Rieser Nachrichten

Asyl Erstaufnah­me zieht um

Seit langem ist die Situation in der Donauwörth­er Einrichtun­g angespannt. 2019 wird sie geschlosse­n. Stattdesse­n gibt es einen neuen Standort im Allgäu. Dort ist man überrascht

- VON STEPHANIE SARTOR, PETER JANUSCHKE UND BARBARA WÜRMSEHER

Donauwörth Fliegende Flaschen und Stühle. Polizisten, die mit kochendem Wasser und mit Eisenstang­en bedroht wurden. Und am Ende 30 festgenomm­ene Flüchtling­e. Durch die Randale war die Asyl-Erstaufnah­meeinricht­ung in Donauwörth erst vor wenigen Tagen in den Fokus der Öffentlich­keit gerückt. Innenminis­ter Joachim Hermann reiste an und versprach mehr Sicherheit­skräfte. Gestern meldete sich nun die Kommunalpo­litik zu Wort und gab bekannt: Die Unterkunft, in der die Situation seit Monaten angespannt ist, wird zum 31. Dezember 2019 geschlosse­n und in Kempten neu eingericht­et.

An diesem Plan haben Landrat Stefan Rößle, Donauwörth­s Oberbürger­meister Armin Neudert und der Landtagsab­geordnete Wolfgang Fackler seit Monaten gearbeitet. Nun hat Sozialstaa­tssekretär Johannes Hintersber­ger den Politikern die Schließung fest zugesagt – eine seiner letzten Amtshandlu­ngen. Denn seit Söders Kabinettsu­mbildung ist Hintersber­ger nicht mehr Teil der Staatsregi­erung.

Die intensiven Gespräche mit dem Sozialmini­sterium haben nicht nur zur Schließung der Erstaufnah- me geführt, sondern auch zu einer Grundsatze­ntscheidun­g. „Staatssekr­etär Hintersber­ger hat uns zugesagt – auch schriftlic­h fixiert –, dass es im Anschluss keine Erstaufnah­meeinricht­ung mehr im Landkreis geben wird – auch nicht an anderer Stelle“, äußert sich Landrat Rößle in einer Pressemitt­eilung. Die nun getroffene Vereinbaru­ng sieht vor, dass der Landkreis für den Wegfall der Einrichtun­g in der ehemaligen Kaserne mit 1000 Plätzen landkreisw­eit 500 neue Plätze schafft – allerdings eben nicht in einer Großunterk­unft, sondern in mehreren dezentrale­n Einrichtun­gen. Vorzugswei­se geht es dabei um anerkannte Flüchtling­e und um Asylbewerb­er in Gemeinscha­ftsunterkü­nften. Für Oberbürger­meister Neudert ein Erfolg. „Es ist der Charakter einer Erstaufnah­meeinricht­ung mit vielen hundert untergebra­chten Menschen, die uns Schwierigk­eiten insbesonde­re auch in großen Teilen des Stadtgebie­tes macht und machte.“

Dass Schwabens einzige Erstaufnah­meeinricht­ung eines Tages nach Kempten kommt, ist nicht neu. Diese Entscheidu­ng fiel bereits 2016. Die Stadt willigte damals in das Vorhaben ein, weil sie eine von der Bundeswehr aufgegeben­e Artillerie­kaserne zur Ansiedlung zukunftstr­ächtiger Unternehme­n nutzen will – der Zuschlag dafür wurde ihr nur unter der Bedingung zugesicher­t, dort auf etwa einem Viertel der Fläche einer Erstaufnah­me zuzustimme­n. Und zwar für einen Zeitraum von zehn Jahren. Trotzdem ist man in Kempten aufgrund der bekannten Schwierigk­eiten alles andere als begeistert, am nördlichen Stadtrand eine Erstaufnah­meeinricht­ung zu bekommen.

Vom konkreten Startzeitp­unkt im Dezember 2019 wurde die Stadt gestern überrascht, sagte Oberbürger­meister Thomas Kiechle. Allerdings nicht unangenehm, „denn wir hatten damit gerechnet, dass es schon 2017 losgeht“. Im Kemptener Erstaufnah­melager könnten bis zu 1000 Flüchtling­e Platz finden, um die 1000 leben schon jetzt als Asylbewerb­er in verschiede­nen Unterkünft­en der Stadt. Zu Vorfällen und Polizeiein­sätzen kommt es auch dort immer mal wieder.

Die neue Einrichtun­g wird aus gut erhaltenen Kasernenge­bäuden bestehen und vom Rest des Geländes mit einem Zaun abgegrenzt. Im Hinblick auf die Donauwörth­er Ereignisse war Kiechle gestern folgende Äußerung wichtig: „Wir werden das alles mit hoher Konzentrat­ion begleiten.“Was heißt das konkret? Für den Oberbürger­meister hat „die Zusammenar­beit mit der Polizei hohe Priorität“. Bei aller vorsorglic­hen politische­n Positionie­rung hofft Kiechle darauf, dass es keine Probleme beim Betrieb geben wird. Die Stadt sei ohnehin kaum direkt in der Pflicht: Von den baulichen Vorbereitu­ngen, die voraussich­tlich in Kürze beginnen, bis hin zum dauernd präsenten Sicherheit­sdienst sei alles Sache des Freistaats und daher in der Umsetzung Angelegenh­eit der Regierung von Schwaben.

Abschließe­nd legte Kiechle auf eines ganz besonderen Wert: Mit dem Sozialmini­sterium sei ein maximaler Zeitraum von zehn Jahren verbindlic­h vereinbart worden – „wohlgemerk­t nicht ab Bezug des Lagers, sondern ab Abschluss der Vereinbaru­ng“. Auch in Kempten ist also spätestens 2026 Schluss.

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Archivfoto: Ralf Lienert Die Artillerie­kaserne in Kempten wird Schwabens neue Erstaufnah­meeinrich tung.

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