Auf Stoibers Spuren
VHS Jubiläum Winfried Bürzle präsentiert seine Show „Sprechschaden“im Klösterle. Welche praktischen Tipps der Rhetorik-Coach für die Besucher bereithält.
Nördlingen Wer hat sich noch nicht köstlich amüsiert, wenn ein Nachrichtensprecher, eine Moderatorin oder ein Politiker sich vor Kamera oder Mikrofon ordentlich blamierten, weil ihnen die Worte durcheinander geraten waren? Für derartige „Sprechschäden“lieferte Winfried Bürzle in seiner gleichnamigen Show den rund 300 Besuchern im Stadtsaal Klösterle eine „heitere Reparaturanleitung“. Der Hörfunkjournalist, Schauspieler und Rhetorik-Coach war damit einer Einladung zum 70-jährigen Jubiläum der Rieser Volkshochschule gefolgt.
Mit witzigen Beispielen aus schlecht übersetzten Bedienungsanleitungen („Jedes Rektalthermometer ist persönlich getestet“) legt Winfried Bürzle los, um dann zum Kernfrage des Abends überzuleiten: „Wie sagt man was?“Dafür hat der Coach eine ganze Reihe von Ratschlägen parat, die er mit konkreten Beispielen untermalt: So sollte jeder Redner sicher und souverän und nicht wie eine „fleischgewordene Luftschlange“vor seinem Gegenüber stehen. Außerdem dürfen die Hände das Gesagte nicht „zerschießen“(„Tabuzone Gesicht“), daneben sollte die „Bild-Text-Schere“vermieden und die Zuhörer niemals aus dem Blick verloren werden. Eingestreute Video-Schnipsel von erregten oder verzweifelten Fußballtrainern illustrieren humorvoll die Bedeutung der Körpersprache und eine inhaltsfreie Parlamentsrede von Emil Steinberger zeigt, wie man auch mit vielen Worten wenig bis nichts sagen kann. Sogar Bundeskanzler seien davor nicht gefeit – „Angie, die Heißluft-Queen“und „Gerd, der amtierende WorthülsenWeltmeister“lassen grüßen.
„Die stärkste Waffe des Menschen ist seine Stimme“, konstatiert Bürzle und spielt sogleich eine Auswahl schlechter Sprechmuster von TV-Ansagern ein: den „Klippenspringer“und den „orgelnden Motor“, den „Bergbauer“und den „Punktbetoner.“Wichtig sei beim Sprechen der persönliche Grundton, den der Moderator die Besucher im Saal üben lässt, bevor es in die Pause geht.
Im zweiten Teil gibt Winfried Bürzle einprägsame Empfehlungen für Redner: „Ein Satz – ein Gedanke!“soll helfen, Schachtelsätze zu vermeiden. „Kompliziert denken – einfach (nicht banal) reden“sei eine Maxime von des umstrittenen Politikers, aber großen Redners FranzJosef Strauß gewesen. In diesem Zug darf natürlich die Mutter aller Negativ-Beispiele nicht fehlen: die legendäre Zehn-Minuten-Rede von Edmund Stoiber subsumiert in 58 Sekunden alle nur erdenklichen vortragstechnischen Katastrophen („Sie steigen in den Hauptbahnhof ein …“).
Über die Bedeutung von Tonfall und Klang, über einen wirren, von Anglizismen überfrachteten Satz Hilmar Koppers, über Herbert Grönemeyers ausdrucksstarke Texte bis hin zu berühmt gewordenen Versprechen pflügt sich Bürzle durch das weite Feld der Rhetorik. Ein insgesamt unterhaltsamer Abend, an dem die Besucher viel Bekanntes und so manches Neue über ein komplexes Thema erfuhren.
Allerdings hätte die Show durchaus etwas mehr Schmiss, etwas mehr Pep, etwas mehr Schwung vertragen können. Recht bieder kam der Humor daher, was sich nicht nur im finalen schwäbischen „Sparwitz“zeigte. So wurde Winfried Bürzle am Ende mit höflichem, aber verhaltenem Applaus im Klösterle verabschiedet.