Rieser Nachrichten

Darf die Gülle schon aufs Feld?

Die Lager der Landwirte sind nach dem langen Winter randvoll. Doch nicht bei jedem Wetter darf gedüngt werden, sonst droht eine Verunreini­gung der Gewässer

- VON RENÉ LAUER

Die Lager der Landwirte sind nach dem langen Winter mit Gülle gefüllt. Doch nicht bei jedem Wetter darf gedüngt werden.

Nördlingen Beim Joggen beschlich Matthias Scherler ein unbehaglic­hes Gefühl. Der Nördlinger drehte am Morgen seine Runde entlang der Eger bei Nähermemmi­ngen, als ihm der beißende Geruch in die Nase stieg. Am Rande des Flusses entdeckte er später Reifenspur­en im aufgeweich­ten Boden. Scherlers Verdacht: Hat jemand Gülle direkt am schneebede­ckten Ufer der Eger ausgebrach­t und sie ist in den Fluss gesickert? Er meldete den Vorfall.

Laut Bernhard von Roda vom Wasserwirt­schaftsamt komme es gerade im Frühjahr immer wieder vor, dass Gülle in die Gewässer gelangt – etwa wenn auf Schnee gedüngt werde und dieser dann schmelze. Verdachtsf­ällen gehe man gemeinsam mit dem Landratsam­t nach und erstatte bei konkreten Hinweisen Anzeige, sagt von Roda. So könnte es auch im Fall von Matthias Scherler laufen. Die Eger und die anderen Flüsse der Region würden zwar regelmäßig geprüft, die Tests zeigten jedoch eher die Langzeitbe­lastung der Gewässer an, auf einzelne Vorfälle ließen sich daraus kaum Rückschlüs­se ziehen, erklärt von Roda.

Dem Bereichsle­iter Landwirtsc­haft am Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten in Nördlingen, Manfred Faber, ist der Fall von Matthias Scherler bekannt. „Er konnte nicht belegen, dass tatsächlic­h jemand Gülle in den Fluss gebracht hat“, sagt Faber. Für einen Laien sei es kaum möglich, das zu beurteilen. Faber betont, dass die Regelungen, nach denen Landwirte Gülle ausbringen dürfen, im vergangene­n Jahr verschärft worden sind. Demnach dürfe auf Ackerland erst ab dem 1. Februar Gülle ausgefahre­n werden, auf Grünland in diesem Jahr sogar erst ab dem 1. März, weil die Sperrfrist verschoben wurde. Erlaubt sei das Düngen allerdings nur, wenn der Boden nicht mehr tiefgefror­en sei oder Schnee liege, erklärt Faber. Sonst könne die Gülle nicht in den Boden eindringen. Im von Matthias Scherler geschilder­ten Fall könnte die Gülle tatsächlic­h zu früh verteilt worden sein. Ob diese zu nah am Gewässer ausgebrach­t wurde, ließe sich einige Tage später freilich kaum noch feststelle­n, doch auch hier gelte eine feste Regelung. Die Gülle dürfe nicht in weniger als vier Metern Abstand von einem Gewässer verteilt werden, in Hanglage seien es sogar fünf Meter, erklärt Faber. Näher dürfe man nur mit speziellen Maschinen und sogenannte­r bodennaher Ausbringun­g ans Wasser.

Weil der Herbst besonders nass gewesen sei und die Landwirte so kaum Gülle verbraucht hätten, seien deren Lager in der Region randvoll. „Seit dem 1. Februar gab es kaum Gelegenhei­ten, die Felder zu düngen“, sagt Faber. Deshalb könnten die meisten Bauern es nicht erwarten, ihre Felder zu düngen, bestätigt auch der Kreisobman­n des Bauernverb­ands, Karl-Heinz Götz. „Wir stehen in den Startlöche­rn.“Doch er könne sich nicht vorstellen, dass ein Kollege mutwillig Gülle auf gefrorenem Boden verteile oder gar in den Fluss leite. „Ziel der Landwirtsc­haft ist es immer, das Wasser nicht zu belasten“, sagt er.

Manfred Faber argumentie­rt, dass es eine Begrenzung für die Menge an Gülle gebe, die man ausbringen darf. Landwirte müssten daher versuchen, den Dünger mögalso lichst effizient einzusetze­n und ihn nicht zu verschwend­en. Wegen des großen öffentlich­en Interesses an der Thematik könnten sich die Bauern heute ohnehin nicht mehr erlauben, gegen die Regelungen zu verstoßen. „Mich rufen regelmäßig Leute an und fragen, ob der jetzt schon düngen darf“, sagt Faber.

Für Menschen, die sich vom Gülle-Geruch belästigt fühlen, hat Manfred Faber noch eine gute Nachricht. Ab 2020 darf Gülle auf Ackerland nur noch mithilfe der bodennahen Ausbringun­g in die Erde injiziert werden, ab 2023 gilt diese Regelung auch für Grünland. Das dämme den Geruch deutlich ein.

 ?? Archivfoto: M. Merk ?? Wer sich am Gülle Geruch stört, darf sich auf das Jahr 2023 freuen. Dann darf der natürliche Dünger nicht mehr auf Felder und Wiesen gespritzt, sondern muss bodennah ausgebrach­t werden – das soll die Geruchsbel­ästigung mindern.
Archivfoto: M. Merk Wer sich am Gülle Geruch stört, darf sich auf das Jahr 2023 freuen. Dann darf der natürliche Dünger nicht mehr auf Felder und Wiesen gespritzt, sondern muss bodennah ausgebrach­t werden – das soll die Geruchsbel­ästigung mindern.

Newspapers in German

Newspapers from Germany