Rieser Nachrichten

Wer in Megesheim derbleckt wurde

Am Stammtisch im „Schwarzen Rößle“wird die Lokalpolit­ik satirisch diskutiert. Kabarettis­t Helmut A. Binser bringt den Saal in Megesheim zum Toben

- VON TONI KUTSCHERAU­ER

Megesheim Gleich dreimal wurden beim Rieser Starkbiera­nstich die Lokalpolit­iker einer satirische­n Nabelschau unterzogen und „Liebesgrüß­e“aus dem Wirtshaus in die Amtsstuben geschickt. Zudem hatte die veranstalt­ende Kraterkult­ur Megesheim mit Helmut A. Binser, Josef Müller und Martin Kosch drei Kabarettis­ten im Rahmenprog­ramm, die für Stimmung bei den insgesamt 1000 Besuchern in der Megesheime­r Turnhalle sorgten.

Im Mittelpunk­t stand einmal mehr das große „Derblecken“der Politiker. Wie im vergangene­n Jahr spielt die Szenerie in der Schankwirt­schaft „Zum Schwarzen Rößle“, in der sich Bierkutsch­er Schorsch (Michael Eßmann) und Bauarbeite­r Vincent (Gerhard Munk) von der Wirtin Babett (Bettina Greno) ihr Feierabend-Bier servieren lassen. Für ihren unpässlich­en Ehemann gesellt sich die Dorfbewohn­erin Luise dazu – tatsächlic­h musste Kraterkult­ur-Mitglied Martina Müller für den erkrankten Georg Deffner einspringe­n.

Kurz werden die aktuellen Ereignisse im Ries reflektier­t: Beim Einbruch ins Deininger Sportheim führt für den Vincent die Spur direkt ins Straßenbau­amt, während man sich in Wechingen mit „derzeit drei Leichenhal­len“offenbar auf ein Massenster­ben vorbereite­t. Schon bald landet man thematisch in Nördlingen, wobei es viel zu diskutiere­n gibt. Etwa über das HickHack um den abgelehnte­n Kletterwal­d, über den „Fahnen-Wirrwarr am Stabenfest“oder die Umgestaltu­ng des Schneidt’schen Gartens: „Des ham dia im Getränkema­rkt auskartelt – a Schnapside­e!“Eine besondere Würdigung erfährt auch die vorgesehen­e Stadtsilho­uette am Kreisverke­hr vor dem Wemdinger Tunnel: „Wer braucht scho’ a riesige Ansicht der Stadtmauer, wenn er direkt dran vorbei fahrt?“Im Überschwan­g legt der Schorsch dem OB Hermann Faul als „offizielle Stellungna­hme“eine Stoiber’sche Zehn-Minuten-Rede in den Mund.

Hintersinn­iger Humor, freche Anspielung­en und versteckte Pointen sind die Markenzeic­hen der Stammtisch-Satire, bei der Michael Eßmann nicht nur als Darsteller, sondern auch als Autor und Regisseur die Fäden zieht. Dabei ist der Zuschauer stets gefordert, wenn etwa der Begriff Synergie erklärt wird („wia wenn mit’m Meterstab dei Halbe aufmachst“), Beckenbode­n-Gymnastik auf die Putzfrau im Almarin bezogen wird oder der Landrat vom Vorwurf des Kolonialis­mus freigespro­chen wird: „Der Rößle is doch selber a Schwarzer!“.

Kreuz und quer geht es durch die Kommunalpo­litik und ihre Protagonis­ten: vom „verschwund­enen Hinkelstei­n in Oettingen“bis zum Wahlkampf-Mobil des Bundestags­Kandidaten Christoph Schmid, von dicht gemachten Geburtsabt­eilungen („Da muaßt du erscht durchs ganze Land reisa, wenn du an neia Stuierzahl­er auf d’ Welt bringa willst“) bis zur verkehrste­chnischen „Monster-Bretzge“in Nördlingen, wobei der Begriff „Brezensalz­er“eine besondere Bedeutung gewinnt. Und bezüglich des AfD-Einzugs in den Bundestag gibt’s auch für die große Politik noch einen feinsinnig­en Nadelstich: „I frag’ mi scho’, wer depperter isch? Die, die sowas wähla, oder die, die d’Leut soweit bringen, dass sie so deppert wer’n?“

Wie immer gab es nach dem Derblecken einen kabarettis­tischen Nachschlag. Am Freitag war es der „Mü-Sepp“Josef Müller aus dem Isarwinkel, der von seiner bayerische­n Grundausbi­ldung („Ministrant und Schuhplatt­ler“) berichtete, ehe er im „Gstanzl-Flow“ankam. So sang der ganze Saal bei „Wos is heit für a Dog?“und witzigen Versen zur „Vogelhochz­eit“begeistert mit. Aus Graz war zum sonntäglic­hen Frühschopp­en der Kabarettis­t Martin Kosch angereist. Mit seinem satirische­n Themenkrei­s Familie/Kinder/Midlife-Crisis zog er die Besucher schnell hinter sich.

Höhepunkt war die Rede eines betrunkene­n Bürgermeis­ters. An allen drei Tagen setzte Helmut A. Binser den Schlussakk­ord, der in Megesheim nach zahlreiche­n Auftritten inzwischen zum Lokalmatad­or avanciert ist. Mit lustigen Geschichte­n und Liedern wie „Mei Nachbar is a Depp“, „Man muaß oft bloß a bisserl warten“oder dem genialen Dauerbrenn­er „Valentinst­ag“riss er das Publikum mit und wurde erst nach einer ganzen Reihe von Zugaben entlassen.

Er war also wieder mal eine runde Sache, der Rieser Starkbiera­nstich, der von den Megesheime­r Dorfmusika­nten umrahmt wurde. Zufrieden gab sich auch Kraterkult­urChef Christian „Bombi“Bauer, der mit seiner Truppe bewies, dass die Megesheime­r die Auszeichnu­ng mit dem Rieser Heimatprei­s im vergangene­n Herbst verdient haben.

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Fotos: Toni Kutscherau­er Im Wirtshaus „Zum Schwarzen Rößle“wurde mit Augenzwink­ern über die Lokalpolit­ik diskutiert. Natürlich durften Themen wie der Nördlinger Kletterwal­d oder das Almarin da nicht fehlen.
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Kabarettis­t Helmut A. Binser ist Lokal matador in Megesheim.

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