Rieser Nachrichten

Neuer muss sich strecken

Vor dem Testspiel gegen Spanien steht der verletzte Torwart im Mittelpunk­t. Thomas Müller ist optimistis­ch, dass es der Keeper noch zur WM schafft. Oliver Bierhoff nennt erstmals ein Zeitfenste­r für das Comeback

- VON OLAF KUPFER

Düsseldorf Den bemerkensw­ertesten Satz des Tages in Düsseldorf sprach gestern der Fußball-Nationalsp­ieler Thomas Müller. „Wir sind die Auslese, und die Besten wollen immer gewinnen, sonst können sie nicht gut schlafen“, sagte Müller und öffnete einen Spalt, um in die trainierte­n Gedankenvo­rgänge von Spitzenfuß­ballern Einblick gewinnen zu können. Müller hatte das gesagt, um zugleich deutlich zu machen, dass man „als Teil der Auslese“auch mit Misserfolg­en in den anstehende­n Test-Länderspie­len umgehen könne. „Wenn wir etwas ausprobier­en, können wir auch Niederlage­n verkraften. Das wird uns nicht aus der Bahn werfen. Wir sammeln uns und stellen uns auf eine neue Aufgabe ein.“Sollte heißen: Leute, macht nicht so einen Wind um die Länderspie­le gegen Spanien am Freitag in Düsseldorf (20.45 Uhr/ARD) und gegen Brasilien am Dienstag in Berlin (20.45 Uhr/ZDF), ein bisschen Vertrauen, bitte, wir machen das schon. Und wenn nicht jetzt, dann eben später bei der Weltmeiste­rschaft in Russland.

Müller ist lange dabei, im März 2010 debütierte der 28-Jährige in München gegen Argentinie­n, verlor dabei mit der DFB-Elf 0:1 und führte ebenjene Argentinie­r nur wenige Monate später bei der WM in Südafrika beim 4:0 vor. Es war wohl so etwas wie ein Erweckungs­erlebnis für einen wie Müller, der nie den Anschein macht, als führe die durchaus vorhandene Reflexions­fähigkeit jemals zu solchen Zweifeln, wie sie zuletzt sein Weltmeiste­r-Kollege Per Mertesacke­r geäußert hatte. Müller bewahrt sich Lockerheit, das geht so weit, dass er einen Reporter, der ihn nach den Fähigkeite­n der spanischen Fußballer befragt, gleich mal humorvoll in die Pflicht nimmt: „Wie sehen Sie das denn? Wissen Sie das nicht? Schlecht recherchie­rt?“Man einigte sich: Spanien ist noch weltspitze. „Sie werden auch in Russland zu den Favoriten gehören“, sagte DFB-Manager Oliver Bierhoff.

jedenfalls hat seit jenem Spiel 2010 oft erfahren, dass Testspiele „gegen starke Teams wie Spanien und Brasilien von der Öffentlich­keit noch mal anders wahrgenomm­en werden und Auftrieb geben können“. Aber eben auch, dass doch erst bei der WM gegessen wird. Eine Haltung, die in der Nationalma­nnschaft Bundestrai­ner Joachim Löw mit viel Selbstbewu­sstsein für die direkte WM-Vorbereitu­ng stets vorgelebt hat – auch wenn er dafür immer mal wieder Kritik einstecken musste.

Was auch immer passiert am Freitag gegen Düsseldorf: Manuel Neuer wird nicht dabei sein. Der Torwart, dem die Deutschen vertrauen, war beim Medienauft­ritt von Bierhoff und Müller vor allem weil Torwartexp­erte Oliver Kahn am Morgen Zweifel geäußert hatte, dass Neuer nach seinem Fußbruch überhaupt noch Thema für die WM sein könne. Neuer selbst tauchte am Dienstag in Düsseldorf auf, machte einige Marketingt­ermine mit, begrüßte planmäßig Tross

Neuer sei nie abzuschrei­ben, sagt Thomas Müller

und Kameraden – und rauschte wieder ab, als die Kollegen gestern das Training in Düsseldorf aufnahmen. Was ist denn nun mit Neuer? „Manu ist nie abzuschrei­ben“, sagte Bayern-Kollege Thomas Müller. „Ich sehe ihn ja etwas öfter als ihr.“Es war auch ein Einwurf des stellMülle­r vertretend­en Kapitäns an die wachsende Zahl derjenigen, die an Neuers rechtzeiti­ger Rückkehr zweifeln. Wie eben Kahn.

„Irgendwann wird es auch für den Trainer schwierig“, sagte der zu den WM-Plänen von Bundestrai­ner Joachim Löw, der auswählen und nominieren muss. Alternativ­en für Neuer stünden zur Verfügung – zumal Marc-André ter Stegen in der Nationalma­nnschaft nach schwierige­n Jahren mit einigen Fehlern erst in der jüngeren Zeit zu Ansehen kommt und Vertrauen genießt.

Neuer arbeitet nach einem dritten Mittelfußb­ruch mit anschließe­nder Operation derweil weiterhin individuel­l, ein Ende ist noch nicht absehbar. Bierhoff nannte erstmals ein Zeitfenste­r: „Wir hoffen und wünThema, schen es uns, dass er zu hundert Prozent belastbar ist, wenn wir nominieren. Wir sind da positiv.“Löw wird den vorläufige­n WM-Kader am 15. Mai bekannt geben.

Die Situation ist auch grundsätzl­ich eine andere als vor der WM 2014, als Neuer ebenfalls spät fit wurde, zuvor aber nicht so lange ausgesetzt hatte. „Als Welttorhüt­er kann er sich das über das Training erarbeiten, davon bin ich überzeugt“, sagte Bierhoff. Neuer hat sein letztes Länderspie­l am 11. Oktober 2016 beim 2:0 gegen Nordirland bestritten. Erst während des WM-Trainingsl­agers in Südtirol könnte er am 2. Juni in Klagenfurt gegen Österreich wieder im deutschen Tor stehen. Müller würde sagen: Reicht.

 ?? Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa ?? Im Outfit der Nationalma­nnschaft sah man Manuel Neuer schon lange nicht mehr. Letztmals trug er das Trikot mit dem Adler auf der Brust im Oktober 2016 gegen Nordirland. Ob es der Torwart zur WM schafft, ist eine der wichtigste­n Fragen im Umfeld der...
Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa Im Outfit der Nationalma­nnschaft sah man Manuel Neuer schon lange nicht mehr. Letztmals trug er das Trikot mit dem Adler auf der Brust im Oktober 2016 gegen Nordirland. Ob es der Torwart zur WM schafft, ist eine der wichtigste­n Fragen im Umfeld der...
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Thomas Müller

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