Rieser Nachrichten

Ein bewegendes Konzert

In der Oettinger St.-Jakobs-Kirche wird Bachs „Johannespa­ssion“aufgeführt. Ein Moment berührt besonders

- VON PETER URBAN

Oettingen Wenn es nicht so eiskalt gewesen wäre an diesem Wintersams­tag in der Oettinger St.-JakobsKirc­he, dann hätte man sich noch intensiver erwärmen können an den ausgezeich­neten Leistungen der Oberbayeri­schen Barocksoli­sten, die zusammen mit dem Kammerchor „Ensemble 12“eines der großen Meisterwer­ke der Musikgesch­ichte, Johann Sebastian Bachs „Johannespa­ssion“, zur Aufführung brachten. Unter der Leitung von Dietmar Kreß gab es Bachs dramatisch­e Passionsmu­sik als „Predigt auf historisch­en Instrument­en“, wie Dekan Armin Diener in seiner Begrüßung betonte. Und er forderte die Zuhörer in der leider nur halb gefüllten Kirche auf, nach dem Konzert nicht gleich zu applaudier­en, sondern das Glockengel­äut am Schluss abzuwarten, und erst dann den Künstlern die verdiente Anerkennun­g zu erweisen.

Diese kleine Finesse führte wirklich am Ende des Konzertes zu der anrührende­n Situation, dass nach dem letzten verklungen­en Ton eine andächtige Stille in der Kirche herrschte. Und erst nachdem die Glocken vom Turm verklungen waren, großer Beifall einsetzte und die Zuhörer sich zu Standing Ovations erhoben. Mit Recht. Denn was die Akteure boten, war aller Ehren wert.

Sehr bemerkensw­ert: die historisch­e Aufführung­spraxis. Will sagen, dass Chor und Orchester so klingen sollten und wollten, wie es zu Lebzeiten des berühmten Thomaskant­ors wohl üblich war. Selbst bei großen Orchesterw­erken wirkten damals oft nur sechzehn Vokalisten mit. In Oettingen waren es zwölf, aus ihm traten vier junge Solisten vor: Franziska Zwink (Sopran), Frauke Mayer (Alt), Daniel Thomas (Tenor) und Jakob Kreß (Bass). Im Orchester agierten Spezialist­en für Alte Musik auf historisch­en Instrument­en, sodass das Klangbild dem der Barockzeit entsprach. Dass die Musiker – wohl auch der Kälte geschuldet – das Konzert zweimal unterbrech­en mussten, um ihre Instrument­e neu zu stimmen, war anfangs angekündig­t worden und tat der getragenen Stimmung keinen Abbruch. Zwei herausrage­nde Solisten sangen die Rezitative: der Bass Christian Schmidt die Partie des Jesus, der Leiter des Ensembles, Alfons Brandl, übernahm die Rolle des Evangelist­en. Höhepunkt war zweifellos die von Franziska Zwink wunderschö­n intonierte Arie „Zerfließe, mein Herze, in Fluten der Zähren“, nur unterstütz­t von einer barocken Querflöte und sanft unterstrei­chenden Holzbläser­n. Gänsehaut war garantiert, und hier nicht wegen der Kälte.

Ein bewegender Samstagnac­hmittag, der wirklich viel mehr Zuhörer verdient hätte.

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Foto: Peter Urban Die Oberbayeri­schen Barocksoli­sten führten zusammen mit dem Kammerchor „Ensemble 12“die „Johannespa­ssion“von Bach auf.

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