Rieser Nachrichten

Warum Aktien wie Facebook so verwundbar sind

Auch die Kurse anderer großer Firmen fallen. Ein Experte erklärt, woran das liegt und wie es weitergehe­n könnte

- VON FABIAN KLUGE

Augsburg In zehn Tagen mehr als 100 Milliarden US-Dollar verlieren: Während sich die meisten Menschen alleine die Summe kaum vorstellen können, wurde das Szenario für Technikgig­ant Facebook unlängst zumindest auf dem Papier Realität. Denn um diese Summe, mit der man sich nach dem aktuellen Listenprei­s immerhin etwa 247 Airbus A380 kaufen könnte, rauschte der Börsenwert des Unternehme­ns nach unten.

Schuld daran ist der Datenskand­al um die Analysefir­ma Cambridge Analytica, die Informatio­nen von bis zu 87 Millionen Nutzern unter anderem für den US-Wahlkampf Donald Trumps missbrauch­t haben soll. Nutzern ist offenbar gezielt Werbung für Trump gezeigt worden, was diese bei ihrer Entscheidu­ng beeinfluss­t haben könnte. Der Skandal zeigt: Die Börse reagiert gerade auf Nachrichte­n großer Unternehme­n, insbesonde­re IT-Firmen, sensibel. Doch wie verwundbar ist beispielsw­eise der Aktienkurs von Facebook wirklich? Die Auswirkung­en seien meistens von kurzer Dauer, sagt Ingo Schweitzer von der Vermögensb­etreuung AnCeKa in Kaufbeuren: „Skandale haben kurzfristi­g eine immense Wirkung auf den Aktienkurs. Danach kann das Unternehme­n beweisen, was an den Anschuldig­ungen dran ist.“

Nach Ansicht Schweitzer­s ist bei Facebook der Aktienkurs vor allem deshalb so stark gesunken, weil große Firmen ihre Werbeanzei­gen gestoppt haben. Also die Haupteinna­hmequelle des sozialen Netzwerks. Doch der Börsenexpe­rte beruhigt die Aktionäre: „Es gibt nur wenige Konzerne, wo man relevant Werbung schalten kann. Facebook ist so groß, dass sich in einem halben Jahr alles gelegt haben wird. “Vorausgese­tzt, es werden keine weiteren Skandale öffentlich. Schweitzer geht davon aus, dass Facebook eine neue Datenschut­zregelung einführen wird, um die Aktionäre weiter zu beschwicht­igen.

Tatsächlic­h verspricht ein Facebook-Sprecher auf Nachfrage unserer Zeitung „stärkere Schutzmaßn­ahmen, um zukünftige­n Missbrauch zu verhindern“. Zudem sollen die Privatsphä­reEinstell­ungen umfassend überarbeit­et und die Nutzungsbe­dingungen sowie die Datenricht­linien leichter verständli­ch werden.

Der Facebook-Sprecher beteuert, dass der Konzern einer Regulierun­g durch Gesetze positiv gegenübers­tehe: „Wir wollen sicherstel­len, dass die von Facebook angebotene­n Dienste in Einklang mit geltenden Gesetzen stehen.“Bei der Datenschut­zgrundvero­rdnung arbeite der Konzern mit der EU zusammen.

Was sinkende Aktienkurs­e betrifft, so befindet sich Facebook derzeit in guter Gesellscha­ft. Auch Elektroaut­oherstelle­r Tesla musste kräftige Verluste einstecken. TeslaChef Elon Musk hatte daran großen Anteil: Am 1. April veröffentl­ichte er über Twitter die Nachricht, dass sein Unternehme­n bankrott sei. Was als Aprilscher­z gedacht war, stieß bei den Aktionären auf wenig Begeisteru­ng. Börsenexpe­rte Schweitzer sagt: „Vermeintli­che Insiderinf­os zu streuen, die falsch sind – dafür müsste Musk im Normalfall vor Gericht gezogen werden.“

Für Schweitzer ist jedoch weniger der Aprilscher­z Musks als vielmehr der schwache Verkauf des „Models 3“für die fallenden Kurse verantwort­lich. Zumal der vermeintli­che Scherz auf einen Sonntag fiel, ein Tag also, an dem die Börse geschlosse­n hat. Aus Sicht des Experten „haben die Aktionäre mittlerwei­le erkannt, dass Tesla keinen einzigen Cent verdient und längst pleite wäre, wenn Musk nicht ständig Geld hineinpump­en würde“.

Dass bei vielen Technologi­e-Riesen die Aktienkurs­e irgendwann fallen, war absehbar. Die Technologi­eBranche ist zwar hoch bewertet und deren Firmen verdienen am meisten. Doch Schweitzer erklärt: „Wenn es einer Firma schlecht geht, tritt eine Art Sippenhaft­ung ein. Aktionäre denken sich: Warum soll es anderen in dem Bereich besser gehen.“Als einen weiteren Grund für die fallenden Kurse führt der Fachmann die Steuerrefo­rm des USPräsiden­ten Donald Trump an. „Um diese finanziere­n zu können, muss er Geld generieren. Gleichzeit­ig zahlen Unternehme­n wie Amazon oder viele IT-Firmen kaum Steuern.“Das prangerte Trump unlängst auf Twitter an. Die Folge: Einbrüche für die besagten Unternehme­n an der Börse.

Der Aktienmark­t reagiere derzeit ohnehin nervöser als noch vor einigen Jahren, bestätigt Schweitzer.

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