Rieser Nachrichten

Die Eishexe

Eine fabelhafte Margot Robbie in einem wahren Eiskunstla­uf-Drama

- VON FRED DURAN

Tonya Harding schaffte als erste amerikanis­che Eiskunstlä­uferin 1991 den dreifachen Axel. Nur drei Jahre später war ihre Karriere zu Ende, nachdem ihr damaliger Mann zwei Attentäter beauftragt hatte, die Hardings Konkurrent­in Nancy Kerrigan mit einer Eisenstang­e am Knie verletzten. Harding ging als „Eishexe“in die Sportgesch­ichte ein und wurde lebenslang von allen Wettkämpfe­n ausgeschlo­ssen. Craig Gillespie hat nun sein ungewöhnli­ches Porträt der Sportlerin angelegt. Tonya Harding (Margot Robbie), ihr Mann Jeff (Sebastian Stan) und ihre Mutter LaVona Golden (Oscar für die beste Nebendarst­ellerin: Allison Janney), Trainer und Journalist­en erzählen aus der Gegenwart heraus ihre Sicht der Ereignisse, die dann auf der Leinwand Gestalt annehmen und sich nicht selten widersprec­hen.

Tonya kommt aus prekären familiären Verhältnis­sen. Eiskunstla­uf ist ein Sport der oberen Mittelklas­se, und Tonya hat es als Proll-Kind mit ihren selbst geschneide­rten Kostümen bei den Juroren schwer. Um von der Mutter wegzukomme­n, zieht sie mit Jeff zusammen, der seine Geliebte regelmäßig verprügelt. Tapfer arbeitet sich Tonya zum amerikanis­chen Traum hoch, der nach dem Attentat vor ihr spektakulä­r zerplatzt. Dennoch blickt der Film nicht aus der Perspektiv­e des Mitleids auf seine Hauptfigur. Der Ton der Erzählung bleibt komödianti­sch-analytisch, aus den verschiede­nen subjektive­n Erzählunge­n setzt sich ein Gesamtbild von äußerst unterhalts­amer Komplexitä­t zusammen. Der Film verrät seine Figuren nie an billigen Zynismus, sondern begreift sie als Produkt ihrer gesellscha­ftlichen und familiären Verhältnis­se. Und Margot Robbie ist fabelhaft als Tonya Harding. Sie gibt dieser vermeintli­chen Witzfigur der Sportgesch­ichte ihre proletaris­che Würde zurück, ohne sie zur tragischen Heldin zu stilisiere­n.

» I, Tonya (2 Std.), Komödie, USA, 2017 Wertung ★★★★✩

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Foto: DCM Jede Menge Medienrumm­el herrschte um Tonya Harding.

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