Soderbergh am iPhone
Der Regiestar schildert packend den Horror einer Psychiatrie als Geschäftsmodell
Nachdem die junge Finanzberaterin Sawyer Valentini (Claire Foy) seit Jahren von einem Mann verfolgt und belästigt wird, will sie sich in einer anderen Stadt eine neue Existenz aufbauen. Sawyer ist eine selbstbewusste Frau, die sich in ihrem Job nicht die Butter vom Brot nehmen lässt, mit Investoren Tacheles spricht und das Angebot ihres Vorgesetzten einer gemeinsamen Geschäftsreise souverän ausschlägt.
Dennoch wird sie weiterhin von Angstzuständen heimgesucht und vereinbart deshalb einen therapeutischen Beratungstermin. Ehe sie es sich versieht, wird sie wegen vermeintlicher Selbst- und Fremdgefährdung in die Psychiatrie eingewiesen. Es ist das Geschäftsmodell des Klinik-Unternehmens, das wenig bedürftige Patienten in der geschlossenen Abteilung „behandelt“, solange die Krankenkasse zahlt. Wer gut versichert ist, hat schlechte Karten, bald wieder rauszukommen.
Damit nicht genug, muss Sawyer feststellen, dass ihr Stalker sich ins Hospital als Pfleger eingeschlichen hat. Mit Anlehnung an Klassiker wie „Einer flog übers Kuckucksnest“entwirft Steven Soderbergh einen atmosphärisch dichten Psychothriller im Smartphone-Format, der das durchkapitalisierte Gesundheitssystem überzeichnend ins Visier nimmt. Darüber hinaus macht „Unsane“das Thema sexuelle Ge- walt auf äußerst beklemmende Weise spürbar. Der Zustand, vollkommen ausgeliefert zu sein, gehört zu den Standardeinstellungen des Psychothrillers. Aber Soderbergh stigmatisiert Sawyer nicht als passives Opfer, sondern lässt sie sich mit eigener Kraft aus der ausweglosen Situation herausarbeiten. Das ist spannend von der ersten bis zur letzten Minute, auch weil die fabelhafte Claire Foy die abgrundtiefe Verzweiflung ihrer Figur im klaustrophobischen Klapsen-Setting völlig überzeugend spielen kann.
» Unsane
Wertung ★★★★✩