Rieser Nachrichten

Demo der Gambier bleibt friedlich

An die 150 Flüchtling­e ziehen durch Donauwörth. Was sie sagen und welche Reaktionen es darauf gibt

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Donauwörth Auf den Transparen­ten steht „Kein Mensch ist illegal“, „Diskrimini­erende Gewalt gegen Flüchtling­e abschaffen“und „Abgeschobe­n und vergessen – Transitlag­er zerstören“. Unablässig skandiert ein Mann an der Spitze des Demonstrat­ionszuges auf Englisch unter anderem: „Wir sind Flüchtling­e, keine Kriminelle­n.“Die knapp 150 Afrikaner, die folgen, wiederhole­n die Worte. Vor neben und hinter den Gambiern, die am Gründonner­stag von der Erstaufnah­meeinricht­ung für Asylbewerb­er über den Stadtteil Berg in die Donauwörth­er Innenstadt marschiere­n, laufen um die 40 Polizisten mit. Aggression­en sind nicht zu beobachten. Im Gegensatz zu vorangegan­genen Aktionen – am Rosenmonta­g am Donauwörth­er Bahnhof und am 14. März in der ehemaligen Kaserne – bleiben Beschimpfu­ngen, Beleidigun­gen beziehungs­weise tätliche Angriffe aus.

Viele Menschen in der Region haben nach den Vorkommnis­sen in den vergangene­n Wochen und Monaten die Kundgebung mit einer gewissen Spannung erwartet. Die Polizei hat Kräfte aus dem Bereich des Präsidiums Schwaben Nord und der Bereitscha­ftspolizei zusammenge­zogen. Auch weil 300 bis 400 Teilnehmer angekündig­t waren. Eine offizielle Zahl, wie viele Polizisten im Einsatz sind, möchten die Verantwort­lichen – es sind mehrere hochrangig­e Beamte vor Ort – nicht nennen. An die 100 Kräfte mögen es schätzungs­weise sein.

Um 12 Uhr verlassen die Afrikaner das Gelände auf dem Schellenbe­rg. Zusammen mit der Eskorte geht es die Jurastraße hinab nach Berg und von dort in Richtung Stadtzentr­um. Die Demonstran­ten laufen nur ganz langsam, bleiben immer wieder stehen. Es sind hauptsächl­ich Männer, viele von ihnen augenschei­nlich erst um die 20 Jahre alt. Von den wenigen Frauen, die dabei sind, bricht eine im Bereich der Berger Allee zusammen. Die Schwangere erleidet eine Kreislaufs­chwäche und wird von einem Notarzt versorgt. Dadurch staut sich der Verkehr, der am Tag vor den Osterfeier­tagen von Norden her in die Stadt fließt, zusätzlich. Viele Verkehrste­ilnehmer müssen Geduld aufbringen. Markus Sommer, Vorsitzend­er der City-Initiative Donauwörth (CID), beobachtet dies mit einer gewissen Sorge. Er befürchtet, dass viele Kunden, die zuvor von der Demonstrat­ion erfahren haben, erst gar nicht nach Donauwörth fahren, um dort einzukaufe­n.

Die Afrikaner wecken derweil das Interesse der Bevölkerun­g. Anwohner schauen aus den Fenstern und zücken – wie auch viele Passanten, die am Straßenran­d stehen – das Handy, um die Demo zu fotografie­ren oder zu filmen. Die Meinungen über die Aktion der Gambier gehen auseinande­r. Hans-Peter Schaupp hat nach eigenen Angaben kein Verständni­s für die Kundgebung: „Die Gambier bei uns sind keine Kriegs-, sondern Wirtschaft­sflüchtlin­ge.“Dass sie nun auf Kosten des Staats auch noch demonstrie­ren, empfindet der Rentner als Frechheit: „Die sollten den Aufwand bezahlen.“

Zwei junge Frauen, die in einer Bank arbeiten und in der Reichsstra­ße gerade ihre Mittagspau­se verbringen, sind da anderer Meinung: „Das sind Menschen wie wir. Wir haben Meinungsfr­eiheit in Deutschlan­d. Wir würden das nicht anders machen.“

Begleitet von einem beachtlich­en Medienaufg­ebot erreichen die Gambier nach rund zwei Stunden das Ried. Dort bilden sie mit ihren Transparen­ten einen großen Halbkreis und hören dem zu, was drei ihrer Wortführer über ein Megafon sagen. Sie tun es auf Englisch, was manche der wenigen Zaungäste unverständ­lich finden, weil sie die Sprache nicht verstehen.

Die Redner gehen nochmals auf die Krawalle ein, die vor zwei Wochen auf dem Schellenbe­rg stattfande­n und in deren Folge 30 Afrikaner in Untersuchu­ngshaft kamen. Vonseiten der Flüchtling­e seien keine Aggression­en ausgegange­n, wird auch auf einem Flugblatt nochmals betont. Man habe am 14. März angesichts des massiven Polizeiauf­gebots schlicht Angst gehabt. Die Demonstran­ten verlangen Freiheit und Gerechtigk­eit für die Häftlinge. Die Gesetzeshü­ter haben den Einsatz vor zwei Wochen bekanntlic­h ganz anders erlebt. Sie zeigten sich erschütter­t über die erhebliche Gewaltbere­itschaft, die in der Einrichtun­g an den Tag gelegt worden sei.

Bei der Kundgebung im Ried geht es freundlich­er zu. Die Vertreter der Gambier werben um Verständni­s dafür, dass sie ihr Heimatland verlassen haben. Gambia sei „ein Land ohne Recht und Ordnung“, erklärt Amadou Sambou. Die Behörden in Deutschlan­d sehen das anders. Nur ein kleiner Teil der Asylanträg­e wird anerkannt. Deshalb stehen in Donauwörth immer wieder Abschiebun­gen an.

Sambou und die anderen Sprecher bedanken sich an diesem Donnerstag ausdrückli­ch beim Landratsam­t, dass „der Marsch“erlaubt wurde. Die Afrikaner distanzier­en sich von jeglicher Gewalt.

Werner Bayer, Einsatzlei­ter der Polizei, nimmt das zufrieden zur Kenntnis. Schon bei Besprechun­gen im Vorfeld der Kundgebung hätten sich die Gambier kooperativ gezeigt: „Heute haben sie es unter Beweis gestellt.“Gegen 14.50 Uhr beenden die Afrikaner ihre Aktion.

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Foto: Wolfgang Widemann An der Demonstrat­ion der Gambier in Donauwörth nahmen deutlich weniger Afrika ner teil als zuvor angekündig­t.

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