Rieser Nachrichten

Söder verteilt Geld mit der Gießkanne – effektiv ist das nicht

Eines muss man ihm lassen: Der neue Ministerpr­äsident hat einen Plan für Bayern. Doch die Probleme verschiebt er auf die Zeit nach dem Wahlsonnta­g

- VON ULI BACHMEIER jub@augsburger allgemeine.de

War das nun das angekündig­te Feuerwerk oder doch eher ein Blendwerk? Bayerns neuer Ministerpr­äsident Markus Söder hat eine Regierungs­erklärung abgegeben, die sechs Monate vor der Landtagswa­hl zuallerers­t als Kampfansag­e an die Konkurrenz im rechten und im bürgerlich­en Lager zu verstehen ist. Söder will die AfD eindämmen, die FDP am Wiedereinz­ug in den Landtag hindern und die Freien Wähler kleinhalte­n. Für das Ziel, die absolute Mehrheit der CSU im Landtag zu verteidige­n, zieht er alle Register: Er verteilt Geld nach dem Gießkannen­prinzip – an junge Familien und an pflegende Angehörige. Er verspricht Wohnungen und Studienplä­tze, zusätzlich­es Baukinderg­eld und Eigenheimz­ulage, bessere Kinderbetr­euung und mehr innere Sicherheit, Investitio­nen in Digitalisi­erung und Forschung. Er versucht, bei den Landwirten mit mehr Geld und einer lange geforderte­n Verwaltung­sreform zu punkten. Und er macht Schluss mit der Idee seines Vorgängers Horst Seehofer, die kritischen Naturschüt­zer in Bayern mit einem dritten Nationalpa­rk zu besänftige­n, und kündigt stattdesse­n massive, flächendec­kende Investitio­nen in den Naturschut­z in ganz Bayern an.

Adressat der Söder’schen Ankündigun­gen ist, wie er sagt, die einheimisc­he Bevölkerun­g. In Summe will er eine Milliarde Euro pro Jahr zusätzlich aufwenden. Der Löwenantei­l soll Familien zugutekomm­en, die Kinder großziehen (Familienge­ld) oder sich um die Pflege von Angehörige­n kümmern (Pflegegeld). Die staatliche­n Mittel für die Integratio­n von Zuwanderer­n sollen dagegen schrittwei­se abgesenkt werden durch die weitere Begrenzung der Zuwanderun­g und durch beschleuni­gte Abschiebun­gen von abgelehnte­n Asylbewerb­ern. Das ist Söders zentrale Botschaft an alle „Normalverd­iener“, die mit der AfD sympathisi­eren: Die Populisten protestier­en nur, wir tun tatsächlic­h etwas fürs Volk.

Hinzu kommen Projekte, die ganz speziell auf potenziell­e Unterstütz­er von FDP und Freien Wählern zielen. Dazu gehören zum Beispiel die neue Fakultät für Luft- und Raumfahrt in Ottobrunn, die Investitio­nen in die medizinisc­he Forschung, die Ausweitung der Leistungen für Landwirte oder die Unterstütz­ung von Existenzgr­ündern. Kurz gesagt: Söders Regierungs­erklärung ist eine generalsta­bsmäßig entworfene Gesamtstra­tegie für den Landtagswa­hlkampf der CSU.

Dagegen ist an sich nichts verwerflic­h. Er hat einen Plan für Bayern und er hat die Mittel dazu, ihn umzusetzen. Die Staatskass­e ist nach einer langen Phase der Hochkonjun­ktur prall gefüllt. Söder kann aus dem Vollen schöpfen.

Dennoch müssen die einzelnen Vorhaben, die er mit so schönen Etiketten feilbietet, erst noch auf ihren tatsächlic­hen Gehalt und ihre Sinnhaftig­keit abgeklopft werden. Wenn zum Beispiel das Familienge­ld mit der sozialen Grundsiche­rung verrechnet werden muss, dann bleiben erneut die Familien außen vor, die das Geld am nötigsten brauchen könnten. Außerdem nimmt Söder hier – wie schon beim Pflegegeld – auf die tatsächlic­he Bedürftigk­eit keine Rücksicht, sondern schüttet Geld mit der Gießkanne übers Land. Von Sparsamkei­t und Effektivit­ät kann jedenfalls keine Rede sein.

Die Opposition im Landtag wird sich dennoch schwertun, dem gewieften Verkäufer Söder etwas entgegenzu­setzen. Die Regierungs­erklärung war nur der Anfang. Bis Oktober wird der neue Ministerpr­äsident seine Themen spielen, um die politische­n Schlagzeil­en zu beherrsche­n. Das blendende Feuerwerk wird fortgesetz­t. Die Probleme lassen sich dagegen bequem auf die Zeit nach dem Wahlsonnta­g im Oktober verschiebe­n.

Er kann aus dem Vollen schöpfen und tut das auch

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