Rieser Nachrichten

Nachfolger gesucht

Bei der Übernahme einer Firma gibt es viele Fallstrick­e. Beratungss­telle unterstütz­t

- VON CHRISTIAN MÜHLHAUSE

Mertingen/Landkreis Wenn der Chef nicht mehr der Jüngste ist, kommt irgendwann unweigerli­ch die Frage nach der Nachfolge auf. In großen Firmen ist die Nachbesetz­ung kein großes Problem, ganz anders sieht es bei inhaber- und familienge­führten Betrieben aus. Laut Handwerksk­ammer für Schwaben gibt es in ihrem Zuständigk­eitsbereic­h aktuell fast 6000 Betriebe, bei denen das Thema ansteht. Aus Sicht der Kammer besteht Handlungsb­edarf, wenn der Chef der Firma über 55 Jahre alt ist.

Leo Anzenhofer, der Unternehme­n im Auftrag der Handwerksk­ammer in den Landkreise­n Donau-Ries und Dillingen kostenlos berät, hält es für sinnvoll, so früh mit der Suche nach einem Nachfolger anzufangen. „Wer zu spät anfängt, gerät unter Zeitdruck. Die Suche nach einem Nachfolger ist in der Regel nichts, was über Nacht klappt.“Das zeigt auch das Beispiel von Bedri Zeqa. Er hat vergangene­s Jahr die Firma Schweihofe­r Gerüstbau in Mertingen übernommen. Obwohl der 37-Jährige zuvor bereits 13 Jahre als Mitarbeite­r in dem Unternehme­n tätig war, zogen sich die Verkaufsge­spräche fast zwei Jahre.

Den Schritt in die Selbststän­digkeit hatte er zwar zuvor schon gewagt und mit seinen Brüdern einen eigenen Gerüstbau gegründet, der lief aber nebenher an Samstagen. „Wenn man es Vollzeit macht und auch Verantwort­ung für andere Mitarbeite­r trägt, hat es eine andere Dimension. Als Geschäftsm­ann macht man sich immer Sorgen.“Den Schritt habe er letztlich auch deswegen gewagt, weil die Resonanz bei den Kollegen positiv war und sich ein erfahrener Mitarbeite­r bereit erklärte, beim Thema Kalkulatio­n zu unterstütz­en.

Dass nicht jeder geeignet ist, eine Firma zu leiten, betont Anzenhofer. „Sie müssen Kenntnisse in der Betriebswi­rtschaft, bei den Steuern und im Bereich Recht haben und Mitarbeite­r führen können.“Es sei deshalb durchaus sinnvoll, dass der Interessen­t mehrere Monate oder ein Jahr in einem Betrieb mitarbeite und so merke, ob es passt oder nicht. Denkbar sei auch, dass der potenziell­e Käufer schon einmal Anteile erwirbt am Betrieb. Anzenhofer verweist zudem darauf, dass der Interessen­t die Belastung nicht unterschät­zen dürfe. „Ihm muss klar sein, dass der Arbeitstag künftig oft zwölf Stunden hat.“Und auch das Alter spiele eine Rolle. Zwischen 25 und 35 Jahren sei das ideale Alter, um sich selbststän­dig zu machen, so der Fachmann. „Sie müssen den Kaufpreis ja auch refinanzie­ren, vielleicht kommen absehbar auch noch größere Investitio­nen auf den Investor zu. Nebenher will er oder sie auch noch ausreichen­d verdienen, um selber vernünftig leben zu können.“

Insgesamt 60 Personen hat Anzenhofer im vergangene­n Jahr zum Thema Nachfolger­suche beraten und begleitet. Die Unternehme­r erhalten von ihm und seinen Kollegen unter anderem auch kostenlose Unternehme­nsbewertun­gen. Ein wichtiger Baustein für die späteren Verhandlun­gen. „Wir haben immer wieder den Fall, dass der aktuelle Eigentümer unrealisti­sche Preisvorst­ellungen hat. Das ist zwar nachvollzi­ehbar, schließlic­h stecken da teils 40 Jahre Lebensleis­tung drin, aber betriebswi­rtschaftli­ch gibt es das eben nicht her“, so Anzenhofer.

Auch Zeqa ist froh, dass er durch Zufall auf das Angebot der Handwerksk­ammer aufmerksam wurde und Unterstütz­ung bekam. Die Bank wollte ihm nämlich zunächst keinen Kredit gewähren. „Ich habe zwar für viel Geld für meinen eigenen Betrieb Gerüste gekauft, aber die Bank hat es nicht als Wert akzeptiert, weil sie gebraucht sind.“Der Bankberate­r kennt allerdings Anzenhofer und schickte den Junguntern­ehmer zu ihm. „Ich hatte noch nie von diesem Angebot der Kammer gehört, das war wirklich Glück“, sagt Zeqa. Vertreter der Handwerksk­ammer treffen sich in regelmäßig­en Abständen mit Bankvertre­tern, um für ihr Angebot zu werben und es immer wieder in Erinnerung zu rufen.

Zeqa präsentier­te Anzenhofer sein Vorhaben und die Kaufsumme, die sich der vorherige Besitzer Helmut Schweihofe­r vorstellte. Nach der Analyse nannte ihm Anzenhofer einen Preis, der aus seiner Sicht gerechtfer­tigt war und über den er nicht drüber gehen sollte. „Letztlich war das dann auch der Verkaufspr­eis“, so der 38-Jährige. Was ihm auch zugutekam: Anzenhofer machte ihn auf die Bayerische Bürgschaft­sbank aufmerksam, die staatliche Ausfallbür­gschaften bereitstel­lt.

Dass er nun Vollzeit-Geschäftsf­ührer ist, hat Zeqa bislang nicht bereut. Er sei für dieses Jahr bereits ausgebucht und die Aussichten seien glänzend. „Aufgrund der strengeren Vorschrift­en sind Gerüste bei immer mehr Arbeiten inzwischen vorgeschri­eben.“Er will deswegen auch neue Mitarbeite­r einstellen. Die werde er aber wohl im Ausland suchen, weil der hiesige Markt „leer gefegt“sei, so der Geschäftsm­ann.

 ?? Foto: Christian Mühlhause ?? Bedri Zeqa (links) hat eine Firma für Gerüstbau in Mertingen übernommen. Für die Beratung durch Leo Anzenhofer von der Handwerksk­ammer in Schwaben ist er dankbar. Anzenhofer berät Firmen in den Landkreise­n Donau Ries und Dillingen bei der Suche nach...
Foto: Christian Mühlhause Bedri Zeqa (links) hat eine Firma für Gerüstbau in Mertingen übernommen. Für die Beratung durch Leo Anzenhofer von der Handwerksk­ammer in Schwaben ist er dankbar. Anzenhofer berät Firmen in den Landkreise­n Donau Ries und Dillingen bei der Suche nach...

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