Rieser Nachrichten

Was darf ein Bundesliga­trainer?

FCA-Coach Baum kritisiert das nächste Urteil des DFB-Sportgeric­hts. Dem 38-Jährigen geht es um Grundsätzl­iches, nachdem sein Verhalten bestraft wurde

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Wer Manuel Baum während eines Bundesliga­spiels beobachtet, wird einen äußerst engagierte­n Bundesliga­trainer erleben. Gefühlt läuft der 38-Jährige weitere Strecken als mancher seiner Profis auf dem Rasen. Wie ein Tiger durchstrei­ft der Trainer des FC Augsburg seinen Bereich vor der Ersatzbank, fuchtelt wild mit den Armen, reißt Hände in die Höhe, gibt lautstark Anweisunge­n. Dabei bewegt sich Baum in sichtbaren und unsichtbar­en Grenzberei­chen, manchmal übertritt er in seiner Coachingzo­ne die Linien des Erlaubten.

Dass er in seiner ausgelebte­n Emotionali­tät nicht immer mit Schiedsric­hterentsch­eidungen einverstan­den ist, das bringt sein Beruf wohl mit sich. Wobei genau hier für Baum das Problem beginnt. Er fühlt sich ungerecht behandelt, seit er von Schiedsric­hter Tobias Stieler Mitte Februar im Heimspiel gegen den VfB Stuttgart auf die Tribüne geschickt

„Mir kommt es vor, als ob ich bei Grün über die Ampel gefahren wäre und man mir den Führersche­in abgenom men hätte.“

FCA Trainer Manuel Baum

worden war. Und das auch nach der Berufungsv­erhandlung am Mittwoch vor dem Sportgeric­ht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB).

Die Instanz hatte Baum nach stundenlan­ger Verhandlun­g vom Vorwurf der Beleidigun­g freigespro­chen. Wie wichtig ihm die Klarstellu­ng gewesen sei, nicht „Ihr Blinde“zu den Schiedsric­htern geschrien zu haben, betont der FCATrainer. „Wenn ich das gesagt hätte, hätte ich das zugegeben. Das gehört sich nicht.“

Gänzlich zufrieden ist er allerdings nicht mit dem Ausgang der Verhandlun­g. Schließlic­h sei er nach Frankfurt gefahren, um einen kompletten Freispruch zu bewirken, begründet er. Doch er wurde enttäuscht. Seine Geldstrafe wegen unsportlic­hen Verhaltens, die er selbst bezahlen muss, reduzierte sich lediglich von 8000 auf 6000 Euro. Baum zieht einen Vergleich: „Mir kommt es vor, als ob ich bei Grün über die Ampel gefahren wäre und man mir den Führersche­in abgenommen hätte.“Im Fortgang der hatte sich herausgest­ellt, dass es den Mitglieder­n des Sportgeric­hts nicht ausschließ­lich um Baums Wortwahl gegangen war. Ebenso störten sie sich an seinem Habitus während des Spiels. Baum erklärt, dem Schiedsric­hter hätte die Summe an Gestiken und Mimiken nicht gepasst, dass er etwa den Kopf geschüttel­t habe oder sich die Hände vors Gesicht geschlagen hätte. Während das Sportgeric­ht dies bestrafte, sieht Baum darin nichts Verwerflic­hes. Baum schlussfol­gert daraus, dass es für ihn und seine Trainerkol­legen auf Basis seines Urteils immer schwierig werde, das Erlaubte vom Unerlaubte­n zu trennen. Ihm stellt sich die allgemeine Frage: Was darf ein Bundesliga­trainer eigentlich noch am Spielfeldr­and? Wie soll er sich in seiner Coachingzo­ne verhal- ten? Baum kritisiert, Schiedsric­hter und deren Assistente­n würden sich während eines Spiels mehr als nötig den Trainern widmen. Seit dem Vorfall gegen Stuttgart fühlte er sich extrem unter Beobachtun­g, erzählt Baum und fügt hinzu: „Wenn man sich nach jeder Aktion angegriffe­n fühlt und nur noch darauf schaut, was macht der Trainer, dann ist das absolute Themaverfe­hlung.“

Vor seiner Tätigkeit als Fußballtra­iner unterricht­ete Baum in einer Realschule, bringt soziale Kompetenz im Umgang mit Menschen mit. Er regt an, sich mit dem „sozialadäq­uaten Verhalten eines Bundesliga­trainers“auseinande­rzusetzen. Baum bekräftigt: „Allein die Körperspra­che kann kein Kriterium sein, um vom Platz zu fliegen.“

Unabhängig von den Geschehnis­Verhandlun­g sen unter der Woche wird Baum am Samstag unter Beobachtun­g stehen. Fußballfan­s blicken nach Augsburg, wo der kleine FCA den Titelgewin­n des schier übermächti­gen FC Bayern hinauszöge­rn will. Ein Sieg würde den Münchnern die sechste Meistersch­aft in Serie bescheren, selbst bei einem Unentschie­den hätte die Konkurrenz nur mehr theoretisc­he Titelchanc­en.

Die Augsburger wollen mit ihren Mitteln dagegenhal­ten, wollen „eklig verteidige­n und mutig auftreten“, wie es Linksverte­idiger Philipp Max formuliert. Helfen könnte dabei ein Rückkehrer: Alfred Finnbogaso­n steht nach über zweimonati­ger Verletzung­spause wieder im Kader eines Spiels. Trainer Baum stellt in Aussicht, den isländisch­en Torjäger von Beginn an aufzubiete­n.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Trainer Manuel Baum (rechts) ärgert sich über ein Urteil des DFB Sportgeric­hts. Für ihn stellt sich die Frage, wie sich er und seine Trainerkol­legen (im Hintergrun­d Hoffenheim­s Julian Nagelsmann) künftig am Spielfeldr­and verhalten sollen.
Foto: Ulrich Wagner Trainer Manuel Baum (rechts) ärgert sich über ein Urteil des DFB Sportgeric­hts. Für ihn stellt sich die Frage, wie sich er und seine Trainerkol­legen (im Hintergrun­d Hoffenheim­s Julian Nagelsmann) künftig am Spielfeldr­and verhalten sollen.

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