Demo der Gambier bleibt friedlich
An die 150 Flüchtlinge ziehen durch Donauwörth. Was sie sagen und welche Reaktionen es darauf gibt
Donauwörth Auf den Transparenten steht „Kein Mensch ist illegal“, „Diskriminierende Gewalt gegen Flüchtlinge abschaffen“und „Abgeschoben und vergessen – Transitlager zerstören“. Unablässig skandiert ein Mann an der Spitze des Demonstrationszuges auf Englisch unter anderem: „Wir sind Flüchtlinge, keine Kriminellen.“Die knapp 150 Afrikaner, die folgen, wiederholen die Worte. Vor neben und hinter den Gambiern, die am Gründonnerstag von der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber über den Stadtteil Berg in die Donauwörther Innenstadt marschieren, laufen um die 40 Polizisten mit. Aggressionen sind nicht zu beobachten. Im Gegensatz zu vorangegangenen Aktionen – am Rosenmontag am Donauwörther Bahnhof und am 14. März in der ehemaligen Kaserne – bleiben Beschimpfungen, Beleidigungen beziehungsweise tätliche Angriffe aus.
Viele Menschen in der Region haben nach den Vorkommnissen in den vergangenen Wochen und Monaten die Kundgebung mit einer gewissen Spannung erwartet. Die Polizei hat Kräfte aus dem Bereich des Präsidiums Schwaben Nord und der Bereitschaftspolizei zusammengezogen. Auch weil 300 bis 400 Teilnehmer angekündigt waren. Eine offizielle Zahl, wie viele Polizisten im Einsatz sind, möchten die Verantwortlichen – es sind mehrere hochrangige Beamte vor Ort – nicht nennen. An die 100 Kräfte mögen es schätzungsweise sein.
Um 12 Uhr verlassen die Afrikaner das Gelände auf dem Schellenberg. Zusammen mit der Eskorte geht es die Jurastraße hinab nach Berg und von dort in Richtung Stadtzentrum. Die Demonstranten laufen nur ganz langsam, bleiben immer wieder stehen. Es sind hauptsächlich Männer, viele von ihnen augenscheinlich erst um die 20 Jahre alt. Von den wenigen Frauen, die dabei sind, bricht eine im Bereich der Berger Allee zusammen. Die Schwangere erleidet eine Kreislaufschwäche und wird von einem Notarzt versorgt. Dadurch staut sich der Verkehr, der am Tag vor den Osterfeiertagen von Norden her in die Stadt fließt, zusätzlich. Viele Verkehrsteilnehmer müssen Geduld aufbringen. Markus Sommer, Vorsitzender der City-Initiative Donauwörth (CID), beobachtet dies mit einer gewissen Sorge. Er befürchtet, dass viele Kunden, die zuvor von der Demonstration erfahren haben, erst gar nicht nach Donauwörth fahren, um dort einzukaufen.
Die Afrikaner wecken derweil das Interesse der Bevölkerung. Anwohner schauen aus den Fenstern und zücken – wie auch viele Passanten, die am Straßenrand stehen – das Handy, um die Demo zu fotografieren oder zu filmen. Die Meinungen über die Aktion der Gambier gehen auseinander. Hans-Peter Schaupp hat nach eigenen Angaben kein Verständnis für die Kundgebung: „Die Gambier bei uns sind keine Kriegs-, sondern Wirtschaftsflüchtlinge.“Dass sie nun auf Kosten des Staats auch noch demonstrieren, empfindet der Rentner als Frechheit: „Die sollten den Aufwand bezahlen.“
Zwei junge Frauen, die in einer Bank arbeiten und in der Reichsstraße gerade ihre Mittagspause verbringen, sind da anderer Meinung: „Das sind Menschen wie wir. Wir haben Meinungsfreiheit in Deutschland. Wir würden das nicht anders machen.“
Begleitet von einem beachtlichen Medienaufgebot erreichen die Gambier nach rund zwei Stunden das Ried. Dort bilden sie mit ihren Transparenten einen großen Halbkreis und hören dem zu, was drei ihrer Wortführer über ein Megafon sagen. Sie tun es auf Englisch, was manche der wenigen Zaungäste unverständlich finden, weil sie die Sprache nicht verstehen.
Die Redner gehen nochmals auf die Krawalle ein, die vor zwei Wochen auf dem Schellenberg stattfanden und in deren Folge 30 Afrikaner in Untersuchungshaft kamen. Vonseiten der Flüchtlinge seien keine Aggressionen ausgegangen, wird auch auf einem Flugblatt nochmals betont. Man habe am 14. März angesichts des massiven Polizeiaufgebots schlicht Angst gehabt. Die Demonstranten verlangen Freiheit und Gerechtigkeit für die Häftlinge. Die Gesetzeshüter haben den Einsatz vor zwei Wochen bekanntlich ganz anders erlebt. Sie zeigten sich erschüttert über die erhebliche Gewaltbereitschaft, die in der Einrichtung an den Tag gelegt worden sei.
Bei der Kundgebung im Ried geht es freundlicher zu. Die Vertreter der Gambier werben um Verständnis dafür, dass sie ihr Heimatland verlassen haben. Gambia sei „ein Land ohne Recht und Ordnung“, erklärt Amadou Sambou. Die Behörden in Deutschland sehen das anders. Nur ein kleiner Teil der Asylanträge wird anerkannt. Deshalb stehen in Donauwörth immer wieder Abschiebungen an.
Sambou und die anderen Sprecher bedanken sich an diesem Donnerstag ausdrücklich beim Landratsamt, dass „der Marsch“erlaubt wurde. Die Afrikaner distanzieren sich von jeglicher Gewalt.
Werner Bayer, Einsatzleiter der Polizei, nimmt das zufrieden zur Kenntnis. Schon bei Besprechungen im Vorfeld der Kundgebung hätten sich die Gambier kooperativ gezeigt: „Heute haben sie es unter Beweis gestellt.“Gegen 14.50 Uhr beenden die Afrikaner ihre Aktion.