Zurück ins Gefängnis
Im Strohmannprozess werden die Angeklagten schuldig gesprochen. Für die Kammer am Landgericht ist eines sicher: Der Firmenchef muss wieder hinter Gitter
Ein Rieser ist gestern in Augsburg zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Der 60-Jährige war schon einmal in Haft. Wie der Richter sein Urteil begründete
Augsburg Für den Vorsitzenden Richter Wolfgang Natale bestehen keine Zweifel: Der 60-jährige Rieser, der im Mittelpunkt des Nördlinger Strohmanprozesses steht, ist schuldig, genau wie sein Anwalt. Der 60-Jährige, der dem Gericht zufolge damals Firmenchef war, muss für drei Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Der Anwalt wird zu einer Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren auf Bewährung verurteilt. Die Bewährungszeit liegt bei drei Jahren. Er muss die rund 57 600 Euro zurückzuzahlen, die über seine Konten und Kassen gelaufen sind. Außerdem muss er als Auflage 15 000 Euro an drei gemeinnützige Einrichtungen geben.
„Schlimmer geht’s eigentlich nicht mehr“, sagte Natale über den verurteilten Chef. Denn der Rieser war kaum von seiner ersten Haftstrafe entlassen, da wurde er wieder Der Richter geht deswegen auch davon aus, dass es wegen der „Rückfallgeschwindigkeit“nicht zu einer vorzeitigen Entlassung kommen wird.
Anders, als der 60-Jährige behauptete, war er dem Gericht zufolge definitiv faktischer Geschäftsführer. Diverse Kriterien sprechen in den Augen des Vorsitzenden Richters des Schöffengerichts dafür. Der 60-Jährige habe Handwerker beauftragt und kein Geldtransfer sei ohne ihn abgewickelt worden – typische Handlungen eines Chefs. Er soll zudem ein Motiv gehabt haben, sich nicht als richtigen Geschäftsführer eintragen zu lassen: Weil er 2010 wegen einer ähnlichen Strafe einsaß, durfte er keinen Betrieb führen. „Ihm blieb nichts anderes übrig, als einen Gesellschafter zu suchen“, sagte Natale. Sein Strohmann, der sich als Geschäftsführer eintragen ließ, habe anfangs noch nicht einmal im Betrieb gearbeitet. Lediglich die letzte Zeugin habe gesagt, dass der Rieser definitiv nicht der Chef war. Natale sagte, wie schon die Staatsanwältin andeutete, dass diese Aussage „eindeutig falsch“gewesen sei, gar eine „präparierte Aussage“. Kurz vor dem Zeugentermin hatte sie mit dem Angeklagten telefoniert.
Als faktischer Geschäftsführer habe der Angeklagte Pflichten verletzt. Er hat nach weiteren Angaben genau gewusst, dass er für die Buchführung und die Bilanzen zuständig ist. Dazu kommt Insolvenzverschleppung, Arbeitnehmehrbeiträge der Sozialversicherung zahlte er nicht. Doch statt ein Insolvenzverfahren zu eröffnen, seien mithilfe des Kontos seines Anwalts weiter Rechnungen bezahlt worden. Beiden sind schuldig des Bankrotts und des Beiseiteschaffens des Vermögens des früheren Steuerberaters.
Natale sagte in seiner Urteilsbegründung, dass der Anwalt ebenfalls ganz genau gewusst habe, dass sostraffällig. wohl sein Mandant als auch der Betrieb pleite gewesen seien. „Er hat sein Konto für Geldtransfers zur Verfügung gestellt“, sagte der Richter. In der 10. Strafkammer habe man über dieses Vorgehen mit „Nichtjuristen“gesprochen, die gesagt hätten, „ja, das stinkt“. Die Schriftstücke über diverse Geldbewegungen seien über die sogenannten Handakten gelaufen, die besonders geschützt sind und beispielsweise nicht beschlagnahmt werden können. Weil er somit laut Richter seinen Beruf ausgenutzt und das Vertrauen in die Rechtsordnung erschüttert hat, wäre auch ein Berufsverbot denkbar gewesen. Allerdings geht das Gericht davon aus, das sich der Anwalt altersbedingt zurückzieht. Außerdem sehe er im Nachgang ein, dass einige Dinge nicht in Ordnung waren.
Die beiden Parteien können nun in Revision gehen. Dafür haben sie eine Woche Zeit.