Nördlinger Spiel bei „Bares für Rares“
In der ZDF-Sendung wird eine Rarität angeboten, die aus dem Ries stammt. Was der 83 Jahre alte Adoptivsohn über den Erfinder des Spiels berichten kann
Nördlingen In der ZDF-Sendung „Bares für Rares“wurde unlängst von einem Ehepaar aus Heidenheim eine Rarität aus den 1930er Jahren zum Verkauf angeboten. Die stammte offensichtlich von einem „Spieleerfinder“aus Nördlingen: Wilhelm Keil. Die Sachverständigen aus dem Fernsehen wussten mit dem Namen Keil nicht sehr viel anzufangen und die beiden Spiele mit den Titeln „Rrrum ums Eck!“und „Rrrunter vom Bock!“fanden bei den Händlern nur mäßiges Interesse. Wer war nun dieser Keil?
Stadtarchivar Wilfried Sponsel kennt zwar die Spiele vom Hörensagen und weiß, dass ein „Mechaniker“Wilhelm Keil in der Nördlinger Polizeigasse wohnhaft war, aber mit dem Sterbedatum 1957 verlor sich zumindest in Nördlingen die Spur. Ein wenig mehr findet sich da schon bei Dr. Petra Ostenrieder vom Heimatmuseum Oettingen, deren Datensammlung wegen der unlängst zu Ende gegangenen Spieleausstellung etwas umfangreicher ist. Immerhin kann sie darüber Auskunft geben, dass Wilhelm Keil ein 1874 gebürtiger Oettinger war, Sohn eines Sattlers, und im Jahre 1898 nach Nördlingen ging.
Dort muss er ziemlich schnell Karriere (oder besser: gute Geschäfte) gemacht haben, denn er galt Anfang des 20. Jahrhunderts als einer der reichsten Nördlinger. Sein 83-jähriger Adoptivsohn Manfred erzählt im Interview mit unserer Zeitung sogar, dass dieser eines der ersten Automobile in Nördlingen besessen habe, einen „Mars“.
Auch sonst lebte der „Self-MadeMann“(Originalton Manfred Keil) auf ziemlich großem Fuß, sei aber schon ein „rechter Hallodri“gewesen, der mit allem und jedem ein Geschäft laufen hatte. Fotos oder Unterlagen von seinem Vater hat er nicht mehr, das hat er alles den rechtmäßigen Erben übergeben. Aber einige Anekdoten hat er auf Lager, die das Leben des Wilhelm Keil höchst amüsant illustrieren.
So hat der „Patent-Keil“, so sein Spitzname, seinerzeit völlig neuartige Matratzenfedern konstruiert, die ohne Verschnüren befestigt werden konnten. Das Patent verkaufte er zwar für 20 000 Goldmark, um den eigentlichen Verkaufserfolg hat er sich aber betrügen lassen.
Die beiden Spiele hat er auch nicht über einen Verlag vertrieben, sondern selbst an den Mann beziehungsweise den Nachwuchs gebracht – indem er persönlich in die Schulen ging, die Schüler einen Wettlauf machen ließ und dem oder der Besten als 1. Preis sein Spiel schenkte. Allen, die leer ausgingen, verkündete er die Adresse, wo deren Eltern das Spiel käuflich erwerben konnten. Marketing von damals. Und ein echter Patriot sei er gewesen, fügt Manfred Keil hinzu, denn als während des Ersten Weltkriegs die Kampagne „Gold geb’ ich für Eisen“zur Finanzierung des Krieges ausgerufen wurde, soll er einer der Ersten gewesen sein, die Schmuck und Goldmark eintauschten und dann, während der Inflation nach dem Krieg, alles verloren. Aber er soll immer wieder auf die Füße gefallen sein, sich als Möbelvertreter, Sattler und Tapezierer und mit anderen Geschäften mehr als über Wasser gehalten haben. „Doch anlegen konnte er sein Geld nicht“, sagt Keil, „es war ja immer alles schwarz, was er verdient hat.“Und so verliert sich die Spur des „Patent-Keil“in den Nachkriegsjahren. Nur die Spiele sind geblieben, unlängst im Fernsehen und im Heimatmuseum Oettingen.