Der neue Volkswagen aus Tschechien
Im Windschatten der Konzernmutter wird die VW-Tochter Skoda immer erfolgreicher. Hier wirken sich die günstigen Preise des Kfz-Herstellers positiv aus
Augsburg Die Aussage klingt fast wie ein Werbeslogan, wird aber von vielen deutschen Autofahrern so gefühlt: Skoda ist der neue Volkswagen. Während manche andere Marke des Wolfsburger Konzerns wie Audi nicht zuletzt aufgrund des Dieselskandals auf der Stelle tritt, eilt die tschechische Tochter von Erfolg zu Erfolg. 2017 war ein Skoda-Jahr, wieder ein Rekordjahr.
Das Ganze lässt sich an der Bilanz ablesen: In den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres steigerte der tschechische Automobilhersteller die Auslieferungen an Kunden im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,6 Prozent auf weltweit 871 100 Fahrzeuge. Der Umsatz legte gegenüber den ersten neun Monaten des Vorjahres um 22 Prozent auf 12,3 Milliarden Euro zu. Beim operativen Ergebnis verbuchte Skoda ein sattes Plus von 28,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Viele Deutsche fahren heute einen Skoda, und das Gleiche gilt auch für Chinesen, Inder oder Russen. Den größten Anteil am Erfolg haben die Modelle Octavia (vor allem in der Kombiversion), Fabia und Superb, teilte das Unternehmen im vergangenen November mit. Gerade gibt die Marke im trendigen SUV-Bereich Gas, will noch emo- tionaler werden. Der Geländewagen Kodiaq sowie sein kleiner Bruder, der Karoq, versprechen weiteres Wachstum. So ist die Marke 2017 wieder stärker gewachsen als der Markt. Das könnte sich 2018 wiederholen. Den Fahrplan dafür bildet die „Strategie 2025“, mit der sich der tschechische Hersteller auf die Herausforderungen in der Automobilindustrie vorbereitet. Zu den Kernthemen zählt die Entwicklung von Elektroautos. Auf der Messe Auto Shanghai hat Skoda im April 2017 mit dem Vision E die erste Designund Technologiestudie vorgestellt, die mit einem rein elektrischen Antrieb ausgestattet ist. Ein Plug-in-Hybrid des Octavia ist auch geplant. Daneben treiben die Tschechen die Themen „Digitalisierung“, „Internationalisierung“sowie „Neue Mobilitätsdienstleistungen“voran. Skoda will zweifach wachsen: Einerseits soll der Fahrzeugabsatz weiter erhöht werden, andererseits sollen neue Geschäftsfelder, wie etwa digitale Mobilitätsangebote, den Wachstumskurs auf eine breitere Basis stellen.
Genaue Prognosen gibt Vorstandschef Bernhard Maier aller- dings nicht ab. Nur so viel sagte er: „Wir werden bis 2025 jedes Jahr mindestens zwei neue Produkte präsentieren.“Damit meint Maier sowohl die Nachfolgemodelle bestehender Baureihen als auch ganz neue Typen.
Die Frage stellt sich: Was machen die Tschechen richtig, dass sie anhaltend erfolgreich sind? Die Antwort ist einfach. Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer sagt: „Bei Skoda gibt es VW-Technik zum günstigeren Preis.“Das sei einer der wichtigsten Gründe für den Erfolg des tschechischen Autobauers. So bekommt der Kunde bei Skoda ein deutlich größeres Modell als bei VW. Für knapp 18 000 Euro ist der Einstieg in das auf der Golf-Plattform basierende Mittelklassemodell Octavia möglich. Außerdem hat Skoda Dudenhöffer zufolge mit seinen Modelllinien fast alles richtig gemacht. Statt wie VW auf die Oberklasse zu schielen, würden die Tschechen vor allem Kompakt-, Mittelklasse- und Kleinwagen bauen. Skoda habe auch sinnvoll in die Marke investiert – durch Werbung, aber auch durch moderne Händler.
Dass es so günstig geht, liegt auch an den im Vergleich zu VW günstigeren Personalstrukturen. Dudenhöffer hat 2016 errechnen lassen, dass ein Mitarbeiter in Tschechien pro Monat 3500 Euro koste, der Kollege in Wolfsburg 7300 Euro. Darum hat Skoda eine deutlich höhere Gewinnmarge. Pro Fahrzeug blieben hier 1589 Euro übrig. Bei VW waren es nur 395 Euro. Und diese Werte dürften sich seitdem nicht wesentlich verändert haben.
27 Jahre nach dem Einstieg des Wolfsburger Konzerns ist Skoda eine der schönsten Töchter im VWKonzern. Gegründet wurde das Unternehmen 1895 vom Buchhändler Václav Klement und dem Fahrradmechaniker
Das Unternehmen will weiter kräftig wachsen
Skoda verkauft wieder Fahrräder
Václav Laurin im tschechischen Mladá Boleslav. Seit einigen Jahren vertreibt man übrigens wieder Fahrräder, lässt sie allerdings in Asien produzieren.
1905 wurden die ersten Automobile gebaut. Im Zuge der 1990 nach dem Fall des Eisernen Vorhangs begonnenen Privatisierung in der damaligen Tschechoslowakei entschied die Regierung, die AZNP Mladá Boleslav (Automobilové závody, národní podnik oder deutsch: Automobilwerke, Nationalbetrieb) an Volkswagen zu verkaufen. Seitdem heißt die Tochter kurz und einprägsam Skoda Auto und steht für ziemlich gute und ziemlich günstige Automobile.