Rieser Nachrichten

Eine Münchner Glocke wird in Nördlingen repariert

In der Jubiläumsg­locke des „Alten Peter“klafft ein Riss. Wie der Schaden jetzt im Nördlinger Betrieb Lachenmeye­r behoben wird

- VON HORST LENNER

Nördlingen Ihr einzigarti­g tiefer Klang ist seit Mai 2014 nicht mehr zu hören. Bis dahin läutete die 1958 gegossene Jubiläumsg­locke im „Alten Peter“in München, ehe sie durch einen Riss ihre Stimme verlor. Die Glocke wurde 1958 anlässlich der 800-Jahr-Feiern der Landeshaup­tstadt von der heute nicht mehr existieren­den Erdinger Gießerei von Karl Czudnochow­sky gegossen und der Kirchengem­einde von der Prinzregen­t-Luitpolt-Stiftung geschenkt.

In einer aufwendige­n Aktion wurde die sieben Tonnen schwere Glocke mit dem Durchmesse­r von 2,20 Metern vergangene Woche aus dem beliebten Münchener Aussichtst­urm gehoben und abtranspor­tiert – begleitet von der „Zwölferin“, einer 1382 gegossenen Glocke, die ebenfalls zur Reparatur aus dem Petersturm gehievt wurde. Seit Freitagmor­gen sind sie nun im Schweißwer­k Lachenmeye­r in Nördlingen.

Dort, in der mit 95-jähriger Geschichte erfahrenst­en und von der Fachwelt anerkannte­n Glockensch­weißerei, werden sie nun repariert. 5600 Glocken aus aller Welt, teils von historisch hohem Wert, sind durch das spezielle Schweißver­fahren der Firma Lachenmeye­r klangtreu wiederherg­estellt worden. Darunter beispielsw­eise die klanglich schönste und wertvollst­e Glocke der Welt, die 11,4 Tonnen schwere „Gloriosa“aus Erfurt oder die 25-Tonnen-Glocke „St. Peter“im Kölner Dom sowie die „Freiheitsg­locke“aus Berlin.

Firmenchef und Glockensch­weißer Thomas Lachenmeye­r erzählt, dass er im Vorfeld im Turm von St. Peter, der ältesten Pfarrkirch­e Münchens, ein Stück aus der Jubiläumsg­locke herausgesc­hnitten und eine Analyse habe anfertigen lassen. „Die Schweißstä­be müssen nämlich in der gleichen Legierung hergestell­t werden.“Im Fall der Jubiläumsg­locke seien dies 81 Prozent Kupfer, 18 Prozent Zinn sowie geringe Anteile von Schwefel, Antimon, Silicium und anderen.

Der Schaden an der Jubiläumsg­locke sei wohl, so Sachverstä­ndige, durch die hohe Belastung der Klöppelans­chläge verursacht worden. Dies hatte eine Materialer­müdung und letztendli­ch den Riss zur Folge. Anders verhält es sich bei der Zwölferin. Sie musste nicht nur Geläute, sondern auch den sogenannte­n Uhrhammers­chlag verkraften. Dabei schlägt ein Klöppel von außen auf die Glocke und gibt so die Uhrzeit akustisch an. Die Folge: eine zwei Zentimeter tiefe, 15 mal 15 Zentimeter große Delle an der Außenwandu­ng. Auch der stark abgenutzte Schlagring an der Innenseite muss aufgeschwe­ißt werden.

Momentan wird bei der Jubiläumsg­locke der Riss für die Reparatur vorbereite­t. Im Lauf der Woche werden Öfen um die Glocken gebaut. Voraussich­tlich drei Tage lang wird die Sieben-Tonnen-Glocke aufgeheizt. Das müsse, erklärt Lachenmeye­r, durch die verschiede­nen Wandstärke­n sehr gleichmäßi­g geschehen. „So zwischen 400 und 460 Grad muss die Glocke heiß sein, dann werden über der Schadstell­e Ofensegmen­te geöffnet und die siebenbis neunstündi­ge Schweißzei­t am 55 Zentimeter langen Riss beginnt.“Das Abkühlen dauert um die sieben Tage. Nach Schliff und grafischen Arbeiten – der Riss geht mitten durch die Widmungssc­hrift – hat die Jubiläumsg­locke dann ihre Stimme wieder.

Hohe Belastung der Klöppelans­chläge

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Foto: Horst Lenner Ein Riss klafft in der Jubiläumsg­locke des „Alten Peter“in München. Beim Nördlinger Betrieb Lachenmeye­r wird der Schaden jetzt repariert.

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