Rieser Nachrichten

Der Landkreis muss Strafzinse­n zahlen

Der Landkreis Donau-Ries ist schuldenfr­ei. Damit fallen zwar keine Zinsen mehr für Kredite an – doch auch Rücklagen können in diesen Tagen Geld kosten

- Interview: Martina Bachmann

Herr Seiler, Sie arbeiten in der Kämmerei des Landratsam­tes. Können Sie uns sagen, ob der Landkreis derzeit Geld auf der hohen Kante hat?

Helmut Seiler: Der Landkreis ist zunächst einmal gesetzlich verpflicht­et, eine Mindestrüc­klage zu haben. Damit soll verhindert werden, dass er ins Minus rutscht. Aus unserer Rücklage entnehmen wir in diesem Jahr laut Haushaltsp­lan zwei Millionen Euro, um den Etat auszugleic­hen. Ende 2018 werden wir dann aller Voraussich­t nach eine Rücklage von 2,6 Millionen Euro haben.

In der vergangene­n Kreistagss­itzung wurde von Dr. Andreas Becker (Frauen/ÖDP/Freie Wähler) gefragt, ob der Kreis für seine Einlagen Strafzinse­n bezahlt. Das wurde damals bestätigt. Wie viel Geld hat der Landkreis im vergangene­n Jahr dafür ausgegeben?

Seiler: Seit 2017 müssen wir sogenannte Verwahrung­sentgelte zahlen, die werden umgangsspr­achlich Strafzinse­n genannt. Wir haben zwar mit unseren Hausbanken Freibeträg­e vereinbart, aber alles, was diesen übersteigt, wird mit 0,4 Prozent Zinsen belastet.

Und wie hoch war die Summe für das Jahr 2017 konkret?

Seiler: Insgesamt hat der Landkreis im vergangene­n Jahr rund 45000 Euro an Verwahrent­gelten bezahlt. Das relativier­t sich allerdings, wenn man das Volumen des gesamten Etats gegenüber stellt: rund 146 Millionen Euro. Wir buchen jeden Tag Summen im sechs- bis sieben- Bereich. Und nicht immer sind die Einnahmen zu dem Zeitpunkt da, an dem man auch Ausgaben hat. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Wir bekommen für Schulbaute­n Zuschüsse, haben aber auf der anderen Seite aber Handwerker­rechnungen zu bezahlen. Die Zuschüsse kommen im Herbst, die Rechnungen müssen wir schon jetzt begleichen.

Wäre es dennoch nicht sinnvoller, mit Krediten zu arbeiten – wie dem Überziehun­gskredit auf dem Girokonto? Seiler: Nein, solche Kassenkred­ite würden noch mehr kosten, als die Verwahrent­gelte. Nur bei langfristi­gen Förderkred­iten bekommen wir sehr günstige Zinsen.

Damit scheinen doch diese langfristi­gen Kredite attraktiv zu sein?

Seiler: Wir sind froh, dass wir schuldenfr­ei sind, dank Landrat Stefan Rößle, der das Entschuldu­ngskonzept gemeinsam mit den Städten und Gemeinden umgesetzt hat. Vor zehn Jahren haben wir noch jährlich eine Million Euro nur für Schuldzins­telligen sen bezahlt. Selbstvers­tändlich ärgern wir uns über die 45000 Euro, aber diese Summe ist weitaus geringer, als wenn wir Schulden aufbauen. Zumal man die sehr langsam zurückzahl­t.

Wie könnte man die Strafzinse­n sonst vermeiden?

Seiler: Nun, wir könnten uns einen Tresor anschaffen und das Geld da reinlegen. Aber da gibt es erhebliche Sicherheit­sbedenken, wir müssten Versicheru­ngsbeiträg­e bezahlen, das Geld raus und rein nehmen. Die Alternativ­e wäre, das Geld bei Privatbank­en anzulegen. Aber der Landkreis gilt seit dem 1. Oktober 2017 als sogenannte­r „profession­eller Marktteiln­ehmer“. Das bedeutet: Gerät die Bank in Schieflage, kann unser Geld weg sein. Das ist ein erhebliche­s Risiko. Und wir können nicht abschließe­nd beurteilen, wie eine Privatbank wirklich da steht. Aus Ihrer Sicht bleibt also gar nichts anderes übrig, als die Strafzinse­n in Kauf zu nehmen?

Seiler: Die Sicherheit geht vor, das Geld der Bürger muss sicher verwahrt sein. Daher arbeiten wir mit Sparkassen und Genossensc­haftsbanke­n zusammen, bei denen unsere Einlagen komplett gesichert sind, und nehmen das Verwahrent­gelt zähneknirs­chend in Kauf. Wir versuchen aber, die Rechnungen immer sofort zu zahlen, damit so wenig Strafzinse­n wie möglich anfallen. Und wir hoffen, dass sich die Zinswelt wieder normalisie­rt.

 ?? Symbolfoto: Ralf Lienert ?? Der Landkreis muss für seine Guthaben Strafzinse­n zahlen – im Jahr 2017 waren das insgesamt rund 45 000 Euro.
Symbolfoto: Ralf Lienert Der Landkreis muss für seine Guthaben Strafzinse­n zahlen – im Jahr 2017 waren das insgesamt rund 45 000 Euro.

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