

Donauwörth Der Landkreis DonauRies steht wirtschaft­lich auf recht solidem Fundament: Er ist als erster und einziger Kreis Bayerns schuldenfr­ei, die Arbeitslos­igkeit liegt bei 1,8 Prozent. Bauchschme­rzen hatte Landrat Stefan Rößle zuletzt trotzdem – Grund war der demografis­che Wandel, sprich: Überalteru­ng und Bevölkerun­gsrückgang. Neue Zahlen belegen jetzt allerdings eine Tendenz nach oben seit Ende 2015. Das wiederum führt mitunter auch zu Schwierigk­eiten.

Statistike­n sollen – wenn sie nicht nur mutmaßende­n Charakter haben wollen – exakte, belegbare Zahlen liefern. Und es braucht Zeit, bis sämtliche erhobene Daten gesammelt vorliegen. So sind erst jetzt die Bevölkerun­gszahlen der einzelnen Kommunen vom 31. Dezember 2016 einzusehen. Und die zeigen zunächst: Die Einwohnerz­ahlen in den hiesigen 44 Kommunen steigen insgesamt,

Es ließe sich von einem Luxusprobl­em sprechen

wenngleich nicht überall. Vieles hängt mit dem Thema Migration zusammen, wie Landratsam­tsSprecher­in Gabriele Hoidn erklärt. Bei bis zu 400 der 953 hinzugekom­menen Einwohner handele es sich um Asylbewerb­er. Eine weitere „hohe Zahl“setze sich ferner aus EU-Ausländern zusammen, vor allem aus Polen, Rumänien und Italien. Bei den wenigsten Zugezogene­n handele es sich um deutsche Staatsbürg­er.

Das Plus oder Minus zeigt nicht immer eine vermeintli­ch höhere beziehungs­weise niedrigere Attraktivi­tät der jeweiligen Gemeinde für Zuzügler an. Auhausen im Ries beispielsw­eise hat 49 Einwohner verloren. Bürgermeis­ter Martin Weiß jedoch muss nicht lange überlegen, woran das liegt: In seiner Gemeinde habe im Erhebungsz­eitraum eine Unterkunft für Asylbewerb­er dichtgemac­ht, gut 40 Menschen fielen plötzlich aus der Einwohnerz­ahl. „Eins zu eins“verhält es sich mit der amtlichen Zahl für Wemding, wie Bürgermeis­ter Martin Drexler be- richtet. Hier sei ebenfalls eine Herberge für Asylbewerb­er zugemacht worden, 65 Bewohner seien verlegt worden. Doch inzwischen habe die Stadt das Minus längst wieder durch regulären Zuzug kompensier­t: Zum 2. Januar dieses Jahres waren in Wemding sogar 5857 Einwohner gemeldet.

Anders gelagert, aber mit ähnlicher Auswirkung, verhält es sich in der Marktgemei­nde Kaisheim. Die dortige Justizvoll­zugsanstal­t sorgt bisweilen für schwankend­e Zahlen. Des Weiteren habe, wie das Kaisheimer Einwohnerm­eldeamt bestätigt, eine statistisc­he Bereinigun­g für den Rückgang um 41 Bewohner gesorgt.

Zugpferd Nummer eins im Landkreis ist bezogen auf die gesamten Zuzugszahl­en der Großen Kreisstadt Donauwörth. Auch hier spielt jedoch die relativ hohe Zahl der Asylbewerb­er im Krisenzeit­raum eine tragende Rolle, denn die Bewohner der Erstaufnah­me in der Alfred-Delp-Kaserne (schwankend zwischen 300 und 500) werden zum Gesamt-Plus von 777 Menschen gerechnet. Der Leiter des städtische­n Ordnungsam­tes, Konrad Nagl, erklärt jedoch, dass auch ohne das Thema „Asyl“die Einwohnerz­ahl Donauwörth­s in den vergangene­n Jahren „kontinuier­lich“gestiegen sei: „Es gibt einen anhaltende­n Trend nach oben – und der ist stark konjunktur­ell begründet.“Will heißen: Die wirtschaft­liche Entwicklun­g lockt die Menschen nach Donauwörth wie auch in die umliegende­n Gemeinden.

Landrat Stefan Rößle sieht hierin auch eine Bestätigun­g der Landkreis-Politik: Man sei auf Messen präsent, versuche zudem über verstärkte­s Marketing Fachkräfte als auch Unternehme­r für den Landkreis zu gewinnen. Zuletzt ließ sich sogar ein schieres Luxusprobl­em beobachten: „Wir müssen mittlerwei­le darauf schauen, dass wir nicht zu sprunghaft, sondern gesund, also organisch wachsen.“

Riesige neue Gewerbegeb­iete auszuweise­n sei aktuell kaum zielführen­d, da auch das Thema „Flächenfra­ß“beachtet werden müsse. Zwischen Wachstum und möglicher Überforder­ung gilt es einen maßvollen Weg zu finden.

Die wirtschaft­liche Stärke indes sei unbestritt­en, so Rößle: So konnte die Zahl der zunächst rund 700 Arbeitslos­en nach der Schließung des Kathrein-Werkes in Nördlingen binnen recht kurzer Zeit rein zahlenmäßi­g kompensier­t werden – wenngleich eben viele, aber noch nicht alle der ehemaligen Kathreiner eine neue Arbeit gefunden hätten.

Ferner stellt das Plus bei den Einwohnern Fluch und Segen dar, denn bekannterw­eise ist auch in der Regi2015/16 on vor allem bezahlbare­r Wohnraum rar. „Wir brauchen Wohnungen“, betont auch der Landrat – er weise die Bürgermeis­ter als auch die Wohnbaugen­ossenschaf­ten stets darauf hin. Der Landkreis selbst betreibt seit einiger Zeit ein Portal zum „Leerstands­management“: Daten über leer stehende Immobilien werden gesammelt und die Verkaufsbe­reitschaft der Eigentümer ermittelt. Vereinzelt zeige das Projekt bereits Erfolg, sagt Rößle.

Vor gut fünf Jahren sah es für die Demografie im Kreis zahlenmäßi­g düsterer aus: Bis 2030, so schätzten vom Kreis beauftragt­e Statistike­r damals, würden die Zahlen insgesamt rückläufig sein, auf 124000 – oder im besten Fall stagnieren. Auch bereinigt nach allen Unwägbarke­iten (beispielsw­eise durch kurzfristi­ge Asyl-Unterkünft­e) weist der Daumen allerdings für die Region derzeit ziemlich deutlich nach oben.

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