Rieser Nachrichten

Was kocht Ihr eigentlich zu Hause?

Alle 14 Tage treffen sich Menschen mit und ohne Migrations­hintergrun­d im Pfarrzentr­um St. Salvator. Diesmal lernen sie die Nationalge­richte der anderen kennen

- VON LEONIE JUNGHANNS

Nördlingen Riecht es nach gekochtem Fleisch? Fisch? Oder ist es doch bratendes Gemüse in heißem Öl? In der Küche der Rieser Volkshochs­chule liegen die unterschie­dlichsten Gerüche in der Luft. Qualmende Töpfe und Pfannen stehen auf den Herdplatte­n verteilt. Mit prüfendem Blick warten die Hobbyköche vor ihrem köchelndem Essen. Sie unterhalte­n sich über ihre Rezepte, die Garzeit des Fleisches und die weitere Vorgehensw­eise. Andere wiederum schälen Karotten, schneiden noch grüne Bananen und formen die restlichen Fleischküc­hlein.

Was wie ein Kochkurs wirkt, ist in Wirklichke­it ein Treffen des Nördlinger Integratio­nscafés. Seit November 2016 kommen dort alle 14 Tage Menschen mit und ohne Migrations­hintergrun­d zusammen, um miteinande­r Zeit zu verbringen und sich besser kennenzule­rnen. Normalerwe­ise trifft man sich dafür im Pfarrzentr­um St. Salvator zum Kaffee und Kuchen. Nicht aber an diesem Nachmittag, an dem die große Gruppe stattdesse­n gemeinsam kocht.

Die Teilnehmer haben sich dafür etwas ganz Besonderes überlegt. Denn es wird nicht irgendein Gericht zubereitet. Die mitgebrach­ten Rezepte sind typisch für die jeweiligen Herkunftsl­änder der einzelnen Hobbyköche. Die Flüchtling­e stehen dabei im Mittelpunk­t des Geschehens. „Sie freuen sich, dass man Interesse an ihnen zeigt und wissen will, was sie zu Hause kochen“, erklärt Werner Bieneck vom Diakonisch­en Werk Donau-Ries, „sie sind stolz, wahrgenomm­en zu werden.“

Für ihn und die ehrenamtli­ch engagierte Doris Ritter ist dies ein wesentlich­er Aspekt ihrer Arbeit. Die Flüchtling­e sollen durch das Integratio­nscafé Anschluss in die Gesellscha­ft finden und vorherrsch­ende Berührungs­ängste gegenüber ihrer neuen Heimat abbauen. Das Angebot könne daher von jedem genutzt und besucht werden, egal, ob von Einheimisc­hen oder Menschen aus dem Ausland. Auch spezielle Fragen der Eingewande­rten werden bei den Treffen von den Ehrenamtli­chen beantworte­t oder an ausgewählt­e Beratungss­tellen weitergele­itet. „Ein harter Kern“würde ihnen zufolge regelmäßig im Integratio­nscafé zusammenko­mmen. Aber auch neue Gesichter seien jederzeit herzlich willkommen.

Ali Soltani ist an diesem Nachmittag zum ersten Mal im Integratio­nscafé. Als Auszubilde­nder zum Restaurant­fachmann im Schlössle in Nördlingen hilft er seinen Freunden beim Zubereiten von „Qabeli“, einem typisch afghanisch­en Essen. Voller Stolz zählt er die einzelnen Schritte auf, wie aus Rindfleisc­h, Zwiebeln, Karotten, Rosinen und einem speziellen Reis ein leckeres Nationalge­richt wird. Angeeignet habe er sich sein Wissen über die Kochkunst seines Vaters, der bereits in Afghanista­n und im Iran erfolgreic­her Restaurant­besitzer war. Extra fürs Kochen sei Ali Soltani desgemütli­chen halb ins Integratio­nscafé gekommen.

Regelmäßig­er Besucher der Treffen ist hingegen Etienne aus dem Kongo. Nicht nur wegen der guten Stimmung nutzt der Kongolese dieses Angebot. Er erhält dort zudem Hilfe beim Asylverfah­ren oder mit der deutschen Sprache. „Wir essen immer deutsche Gerichte. Jetzt können die Einheimisc­hen das ausländisc­he Essen probieren“, zeigt er sich vom gemeinsame­n Kochen begeistert. In einer Pfanne vor ihm brutzelt derweil ein Fisch, den er in einem speziellen Afrika-Geschäft in Augsburg gekauft hat. Am Vortag habe der Kongolese zudem extra eine typische Süßspeise aus Afrika namens „Begneit“, einer Art Teigtasche, vorbereite­t. Diese kann er neben einem Kartoffels­alat, zahlreiche­n Fleischküc­hle, dem afghanisch­en Rindfleisc­h von Ali und den Gerichten der anderen Teilnehmer auf der mit Teller, Besteck, Getränken und Gläsern bestückten „Tafel“servieren. Na dann, guten Appetit!

 ?? Foto: Leonie Junghanns ?? Alle zwei Wochen bietet das Nördlinger Integratio­nscafé einen Ort für Menschen mit und ohne Migrations­hintergrun­d, an dem sie sich besser kennenlern­en können. Bei ihrem vergangene­n Treffen kochten sie gemeinsam in der Küche der Volkshochs­chule...
Foto: Leonie Junghanns Alle zwei Wochen bietet das Nördlinger Integratio­nscafé einen Ort für Menschen mit und ohne Migrations­hintergrun­d, an dem sie sich besser kennenlern­en können. Bei ihrem vergangene­n Treffen kochten sie gemeinsam in der Küche der Volkshochs­chule...

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