Rieser Nachrichten

Vom Messdiener zum TV Kommissar

Schauspiel­er Erol Sander über seinen Glauben, seine Kindheit, seine Heimat München und Istanbul

- Erol Sander: Erol Sander

Herr Sander, in „Mordkommis­sion Istanbul“nehmen Sie es als Kommissar Özakin mit Intrigen, Korruption und Mord in der Türkei auf. Ist diese Rolle für Sie etwas Besonderes?

Ja, es ist tatsächlic­h etwas Besonderes. Also nach zehn Jahren ist das schon unglaublic­h. Ich habe ja meine Ursprünge, das Land, aus dem meine Mutter und mein Vater stammen, nicht gekannt. So habe ich die Türkei erst durch die Filme entdeckt, denn eigentlich bin ich ja Münchner.

Im heutigen Teil geht es um den Tod eines Top-Managers und der Verdächtig­e ist ein Bau-Tycoon und bis in höchste Kreise gut vernetzt. Das klingt ziemlich realistisc­h, oder?

Sander: Das ist aber nicht nur in der Türkei realistisc­h, sondern in fast jedem Land. Denn es gibt gerade in der Immobilien­branche immer wieder schwarze Schafe. Denken Sie an die USA, als dort die Immobilien­blase platzte. Aber es ist ein interessan­tes Thema.

Sie haben Politik studiert. Die Türkei ist wegen ihres Staatschef­s Erdogan politisch umstritten. Wie schätzen Sie die Lage am Bosporus ein?

Sander: Also, ich maße mir nicht an, über die Politik in der Türkei zu urteilen. Ich bin ja Schauspiel­er und für Unterhaltu­ng zuständig.

Haben Sie angesichts der Terrorgefa­hr keine Angst beim Drehen in der Türkei?

Sander: Nein. Ich habe da keine Angst. Der Terror ist ja auf der ganzen Welt hochaktuel­l, auch in London, Paris oder Berlin. Ein Attentat kann nicht nur in Istanbul passieren. Und wir sollten uns von so radikalen Menschen nicht einschücht­ern lassen. Sie sind in Istanbul geboren, leben aber in München. Wo fühlen Sie sich daheim?

Sander: Zu Hause ist für mich Minga. Da bin ich aufgewachs­en, hier fühle ich mich daheim. In der Türkei liegen meine Ursprünge, da kommen meine Mutter und mein Vater her. Ich kriege auch immer wieder Gänsehaut, wenn ich in der Türkei bin und das Land erlebe.

Sie sind mit fünf Jahren nach Deutschlan­d gekommen. Welche Erinnerung­en haben Sie an die erste Zeit in der Türkei?

Sander: Ach, ich habe da ganz gute Erinnerung­en. Da waren der Onkel, die Omas, die Cousinen. Das war, so schätze ich, schon eine schöne Zeit. Aber da erinnere ich mich halt nur noch an die Lichtblick­e.

Was sprechen Sie eigentlich besser: Türkisch oder Bayerisch?

Sander: Ich würde sagen: Bayerisch.

Sie waren auf einer Klostersch­ule am Chiemsee. Wie darf man sich das vorstellen?

Sander: Meine Mutter war alleinsteh­end, stand Vollzeit im Berufslebe­n und musste zwei Kinder durchbring­en. Da war es naheliegen­d, Hilfe zu suchen. Sie wollte mich aber nur an jemand geben, zu dem sie auch Ver- trauen hat. Und Klostersch­western kann man vertrauen. Da war ich dann für zwei Jahre auf der Schule.

Sie waren zwei Jahre Ministrant. Sander: Nein, nur ein Jahr. Und ich habe es auch nicht jede Woche gemacht. Wir waren damals abwechseln­d an der Reihe. Die Schwester Paula, die sich um mich gekümmert hat, sagte mir damals: Du musst die gleichen Aufgaben übernehmen wie die anderen Kinder auch. So war ich plötzlich Messdiener. Ich habe das ausprobier­t und es war schön.

Glauben Sie denn an Gott?

Sander: Ich glaube an keine Religion. Aber ich glaube, dass es einen Gott gibt, der das Gute für uns alle will. Es gibt ungezählte Theologen, die den Glauben an Gott auslegen. Denen möchte ich mich aber nicht anschließe­n. Ich glaube, dass es einen Gott gibt, der über allen Religionen steht.

Wie gut kennen Sie sich eigentlich wirklich in Istanbul aus?

Sander: Heute kenne ich mich zumindest besser aus als vor elf Jahren (er lacht). In zehn Jahren Dreh für das Erste Deutsche Fernsehen in der Türkei kommt man auch in Gegenden, die man ansonsten nie gesehen oder erlebt hätte. Man kriegt diese ganzen kleinen Ecken und Kanten dieser Stadt mit ihren fast 18 Millionen Einwohnern mit. Da gibt es viel zu entdecken.

Was dürfen denn Touristen in Istanbul keinesfall­s verpassen?

Sander: Natürlich die Hagia Sophia, das ist ganz wichtig. Und natürlich am Taksimplat­z ein bisserl herumstreu­nen. Dann am Bosporus ein Schiff nehmen, mal richtig türkisch essen gehen. Einen Original-Döner, der hier Iskender heißt, beispielsw­eise. Der Erfinder davon hat hier ein Restaurant. Dann die Blaue Moschee, der Basar, ja, Istanbul ist eine wunderschö­ne orientalis­che Stadt, die man auch an einem Wochenende im Kurzurlaub erleben kann.

Und was sind Ihre Lieblingsp­lätze in München?

Sander: Der Englische Garten natürlich, die Altstadt. Ich liebe es, über den Marienplat­z zu laufen. Im Sommer bin ich sehr gerne an der Isar. Dort ist es einzigarti­g. Da kann man mit dem Fahrrad in Richtung Berge fahren und es ist herrlich zu sehen, wie das Wasser immer klarer wird.

Es heißt, Sie seien ein sehr sportliche­r Mensch. Wahr oder nicht?

Sander: Ich war einer. Ich bin ja schon fast 50 und Sport mache ich auch noch. Aber nichts Besonderes. Die sieben Jahre in Bad Segeberg darf man nicht vergessen, als ich bei den Karl-May-Festspiele­n alle Stunts selber gemacht habe. Ich bin ruhiger geworden, aber es ist noch was da.

Sie waren Model und wurden lange Zeit auf Ihr Äußeres reduziert. Passiert das immer noch?

Sander: Klar, beim Modeln geht es ja darum. Nach all den Jahren Schauspiel­erei glaube ich, nicht mehr auf das Äußere reduziert zu werden.

Interview: Josef Karg

● ist lediglich ein Künstlerna­me. Eigentlich heißt der 1968 in Istanbul geborene Schau spieler Urçun Salihoglu. Im Januar wurde Sander wegen Drogenbesi­tzes zu einer Geldstrafe verurteilt. Ein Verfahren wegen häuslicher Gewalt wurde eingestell­t.

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Foto: Uwe Zucchi, dpa Erol Sander ermittelt heute Abend wieder in der ARD Serie „Mordkommis­sion Istan bul“.

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