Blasmusik zum Niederknien
Die Stadtkapelle Neresheim präsentierte zusammen mit dem Oettinger Streichquartett Mozarts Hornkonzert in der Klosterkirche in Kirchheim am Ries
Es war zweifellos jetzt schon einer der Höhepunkte der diesjährigen Rieser Kulturtage. Das Konzert des symphonischen Blasorchesters der Stadtkapelle Neresheim zusammen mit dem Oettinger Streichquartett unter der Leitung von Dirigent Bernd Simon. Aber nicht nur wegen der herausragenden Leistungen der Akteure, auch wegen der zum Sitzen unglaublich unbequemen Bänke in der ansonsten ja wunderschönen Kirche. Die über 100 Zuhörer waren sicherlich des Öfteren geneigt, sich einfach hinzuknien, um der strapaziösen Sitzhaltung zu entgehen.
Doch die Musiker fingen die Malaise an diesem denkwürdigen Abend im wahrsten Wortsinn spielerisch auf. Erschien bei den ersten Takten von James Barnes „Klagelied“das hohe Blech (wohl dem Kirchenraum geschuldet) noch etwas grell, war das Konzert im folgenden der reine Genuss. In Tosellis „Serenata Sentimentale“wurde das Orchester überaus einfühlsam von Roman Strössner an der Violine begleitet und spätestens beim Thema aus „Schindlers Liste“von John Williams war klar, dass man heute Außergewöhnliches erleben würde. Mit einem der Höhepunkte, Wolfgang Amadeus Mozarts Hornquintett in Es-Dur (KV 407), welches das Oettinger Streichquartett gab, verstärkt mit dem Hornisten Lars Bausch. Mozarts Freundschaft zum Hornisten Ignaz Leutgeb verdanken wir dieses ungewöhnliche Kammermusikwerk, in welchem das begleitende Streichquartett statt mit zwei Violinen mit zwei Bratschen besetzt ist, was dem dunklen warmen Timbre des Horns entgegen kommt und dem Werk eine einzigartige Klangwirkung verleiht.
Das Quintett spielte seinen Part vor dem Orchester platziert und nach dem Verklingen des letzten Tones waren erste Bravo-Rufe zu hören. Verdient! Mit dem Programm dieses Konzertes gelang es Bernd Simon, der ja sonst auch als Bratschist im Oettinger Streichquartett agiert, in einzigartiger Weise, die Musikgattungen der klassischen Kammermusik, des Solokonzerts und der symphonischen Blasmusik zu verweben. Wie gut alle Musiker zusammenwirkten, zeigte sich gleich danach bei Max Bruchs „Kol Nidrei“, das in der Fassung für Solocello und Bläser zu hören war. Hier glänzte Simon Kress am Violoncello. Wie gut, dass Bruch diese Elegie seinerzeit auf Anregung des Cellisten Robert Hausmann für dieses Instrument komponierte, nachdem er sich zunächst, nach den
Erfolgen seiner Violinkompositionen, geweigert hatte. Bruch hatte allerdings nicht die Absicht, das Gebet in seinem Werk zu einem sakralen oder gar original jüdischen Musikwerk umzugestalten, sondern sah die Themen des Gebetes „Kol Nidrei“damals eher als Anregung aus dem Bereich der Volksmusik. Gut gedacht und ein Glück für die begeisterten Zuhörer in Kirchheim, die so in den Genuss auch dieses Werkes kamen und nochmals Orchester und Streicher in perfekter Harmonie erleben durften. Die Bravo-Rufe wurden lauter, bevor der Schluss, die „Toccata“von Girolamo Frescobaldi erklang. Stehender Applaus und eine – vorher nicht eingeplante – Zugabe entließen die Zuhörer aus einem wirklich schönen und besinnlichen Konzertabend.
Nochmals Bravo!