Prickelnde Erotik-Revue in Oettingen
Im Kinosaal der „Goldenen Gans“in Oettingen gibt es nicht nur (fast) nackte Tatsachen zu sehen – die Damen begeistern auch mit ihrem Gesang
Oettingen Sie hatte ihre große Zeit in den „Goldenen Zwanzigern“des vergangenen Jahrhunderts, die Burlesque als Form des Unterhaltungstheaters. Dass die bunte Mixtur aus Gesang, Tanz, Moderation und angedeutetem Striptease heute als „New Burlesque“wieder ihr Publikum findet, zeigte die erotische Show „Tits & Jazz“, die im mit 100 Besuchern voll besetzten Kinosaal der „Goldenen Gans“in Oettingen aufgeführt wurde.
Dreh- und Angelpunkt der Revue ist die exaltierte „Miss Elsie Marley“, die zunächst als Putzfrau verkleidet durch den Hintereingang den Raum betritt und den Besuchern ihre „schmutzigen Gedanken“bereits ansieht. Auf der Bühne mutiert sie zum pompösen Vamp im roten Glitzerkostüm, während sie nach einem gefühlvollen französischen Chanson eine sinnliche Version von Ella Fitzgeralds „Birds Do hinhaucht. Wie in der Burlesque üblich, verleihen sich die Künstlerinnen eine charakteristische Bühnen-Identität.
So sorgt die liebreizende „Miss Änna Who?“zwar widerwillig für Ordnung auf und vor der Bühne, singt jedoch viel lieber, als verführerische Mieze gekleidet, Annett Louisans Lied „Die Katze“. Der rothaarige andalusische Wirbelwind „Bana Banana“wiederum lässt zur Musik von Hildegard Knef rote Rosen regnen, bevor sie sich zu Dita von Teeses „Whatever Lola Wants“ins Publikum begibt. Als „spannend, glamourös und mystisch“wird zu Recht der Striptease der anmutigen „Lotti Lieblich“angekündigt.
Dazwischen lassen es die Ladys zu zweit, dritt oder viert richtig krachen: Zu Trude Herrs Gassenhauer „Ich will keine Schokolade“hüpfen Dildos aus dem Geschenkpapier und bei Annett Louisans „Das alles wär’ nie passiert“kommt postwendend und lautstark die Replik aus dem Publikum: „Ohne Prosecco!“Charakteristisch für die New Burlesque ist, dass die Tänzerinnen zwar viel zeigen, jedoch nicht alle Hüllen fallen lassen. Zudem entsprechen sie nicht den üblichen Schönheitsidealen mit Model-Maßen, geben sich auf der Bühne aber dennoch selbstbewusst. Bezeichnend dafür steht „Miss Elsie“höchstpersönlich, die trotz deutlich sichtbarer Schwangerschaft mit einer Mischung aus Stolz und Selbstironie ihren nackten Bauch präsentiert. Turbulent bleibt es auch im zweiten Teil: „Änna Who?“zelebriert Marilyn Monroes „Diamonds Are A Girl’s Best Friend“, „Miss Elsie“trägt beim „Tabasco-Song“ein Unterkleid aus roten Schoten und „Flauri“aus dem Publikum wird auf der Bühne von der lasziven „Bana Banana“im Werwolf-Kostüm mit Seidenstrümpfen an einen Stuhl gefesselt. Dazwischen viel Jazz und nackte Haut, bis das Quartett im unter donIt“ nerndem Schluss-Applaus Liza Minellis Song „Mein Herr“aus dem Film „Cabaret“choreografiert. Es ist eine abwechslungsreiche, unterhaltsame und pfiffige Revue, die das Münchner Ensemble auf Einladung der „Kunst- und Kulturinitiative Oettingen“auf die Bühne des – für diesen Event geradezu geschaffenen – Kinosaals bringt. Gesang und Tanz der vier Diven sind qualitativ bemerkenswert, mit Charme und Humor schaffen sie eine prickelnde, erotisch aufgeladene Atmosphäre: ein wenig frivol und schrill, ein wenig sündig und verrucht, dazu gewagte Kostüme mit reichlich Glitzer, Seide und Federn. Ein Mix, der vom Publikum begeistert aufgenommen wird, weshalb es am Ende der Show noch Janis Joplins „Mercedes Benz“als Bonbon obendrauf gibt.
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