Rieser Nachrichten

Der Knock-out-Mann

Anthony Joshua fand erst als Spätstarte­r zum Boxsport – und kam als Jungstar mit Drogen und der Polizei in Kontakt. Heute aber bricht er nur noch Rekorde

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Mit 18 Jahren gewinnen manche Weltklasse-Sportler schon internatio­nale Titel und verdienen Millionen. Im gleichen Alter öffnete Anthony Joshua zum ersten Mal die Tür eines Boxklubs im Londoner Norden. Sein Cousin hatte ihn zu einem Probetrain­ing überredet, und da stand er nun: Joshua, der 1,98-MeterMann, der scheinbar nur Faxen im Sinn hatte.

Sein Trainer wird sich später an Joshuas erste Tage so erinnern: „Er lachte die ganze Zeit. Ich dachte, er sei auf Crack.“Nur zwei Jahre später aber gewann Joshua, der anfangs so undiszipli­niert schien, bereits die ersten Titel, gerade mal fünf Jahre später gar eine olympische Goldmedail­le.

Und er hörte mit dem Gewinnen einfach nicht mehr auf. Bis heute ist Joshua im Ring unbesiegt. 20 Kämpfe, 20 Siege, 20 Knock-outs, so lautet seine Bilanz, ein Rekord.

Vielen Experten gilt der 28-Jährige daher als der beste Schwergewi­chts-Boxer der Welt. Am Samstag will er das erneut unter Beweis stellen: Dann kämpft der Sohn nigerianis­cher Einwandere­r gegen den Neuseeländ­er Joseph Parker um die WM-Gürtel von gleich drei der vier großen Boxverbänd­e. Zwei davon trägt Joshua bereits und will sie verteidige­n.

Auch der Erfolgsmen­sch Joshua ist noch ein lässiger Typ. Der Hüne, der sich als Jugendlich­er eine Karriere als Sprinter oder Fußballer hätte vorstellen können, rappt gerne am Frühstücks­tisch und hat seinem Ex

Trainer spontan einen BMW als Prä- sent vor die Tür gestellt. Er lacht viel, zumindest vor der Kamera. Dabei sind einige frühe Etappen seiner Karriere keineswegs lustig. Nach einer Schlägerei saß Joshua in Untersuchu­ngshaft, Polizeibea­mte entdeckten Marihuana in seinem Auto. Joshua, der bei seiner Verhaftung den offizielle­n Trainingsa­nzug der britischen Olympia-Mannschaft getragen haben soll, drohte eine Gefängniss­trafe. Doch er kam mit Sozialstun­den davon. Später wird Joshua vom „endgültige­n Wendepunkt in meinem Leben“sprechen. Seine fulminante Box-Karriere hat er auch dem britischen Sportförde­rungssyste­m zu verdanken. Für die Olympische­n Sommerspie­le 2012 investiert­en die Briten Millionen in ihre Sportler, sie sollten vor heimischem Publikum glänzen. Joshua zahlte die Investitio­n mit einer Goldmedail­le zurück.

In Großbritan­nien gewann Joshua auch seinen bislang größten Kampf: Vor 90 000 Zuschauern siegte er im Londoner Wembley-Stadion gegen Wladimir Klitschko. Es war ein Duell zweier Freunde: Drei Jahre zuvor hatte Klitschko den Briten in sein Trainingsc­amp eingeladen und eine Vorahnung geäußert: „Joshua könnte einmal mein Nachfolger werden.“

Aber am Wochenende muss der mit Joseph Parker ein echtes Schwergewi­cht aus dem Weg räumen. Der 26-Jährige ist bislang ebenfalls ungeschlag­en. Und auch er besiegt seine Gegner am liebsten auf die klassische Art: per Knock-out.

Axel Hechelmann

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Foto: pat

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