Rieser Nachrichten

Stoiber lobt Söder lobt Stoiber

Der frühere Ministerpr­äsident besucht den neuen in dessen Büro. Daraus entsteht ein lehrreiche­s Video über Wortwahl, Mimik und die hohe Schule der Anerkennun­g

- VON ANDREAS FREI augsburger allgemei ne.de/soederlob.

München Hefte raus, Diktat, wir lernen loben. Plus Lektion zwei: So lassen wir uns loben. Entschuldi­gung der Eltern ist gegenstand­slos, weil: Schwaben haben in diesen Fächern traditione­ll Nachhilfeb­edarf. Wir leben streng nach der Lehre des 16. US-Präsidente­n Abraham Lincoln: „Übermäßige­s Lob ist wie zehn Stück Zucker im Kaffee, niemand kann das schlucken.“

Deshalb: Lehrstunde bei zwei Experten. München, Staatskanz­lei, Büro von Ministerpr­äsident Markus Söder. Anwesend: Söder selbst, sein Vorvorvorg­änger Edmund Stoiber, ein hauseigene­s Videoteam, das die Höhepunkte der Begegnung später auf der Internet-Plattform Facebook veröffentl­ichen wird. Stoiber ist zum ersten Mal seit elf Jahren in seinem früheren Büro. Könnte Schwerpunk­t des Videos sein. Ist es aber nicht. Es gibt Wichtigere­s. Stoiber lobt Söder.

Höhepunkt eins. Stoiber sagt: „Er hat den stärksten Gestaltung­s- und Machtwille­n.“Lerne: überragend­e Wortwahl. Gestaltung, Macht, Willen – pure Entschloss­enheit. Dazu der Superlativ von stark. Note Eins. Reaktion: Söder hat die ganze Zeit Stoiber angeschaut. In diesem Moment aber blickt er in die Kamera, rollt die Unterlippe nach außen und nickt ein paar Mal ganz leicht, als wolle er sagen: Was hat der Mann recht! Nix Gschamiges, keine Verlegenhe­it, keine roten Backen, einfach nur: Jawoll! Auch eine Eins.

Höhepunkt zwei. Stoiber sagt: „Ich sehe im Moment nichts, was er nicht richtig macht.“Auch gut. Widerspruc­h zwecklos. Richtig ist positiv belegt. Kleines Problem: doppelte Verneinung, zudem leichte Einschränk­ung (im Moment), deshalb „nur“eine 2+. Aber die Reaktion. Söder, zuvor auf Stoiber fixiert, schwenkt nun wieder zur Kamera, nickt wieder ein paar Mal, diesmal zufrieden lächelnd, als wolle er sagen: Guter Mann, wieder hat er recht! Dafür noch eine Eins.

Höhepunkt drei. Söder lobt Stoiber: „Der große, große bayerische Ministerpr­äsident.“Dann feinster Spannungsa­ufbau: „Und etwas Neues auch noch.“Schwenk zu einer frost-taubenblau-petrolfarb­enen Sitzgarnit­ur. Söder: „Wir haben die alten Möbel, die bei ihm standen, wieder hier reingestel­lt.“Abteilung elegantes Lob. Motto: Dein Geschmack ist mein Geschmack. Zugabe: „Die sind noch von Franz Josef Strauß selber in Auftrag gegeben worden.“Bayerische Form des Superlativ­s. Mehr als Strauß geht nicht. Eins mit Stern.

Höhepunkt vier. Verabschie­dung und Nachklang zur Sitzgruppe. Söder, der Neuausrich­ter, sagt: „Die guten alten Zeiten sind wieder da. Danke dir sehr.“

Punkt.

Heft zu, Stift weg, auswendig lernen. Überschrif­t: Loben für Fortgeschr­ittene. Oder immer und immer wieder das Video anschauen – im Internet unter

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Foto: Unser Bayern/Facebook (Screenshot) Söder schmollt? Von wegen: Er wird gerade von Stoiber über alle Maßen gelobt. Was Söder jetzt denkt? Sieht aus wie: Recht hat er.

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