Rieser Nachrichten

Skurriler Rechtsstre­it

Eine „Reichsbürg­erin“aus dem Ries erscheint nicht zu ihrer Verhandlun­g in Nördlingen, erregt allerdings Aufsehen, weil sie eine kuriose Gesetzeslü­cke ausnutzen will

- VON RONALD HUMMEL

Nördlingen Es fing eher harmlos an: Eine „Reichsbürg­erin“aus dem Ries weigerte sich, Gebühren für die Telekom Deutschlan­d zu bezahlen. Es kam zum Versuch der Pfändung durch einen Gerichtsvo­llzieher, den sie abwies. Und nicht nur das: Gegen den Gerichtsvo­llzieher und einen weiteren Justizbeam­ten, der ein an sie gerichtete­s Schriftstü­ck unterzeich­net hatte, drohte sie mit einem Verfahren, in dem gegen beide Beamte eine Pfändung von 500 000 Euro erwirkt werden solle. Bezahlten sie diese Summe nicht, sollten sie in ein Schuldnerv­erzeichnis eingetrage­n werden.

Nun folgt der wohl skurrilste Aspekt des Falles: Solch ein willkürlic­her Eintrag in ein Schuldnerv­erzeichnis ist derzeit rechtlich vom Ausland aus durchaus möglich. Der Nördlinger Amtsrichte­r Gerhard Schamann erklärte gegenüber unserer Zeitung, es handele sich um eine Gesetzeslü­cke, an deren Schließung aber derzeit gearbeitet werde. Die Bundesregi­erung bezeichnet das Vorgehen der Reichsbürg­er als „Bluff“, da es keine rechtliche Handhabe gebe, die Forderunge­n hierzuland­e einzutreib­en. Auf Antrag übergeordn­eter Behörden werden solche Einträge bei Beamten sofort gelöscht; die Bundesregi­erung hatte in sämtlichen bisher bekannt gewordenen Fällen sofort die Löschungen veranlasst.

Gleichwohl hatte die Drohung der Reichsbürg­erin gegen die Justizbeam­te Konsequenz­en – per schriftlic­hem Strafbefeh­l wurde sie informiert, dass sie wegen versuchter Nötigung in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätze­n à 40 Euro verurteilt wurde, also 2400 Euro. Gegen diesen Strafbefeh­l erhob sie Einspruch, worauf sie zu einer Verhandlun­g am Nördlinger Amtsgerich­t unter dem Vorsitz von Richter Gerhard Schamann geladen wurde. Daraufhin erklärte sie dem Gericht schriftlic­h, sie werde nicht zur Verhandlun­g erscheinen, da gemäß Haager Landkriegs-Ordnung (HLKO) von 1907 (Ergänzung des Haager Abkommens von 1899) Richter Schamann nicht zuständig sei, über sie zu urteilen. Gemäß der Gesetze, die er für gültig hält, wies Richter Schamann den Einspruch der Reichsbürg­erin gegen den Strafbefeh­l zurück, sodass dieser weiterhin Gültigkeit habe.

Sollte sich die Reichsbürg­erin weiterhin gegen eine erneute Pfändung durch den Gerichtsvo­llzieher zur Wehr setzen, könnte sie laut Gerhard Schamann theoretisc­h zu einer „Ersatzfrei­heitsstraf­e“verurteilt werden. Das heißt, die fällige Geldstrafe wird in eine Gefängniss­trafe umgewandel­t und sie müsste pro Tagessatz einen Tag hinter Gitter, in ihrem Fall also für 60 Tage. Wie berichtet, sind Bayerns Gefängniss­e aufgrund konsequent angewandte­r Ersatzfrei­heitsstraf­e derzeit voll bis zum Anschlag. Deshalb gebe es noch das Programm „Schwitzen statt sitzen“, mit dem die Gefängniss­trafen in gemeinnütz­ige Arbeit umgewandel­t werden können.

Sie droht mit Einträgen ins Schuldnerv­erzeichnis

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