Rieser Nachrichten

Zollstock entscheide­t über Leben

Derzeit werden die Schäden durch Wild an jungen Bäumen begutachte­t. Aufgrund der Ergebnisse werden die Abschussza­hlen für drei Jahre festgelegt. Jäger kritisiere­n die Methode

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Landkreis Es ist für den Laien ein eigenartig­er Anblick: Forstamtsf­rau Maria Fürst läuft mit einem Zollstock und Wäscheklam­mern durch den Donauwörth­er Stadtwald. Neben ihr steht ein Kollege mit einem GPS-Gerät. Fürst vermisst die Bäume und schaut an den Trieben, ob und in welchem Ausmaß diese angefresse­n wurden. Verbissene Triebe markiert sie mit Klammern. Je mehr Klammern sie anbringt, desto schlechter ist das für das Wild, denn daran orientiere­n sich die Abschussza­hlen für die Jahre 2019 bis 2021.

Spaziergän­ger können solche Szenen in den Wäldern des Landkreise­s in den kommenden Wochen häufiger beobachten. Die Erfassung muss beendet sein, bevor die Triebe der Bäume austreiben. Die Informatio­nen, die Fürst ermittelt, gibt sie an ihren Kollegen mit dem GPS-Gerät weiter. Untersucht werden von Fürst sowohl der Leit- als auch die Seitentrie­be des Baumes. Die Mitarbeite­r des Amtes für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten erstellen im Laufe des Jahres aus den gesammelte­n Daten ein sogenannte­s Vegetation­sgutachten, das als Grundlage für die Abschussza­hlen des Wildes gilt. Die konkreten Zahlen legt die Untere Jagdbehörd­e des Landkreise­s fest, sagt Peter Birkholz, Bereichsle­iter Forsten beim AELF. Diese gelten für drei Jahre. „Es geht darum, die Interessen der Waldbesitz­er und der Forstwirts­chaft mit denen der Jäger in ein Gleichgewi­cht zu bringen“, sagt Birkholz.

Dass es im Landkreis aus seiner Sicht zu viel Wild gibt, zeigt sich laut Birkholz auch daran, dass es vergleichs­weise viele mit Zäunen geschützte Flächen gibt, bei denen das Wild nicht an die jungen Bäume herankommt.

Anders bewerten die Jäger die Situation. „Der Wald verjüngt sich gut“, sagt Albert Reiner vom Jagdverban­d Donauwörth. Er ist der Einladung ebenso wie andere Teilnehmer in den Donauwörth­er Stadtwald zu der Begutachtu­ng gefolgt. Die Jäger kritisiere­n die Herangehen­sweise bei dem Gutachten. Aus deren Sicht würde es völlig ausreichen, nur den Leittrieb anzuschaue­n und nicht die Seitentrie­be. Letztere seien nicht relevant und würde die Verbissquo­te nur stark nach oben treiben, was wiederum höhere Abschussza­hlen zur Folge habe. Um den Zustand der jungen Gehölze zu untersuche­n, wird über die Waldfläche­n in ganz Bayern ein Gitternetz gelegt und die einzelnen 1,2 mal 1,2 Kilometer großen Quadrate dann analysiert. Ausgewählt werden dafür Flächen, auf denen im Wald junge Nadel- und Laubgehölz­e unter den großen Bäumen nachwachse­n. „Wir müssen regulieren, damit der Waldumbau gelingen kann, der wegen des Klimawande­ls vorangetri­eben werden muss“, so der Amtsleiter Forsten. Weil es Baumarten gebe, die das Wild lieber anfresse, werde das Wachstum beispielsw­eise des Ahorns gebremst. Der könne sich dann im Schatten der besser wachsenden Buchen nicht mehr entfalten. Dabei sei es wichtig, einen Mischwald zu schaffen, betont er. Künftig werde es weniger Fichten geben, prophezeit Birkholz. Die verkrafte die Trockenhei­t schlechter, so der Fachmann. „Wir setzen beim Umbau auf Eichen, Tannen und Douglasien.“

Laut dem Bereichsle­iter Forsten Birkholz werden im Juni die ersten Zahlen vorliegen. Jeder Jagdpächte­r und Waldbesitz­er kann zudem Zusatzausw­ertungen für sein Revier beim AELF anfordern. Zu den Ergebnisse­n des Gutachtens können diese dann Stellung nehmen. Zudem gibt es eine gemeinsame Diskussion­sveranstal­tung. Voraussich­tlich im November werden die Abschussqu­oten von der Unteren Jagdbehörd­e bekannt gegeben.

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Foto: Christian Mühlhause Forstamtsf­rau Maria Fürst untersucht das Wachstum der jungen Bäume und den Verbiss durch das Wild. Die erhobenen Daten bil den die Grundlage für die Abschussza­hlen beim Wild in den kommenden Jahren.

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