Marco Sturm beginnt wieder bei null
Neulich gut geträumt: Nach dem sensationellen Gewinn der Silbermedaille von Pyeongchang erlebt die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft goldene Zeiten. Die Sponsoren, die bisher einen weiten Bogen um die schwer zu vermarktende Sportart machten, rennen dem klammen Verband die Bude ein. Jeder will auf einigen Quadratzentimetern des Erfolgstrikots vertreten sein. Der Deutsche Eishockey-Bund schwimmt im Geld, kann seine Spieler inzwischen selbst bezahlen und nicht wie bisher die Klubs übernehmen die Gehälter der Nationalspieler.
So weit der Traum. Die Realität kommt eher grau daher. 41 Tage nachdem ganz Deutschland mit den Puckjägern zitterte, beginnt der Alltag. Die deutsche Nationalmannschaft bestreitet heute ihr erstes Spiel seit Olympia. Der Gegner heißt wieder Russland, doch damit sind die Gemeinsamkeiten beider Partien erschöpft. Das Match heute in Sotschi ist ein besseres Trainingsspiel gegen die vermutlich vierte Mannschaft der Russen. Die besten Profis wie Alexander Owetschkin sind noch in der nordamerikanischen NHL oder in der russischen KHL zugange. Bundestrainer Marco Sturm muss auf die Nationalspieler aus Berlin, München, Mannheim und Nürnberg verzichten. Kein einziger Silbermedaillengewinner steht im Kader.
Wo gibt es denn so etwas? Während in der DEL um den Finaleinzug gekämpft wird, jagt am gleichen Abend die Nationalmannschaft dem Puck hinterher. Doch solche Tests wie heute in Sotschi müssen sein. Selbst wenn ein AEV-Profi wie Jaroslav Hafenrichter sein Länderspiel-Debüt geben wird. Ein Mittelstürmer, der beim DEL-Zwölften Augsburg allerhöchstens in der dritten Reihe aufläuft, soll den Silbermedaillengewinner der Olympischen Spiele nach vorne bringen? Auch das macht Sinn, denn einige Akteure aus dem heutigen Team werden bei der WM ab dem 4. Mai in Dänemark dabei sein und müssen sich in Form halten. Marco Sturm fängt wieder bei null an, muss wieder aus einer Anhäufung von Namenlosen eine Einheit formen. In Südkorea hat das sensationell gut funktioniert.