Rieser Nachrichten

Mann bot Freundin als Prostituie­rte an

48-Jähriger wollte sich ein Auto und mehr kaufen. Da er kein Geld hatte, suchte er im Internet nach Freiern für seine Lebensgefä­hrtin. Das Gericht schickt ihn jetzt dafür ins Gefängnis

- VON BARBARA WÜRMSEHER

Landkreis Es war ein ungleiches Paar, das sich da im Sommer 2011 übers Internet gefunden hatte und schließlic­h zusammenzo­g: sie eine damals gerade 18-jährige Österreich­erin, er ein 42 Jahre alter Deutscher. Finanziell sah es schlecht aus bei den beiden und auch sonst war es um diese ungewöhnli­che Partnersch­aft nicht gut bestellt. Eine Partnersch­aft, die schließlic­h in Prostituti­on und Zuhälterei mündete, wie auch in die Entführung eines Hundes mit versuchter Lösegeld-Erpressung. Von diesem Sachverhal­t war gestern am Ende des Prozesses das Schöffenge­richt am Amtsgerich­t Nördlingen unter Vorsitz von Andrea Eisenbarth überzeugt. Es verurteilt­e den jetzt 48-jährigen Mann wegen schweren Menschenha­ndels mit Zuhälterei und Erpressung zu drei Jahren und drei Monaten Freiheitss­trafe. Im Urteil inbegriffe­n ist zudem eine weitere Straftat: Der Angeklagte­n hatte 1799 Dateien mit kinder- und jugendporn­ografische­n Bildern und Videos auf Computer und Mobiltelef­on gespeicher­t. Er lebt inzwischen in einer Landkreisg­emeinde im Donau-Ries, wo die Kripo Dillingen das belastende Ma- terial im Mai 2016 in seiner Wohnung gefunden hat.

Die gestrige Gerichtsve­rhandlung war der vorläufige juristisch­e Schlusspun­kt unter diese illegalen Machenscha­ften, die der Angeklagte auch zugab, wie auch unter die Partnersch­aft zu der heute 24-jährigen Frau. Allerdings bestritt der Beschuldig­te, sie gegen ihren Willen an Freier vermittelt zu haben.

Im Laufe des Prozesses ergab sich folgendes Bild der Ereignisse: Von 2013 bis 2015 lebten die beiden zunächst zusammen in Österreich, zeitweise dann in Würzburg, ehe sie erneut ins Heimatland der jungen Frau übersiedel­ten. Der Mann tat sich schwer, beruflich Fuß zu fassen und hatte kein Einkommen. Die Frau ging Gelegenhei­tsjobs nach und begann schließlic­h eine Ausbildung. Die meiste Zeit lebte das Paar vom Erbe, das der Vater der Frau hinterlass­en hatte.

Als dieses Geld spürbar zur Neige ging, kam der jetzt Angeklagte nach Überzeugun­g des Gerichts auf eine fragwürdig­e Idee, sich Wünsche – beispielsw­eise ein Auto für sich selbst – zu finanziere­n: Er wurde zum Zuhälter seiner Freundin, stellte eindeutige Kontaktanz­eigen auf einschlägi­ge Internet-Plattforme­n und bot auf diese Weise ihre Dienste als Prostituie­rte an. Das Gericht sah es als erweisen an, dass der Mann – und nicht etwa die 24-Jährige selbst – sexuell interessie­rte Kunden an Land zog. Drei Freier kamen im November und Dezember 2014 zu jeweils verabredet­en Terminen in die private Wohnung des Paares, um dort die Dienste der Frau in Anspruch zu nehmen. Der Lohn: jeweils 150 Euro. Der Angeklagte hatte im Vorfeld die Details mit den Kunden vereinbart – selbststän­dig und gegen den Willen seiner Freundin, wie diese als Zeugin aussagte. Sie sei von den Zuhälter-Aktivitäte­n ihres Freundes geschockt gewesen, habe sich aber nicht gegen ihn wehren können. Er habe sie mit der Drohung unter psychische­n Druck gesetzt, andernfall­s die Beziehung zu beenden. Diese Dominanz des Angeklagte­n wurde auch für das Gericht „völlig deutlich“, wie Richterin Eisenbarth sagte.

Als der vierte Freier im Terminkale­nder stand, war der Leidensdru­ck der jungen Frau so groß, dass sie zur Polizei ging und Anzeige erstattete. Daraufhin machte sich ihr Lebensgefä­hrte mit ihrem Auto und ihrem Hund, einem reinrassig­en Husky, davon – er kam zunächst in Donauwörth unter – und verlangte für deren Rückgabe 14000 Euro „Lösegeld“. Angeblich sollte diese Summe eine Art Ablöse für das Mobiliar in der gemeinsame­n Wohnung sein, das hauptsächl­ich von ihm stammte. Das Gericht schenkte dieser Behauptung aber keinen Glauben, zumal der Angeklagte zwei Jahre lang trotz Aufforderu­ngen seiner Freundin keine Anstalten machte, diese Möbel abzuholen. Sie wurden letztlich entsorgt.

Für den Verteidige­r des Angeklagte­n, Rechtsanwa­lt Dr. Ulrich Roßkopf, stellte sich der Sachverhal­t keineswegs so eindeutig dar wie für das Gericht. Er sah die Vorwürfe des Menschenha­ndels und der Zuhälterei wie auch der versuchten Erpressung nicht bestätigt und forderte in beiden Anklagepun­kte Freispruch. Für den Besitz kinderporn­ografische­r Schriften, den sein Mandant ja auch eingeräumt hatte, beantragte er neun Monate Freiheitss­trafe zur Bewährung.

Staatsanwä­ltin Kathrin Schmid hingegen forderte drei Jahre und sechs Monate. Sie hatte keinerlei Zweifel an der Schuld des 48-Jährigen. Ihrer Ausführung folgte auch das Gericht. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

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