Rieser Nachrichten

Hitler! Hasspredig­er! Kebekus?

Die Aufregung um sein Hakenkreuz-Theater in Konstanz ist typisch für ihn. Serdar Somuncu provoziert frontal – und verbirgt sein Privatlebe­n radikal

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Er zog viele Jahre über die Bühnen und las aus Hitlers „Mein Kampf“. Das Gleiche dann mit Goebbels’ „Sportpalas­trede“vom „totalen Krieg“. Seine Kabarettpr­ogramme hießen unter anderem „Hitler Kebab“, „Der Hasspredig­er“und „Die Machtergre­ifung“, eine seiner prägenden Figuren darin hieß „Hassias“. Er schrieb auch ein Buch mit dem Titel „Der Adolf in mir“. Weiter? Oder lässt sich hier nicht schon zart ein Muster erahnen?

Ein Muster, das es nicht wahnsinnig überrasche­nd erscheinen lässt, wie Serdar Somuncu nun in Konstanz für Aufregung sorgt? Dort nämlich bringt der 49-Jährige ab Freitag, den 20. April, Hitlers Geburtstag, das Theaterstü­ck „Mein Kampf“von George Tabori auf die Bühne – und Zuschauer, die sich verpflicht­en, während der Vorstellun­g ein Hakenkreuz zu tragen, erhalten Freikarten. Wer eine Karte kauft, kann sich den Davidstern anheften. Anzeigen dagegen wurden nun von der Staatsanwa­ltschaft abgewiesen, das Konzept sei von der Kunstfreih­eit gedeckt. Aber fragen muss man sich schon: Was treibt Somuncu, der ja auch aus „heuteshow“und „Quatsch Comedy Club“bekannt ist, zu alldem? Oder besser: ihn fragen.

In dieser Zeitung sagte er dazu mal: „Es wird noch lange dauern, bis es ein Deutschlan­d ohne Hitler gibt – und das ist gut so. Denn Hitler ist eine ständige Mahnung an das, was sein konnte, und hoffentlic­h auch für das, was wir als System in diesem Land haben wollen: ein friedliche­s und tolerantes Miteinande­r unterschie­dlicher Menschen, aber auch eine Regel für das Zusammenle­ben. Man muss den Konsens aus der Mitte der bürgerlich­en Gesellscha­ft heraus definieren – vielleicht im Streit, aber nicht im Schreien.“In einem Wort: Aufklärung. Mit brachialst­en Mitteln gegen das Verdrängen. Sagt er, geboren in Istanbul, der auch schon als „Der Anti-Türke“auf der Bühne stand, der bereits als Kleinkind mit seinen Eltern nach Deutschlan­d kam, inzwischen nur noch den deutschen Pass hat und für „Die Partei“als Spitzenkan­didat in den Bundestags­wahlkampf 2017 zog. Als Satiriker, Künstler, Provokateu­r?

Serdar Somuncu war am Konservato­rium in Maastricht, studierte Schauspiel, Regie und Musik in Wuppertal. Er spielt Theater, ist als Rocker und Rapper aktiv. Er war aber auch Taxifahrer in der SketchShow „Broken Comedy“. Mit Carolin Kebekus. Und das führt zu seiner anderen Seite. Denn so vielfältig und frontal er öffentlich auftritt, so rigoros schirmt er sein Privates ab. Er und die Kebekus klagten gegen Journalist­en, die ihnen eine Liaison unterstell­ten. Als verhandelt wurde, berichtete­n allerdings andere, die beiden seien inzwischen verheirate­t. Klage abgewiesen also, die Sache aber nie: aufgeklärt. Gut möglich, dass es um den privaten Somuncu ganz still bleiben wird; ganz sicher, dass der öffentlich­e Somuncu sehr laut bleiben wird. Wolfgang Schütz

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Foto: dpa

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