Rundfunkgebühr? Eine Investition gegen Fake News
Es ist schwer in Mode, gegen die öffentlich-rechtlichen Sender zu keilen. Aber wir brauchen sie für unsere demokratische Gesundheit
Die ARD: Die nervt. Das ZDF: Das langweilt. Die Dritten: Die sind zum Abschalten. Genauso ist es, oft. Natürlich wirkt gegenüber dem Wirrwarr des ARD-Sendernetzes die SPD wie eine strategisch operierende Partei. Selbstredend lässt sich das Traumschiff im ZDF nur schwer als schwimmender Bildungsauftrag verstehen.
Und doch gilt: Der öffentlichrechtliche Rundfunk in all seinem gelebten Irrsinn ist überlebensnotwendig für unsere demokratische Gesundheit. Also sollten wir uns ihn etwas kosten lassen.
Man muss das so klar aufschreiben, weil dies offensichtlich gar nicht mehr klar ist. Am Sonntag stimmen die sparsamen Schweizer ab, ob sie sich staatlichen Funk und Fernsehen nicht einfach sparen sollen. 365 Franken kostet der sie pro Jahr, dafür gibt es im Engadin nicht mal einen Wochenskipass. Viel zu viel, argumentieren die Befürworter des Volksbegehrens.
Andernorts in Europa geht es nicht nur ums Geld, sondern gleich um das Überleben. In Ungarn soll ein Mediengesetz der „Stärkung der nationalen Identität“dienen, kritischer öffentlich-rechtlicher Journalismus ist in der wohl nicht mehr vorgesehen. In Polen droht dem staatlichen Rundfunk die Abwicklung, in Frankreich nennt der vermeintlich brillante neue Präsident die fraglichen Sender eine „Schande“, wohl weil sie seine Brillanz nicht ausreichend würdigen. In Österreich muss sich ein bekannter ORF-Moderator öffentlich Keile vom Vizekanzler gefallen lassen – und in Deutschland ertönen „Lügenpresse“-Chöre gegen öffentlich-rechtliche Reporter.
Der Furor ist teils so groß, weil der Sturm auf die Institutionen schwer in Mode ist, jeder Zuschauer so ein wenig Donald Trump spielen kann – und teils auch, da diese Institutionen zur Kritik einladen, siehe oben. Natürlich müssten sie besser haushalten, weniger staatstragend denken, sich selbst mehr hinterfragen. Wenn die Flüchtlingskrise nur aus Willkommenskultur besteht oder eine ARD-Journalistin vom Grünen-Parteitag wie ein Groupie tweetet, verrücken journalistische Maßstäbe.
Gäbe es die Sender aber nicht, man müsste sie erfinden, da sie einen ganz anderen Auftrag verfolgen als jeder private. Sie sollen „educate and entertain“, wie das Mantra der Mutter aller Staatssender, der britischen BBC, heißt. Aber eben auch „to inform“.
Diese Aufgabe ist schlicht teuer, die Technik, die Auslandsstudios, die Experten. Österreichs TV-Star Armin Wolf zitiert das Bonmot: „Privatsender brauchen Programm, um Geld zu machen. Öffentlichrechtliche Sender brauchen Geld, um Programm zu machen.“
Das Gegenteil ist in keinem Land der Welt bewiesen worden. In den USA gibt es nur noch staatliche Almosen für öffentliche Sender – und die kommerzgetriebenen drei Hauptkanäle haben in ihren Nachrichten zusammen 32 Minuten über inhaltliche Themen des letzten Wahlkampfes berichtet. Wohlgemerkt: im ganzen Wahljahr.
Also verlagert sich die Information in Filterblasen. Wer Fox News schaut, muss Donald Trump einfach für den beliebtesten US-Präsidenten aller Zeiten halten.
Öffentliche Sender können und sollen „Fake News“nicht allein bekämpfen. Helfen müssen viele Medien, die sich das zum Glück (noch) leisten können.
Im Fernsehen ist das aber schwer, PayTV klappt vielleicht mit der Bundesliga oder Hollywood, kaum aber mit Information – die zudem allgemein zugänglich sein muss, eine Art demokratisches Lagerfeuer.
Um das am Lodern zu halten, braucht es Geld. Das sind keine Zwangsgebühren. Sondern eine Investition in unsere demokratische Gesundheit.
In den USA gibt es keine Abgabe. Aber dafür Fox News