Ein bewegendes Konzert
In der Oettinger St.-Jakobs-Kirche wird Bachs „Johannespassion“aufgeführt. Ein Moment berührt besonders
Oettingen Wenn es nicht so eiskalt gewesen wäre an diesem Wintersamstag in der Oettinger St.-JakobsKirche, dann hätte man sich noch intensiver erwärmen können an den ausgezeichneten Leistungen der Oberbayerischen Barocksolisten, die zusammen mit dem Kammerchor „Ensemble 12“eines der großen Meisterwerke der Musikgeschichte, Johann Sebastian Bachs „Johannespassion“, zur Aufführung brachten. Unter der Leitung von Dietmar Kreß gab es Bachs dramatische Passionsmusik als „Predigt auf historischen Instrumenten“, wie Dekan Armin Diener in seiner Begrüßung betonte. Und er forderte die Zuhörer in der leider nur halb gefüllten Kirche auf, nach dem Konzert nicht gleich zu applaudieren, sondern das Glockengeläut am Schluss abzuwarten, und erst dann den Künstlern die verdiente Anerkennung zu erweisen.
Diese kleine Finesse führte wirklich am Ende des Konzertes zu der anrührenden Situation, dass nach dem letzten verklungenen Ton eine andächtige Stille in der Kirche herrschte. Und erst nachdem die Glocken vom Turm verklungen waren, großer Beifall einsetzte und die Zuhörer sich zu Standing Ovations erhoben. Mit Recht. Denn was die Akteure boten, war aller Ehren wert.
Sehr bemerkenswert: die historische Aufführungspraxis. Will sagen, dass Chor und Orchester so klingen sollten und wollten, wie es zu Lebzeiten des berühmten Thomaskantors wohl üblich war. Selbst bei großen Orchesterwerken wirkten damals oft nur sechzehn Vokalisten mit. In Oettingen waren es zwölf, aus ihm traten vier junge Solisten vor: Franziska Zwink (Sopran), Frauke Mayer (Alt), Daniel Thomas (Tenor) und Jakob Kreß (Bass). Im Orchester agierten Spezialisten für Alte Musik auf historischen Instrumenten, sodass das Klangbild dem der Barockzeit entsprach. Dass die Musiker – wohl auch der Kälte geschuldet – das Konzert zweimal unterbrechen mussten, um ihre Instrumente neu zu stimmen, war anfangs angekündigt worden und tat der getragenen Stimmung keinen Abbruch. Zwei herausragende Solisten sangen die Rezitative: der Bass Christian Schmidt die Partie des Jesus, der Leiter des Ensembles, Alfons Brandl, übernahm die Rolle des Evangelisten. Höhepunkt war zweifellos die von Franziska Zwink wunderschön intonierte Arie „Zerfließe, mein Herze, in Fluten der Zähren“, nur unterstützt von einer barocken Querflöte und sanft unterstreichenden Holzbläsern. Gänsehaut war garantiert, und hier nicht wegen der Kälte.
Ein bewegender Samstagnachmittag, der wirklich viel mehr Zuhörer verdient hätte.