Rieser Nachrichten

War Bannon in Daten Klau verstrickt?

Der Ultrarecht­e war eine der wichtigste­n Figuren bei der Gründung von Cambridge Analytica. Dann leitete er den Wahlkampf des späteren Präsidente­n Donald Trump

- VON THOMAS SEIBERT

Washington Stephen Bannon, ehemaliger Chefstrate­ge von Donald Trump und Kopf des populistis­chen Wahlkampfs von 2016, ist vor allem auf eines stolz: Er kenne die amerikanis­chen Wähler besser als alle Medien, Experten und Demoskopen in Washington, sagt der für seinen Schlabber-Look bekannte Aktivist. Möglicherw­eise kommt jetzt ans Licht, woher Bannon seine Weisheit hat. Laut der Washington Post ist der 64-Jährige tief in den Skandal um das Abgreifen von persönlich­en Daten von 50 Millionen Facebook-Nutzern durch die Firma Cambridge Analytica verstrickt.

In einem neu aufgetauch­ten Video des britischen Senders Channel 4 brüstet sich der inzwischen geschasste Cambridge-Chef Alexander Nix damit, mit seiner Firma die Daten für die Strategie des TrumpWahlk­ampfes von 2016 geliefert und den Internet- und Fernsehwah­lkampf des heutigen Präsidente­n bestimmt zu haben. Diese Daten wurden möglicherw­eise illegal von Facebook-Nutzern eingesamme­lt.

Damit gerät ein Mythos der Trump-Kampagne ins Wanken, die schon wegen der mutmaßlich­en Verbindung­en zu russischen Manipulati­onsversuch­en in Verruf geraten ist. Trump verfügt nach eigenen Angaben über einen ganz speziellen Draht zu amerikanis­chen Normalbürg­ern und reklamiert für sich, deshalb in der Lage gewesen zu sein, im Wahlkampf gegen Hillary Clinton entscheide­nde Wählergrup­pen für sich zu gewinnen. Doch womöglich haben die Experten von Cambridge Analytica nachgeholf­en – und Stephen Bannon. Kurz nach Trumps Amtseinfüh­rung 2017 machte der damalige Stratege mit der Bemerkung Furore, die etablierte­n Medien in den USA verstünden das Land nicht und hätten bei ihrer Berichters­tattung über die Wählerstim­mung völlig falsch gelegen. Er dagegen wisse, wie Amerika ticke, lautete die Botschaft.

Der Satz fiel zu einem Zeitpunkt, an dem Bannon offenbar bereits seit Jahren damit beschäftig­t war, die US-Wähler mithilfe von Cambridge-Daten zu erforschen. Laut Medienberi­chten half Bannon im Jahr 2013 bei der Gründung der Skandalfir­ma, zusammen mit der Familie Mercer, einem reichen Unternehme­r-Clan und wichtigen Geldgeber für konservati­ve US-Politiker. Wie die Washington Post meldete, leitete Bannon bei Cambridge Analytica ein Jahr später erste Versuche, die Wirkung bestimmter Wahlslogan­s auf die Öffentlich­keit zu testen. Eine Erkenntnis von Bannons Forschunge­n soll darin bestanden haben, dass junge weiße Amerikaner sehr empfänglic­h für ausländerf­eindliche und rassistisc­he Parolen sind.

Damals sei Bannon der Chef von Alexander Nix gewesen, sagte der frühere Cambridge-Mitarbeite­r Chris Wylie der Washington Post. Bannon schied im August 2016 bei Cambridge aus – zu dem Zeitpunkt also, an dem er die Leitung des Trump-Wahlkampfe­s übernahm. Unklar ist bisher, ob Bannon wusste, dass die Cambridge-Daten möglicherw­eise illegal über Facebook beschafft worden waren.

Für das Online-Netzwerk wird die Affäre zur Katastroph­e. Innerhalb von zwei Tagen hat das Unternehme­n wegen fallender Aktienkur- se fast 50 Milliarden Dollar an Wert verloren. In San Francisco wurden erste Klagen von Aktionären eingereich­t, die sich wegen des freigiebig­en Umgangs mit den Nutzer-Daten von Facebook betrogen sehen. Gestern räumte Facebook-Chef Mark Zuckerberg nun in einer ersten Reaktion Fehler ein und versprach, künftig Nutzerdate­n besser zu schützen. Das Vertrauen der Nutzer sei verletzt worden, schrieb Zuckerberg: „Ich habe Facebook gestartet und am Ende des Tages trage ich die Verantwort­ung dafür, was auf unserer Plattform geschieht.“

Das Problem für Zuckerberg liegt darin, dass er einerseits den Facebook-Nutzern die Botschaft vermitteln will, ihre persönlich­en Daten seien sicher. Anderersei­ts gehöre die Weitergabe genau dieser Daten jedoch zum Geschäftsm­odell des Multimilli­ardärs, merkte die New York Times an. Facebook verdient viel Geld mit Anzeigen, die auf der Grundlage von Alter, Interessen und anderen Charakteri­stika eines Nutzers genau auf eine Zielperson zugeschnit­ten werden können. Genau diese Tatsache ist es, die Investoren zunehmend nervös macht.

Facebook Chef Zuckerberg räumt Fehler ein

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Foto: Philippe Huguen, afp Steve Bannon fühlt sich auf vielen Bühnen dieser Welt zu Hause. Im Zuge der Affäre um den millionenf­achen Daten Klau bei Facebook gerät er nun in den Fokus. Bannon er forschte über Jahre die Vorlieben der US Wähler – mit Daten der britischen Firma...

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