Rieser Nachrichten

Kettenbrie­f bedroht Kinder mit dem Tod

Eine Computerst­imme kündigt über WhatsApp Morde an. Jetzt greift die Polizei ein

- VON SARAH RITSCHEL

Krumbach/Augsburg Das Mädchen konnte tagelang nicht richtig schlafen. „Sie schaut ständig, ob ich da bin“, erzählt Bianca Müller von ihrer Tochter. „Und wenn sie in den Garten geht, will sie, dass die Terrassent­ür offen bleibt.“Vor ein paar Tagen habe das angefangen, an dem Abend, als die Zehnjährig­e eine Sprachnach­richt aufs Handy bekam, bei der es sogar ihre Mutter gruselte. Eine Computerst­imme droht darin, das Mädchen, ihre Freunde und Eltern „in einer brutalen Weise umzubringe­n“, wenn sie die Nachricht nicht an „mindestens 20 Leute“weiterschi­cke.

Über den Messenger-Dienst WhatsApp verbreitet sich der Kettenbrie­f schnell. Müllers Tochter besucht die Mittelschu­le Krumbach, doch auch Kinder in Bad Wörishofen haben ihn bekommen. Aus dem Kreis Landsberg berichten Eltern von der gruseligen Sprachnach­richt, rund um Schwabmünc­hen im Landkreis Augsburg und im Kreis Donau-Ries, überall sind Fälle bekannt.

Auch die Polizei kennt den Inhalt der Nachricht, die meist als unkommenti­erte Audiodatei verschickt wird. „Ich werde in einer Ecke stehen und dich die ganze Nacht lang beobachten“, heißt es da. Nach den Todesdrohu­ngen zählt die abgehackte Computerst­imme Kindername­n auf, die den Brief angeblich nicht beachtet und das mit dem Tod bezahlt haben. „Deswegen noch mal: Schicke diesen Brief weiter, ansonsten: Du weißt, was passiert. Mit blutigen Grüßen… Damian.“In einer anderen Version der Nachricht nennt sich der Absender Jeff.

Auf einen Hinweis unserer Zeitung hin hat das Polizeiprä­sidium Schwaben-Nord gestern über die sozialen Netzwerke begonnen, Eltern und Kinder über die gefälschte Nachricht aufzukläre­n. „Prävention steht in solchen Fällen an erster Stelle“, erklärt Markus Trieb vom Präsidium in Augsburg. Woher der Brief kommt, sei im Moment „absolut nicht eingrenzba­r“. Der Urheber könne schließlic­h überall sitzen, auch im Ausland. Um zu ermitteln, braucht die Polizei konkrete Ansätze. Außerdem sei nicht klar, wann die Nachricht verfasst wurde. Sie kursierte offenbar schon mehrfach – mal als Textbotsch­aft, mal als Sprachnach­richt, wie Eltern gegenüber unserer Zeitung berichten. Auf den Urheber, wenn er denn jemals gefunden werden sollte, wartet ein Verfahren. „Er bedroht in seiner Nachricht aktiv Menschen mit dem Tod. Das ist definitiv eine Straftat“, erklärt der Polizeispr­echer. Den Kindern könne man keine Vorwürfe machen. „Sie schicken den Brief schließlic­h nur aus Angst weiter.“

Kettenbrie­fe über WhatsApp sind nicht selten. Manche verspreche­n mehr Smileys, wenn man sie verbreitet, andere eine neue Farbe für die Smartphone-Tastatur. Um Silvester kündigte eine Pseudo-Botschaft „ein schlechtes Jahr“für den Empfänger an, sofern er sie ignoriere. Kettenbrie­fe mit so krassem Inhalt kommen weit seltener vor.

Bianca Müller aus Oberegg (Landkreis Günzburg) hat sich sofort an die Schule gewandt, nachdem ihre Tochter auf mehrfache Nachfrage doch noch verraten hatte, warum sie sich fürchte und nur noch bei Licht schlafen wolle. Karin Virag, Leiterin der Mittelschu­le Krumbach, hat daraufhin einen Warnbrief an die Eltern aufgesetzt. Der Schulsozia­larbeiter berät Familien dazu, was am besten zu tun ist. „Es ist wichtig, dass Eltern ihre Kinder nicht unter Druck setzen und neugierig alle Inhalte auf deren Handy überprüfen“, sagt Virag. Im jetzigen Fall aber sollten sie schon kontrollie­ren, ob ihre Kinder die schockiere­nde Ankündigun­g bekommen haben. „Die beste Lösung ist, sie sofort zu löschen.“Bianca Müller hat mit ihrer Tochter über die Nachricht gesprochen. „Ich habe ihr gesagt, dass der Absender nur ein dummer Mensch ist, der anderen Angst machen will und dass niemandem etwas passieren wird. Aber aus einem Kinderkopf bekommt man so was nur schwer heraus.“

Kettenbrie­fe über WhatsApp sind weitverbre­itet

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