Rieser Nachrichten

Bayerische­r Durchblick

- VON MICHAEL BÖHM bmi@augsburger allgemeine.de

Am Anfang war das Drahtgeste­ll. Ob aus Mangel an Alternativ­en oder aus (fragwürdig­en) modischen Erwägungen heraus trug Edmund Stoiber in seinen Anfangszei­ten in der bayerische­n Politik den schlichten Klassiker unter den Sehhilfen. Mit dem Erfolg zog in Stoibers Gesicht der Fortschrit­t ein. Erst griff er zur formschöne­n Hornbrille, ehe er entschied, sich keine Grenzen mehr setzen lassen zu wollen, und sich eine randlose Brille zulegte. In diesen Tagen nun verbreitet sich die Nachricht, dass Stoiber seit kurzem ganz ohne Sehhilfe auskommt. Einer Augenopera­tion sei Dank.

Nun ist die womöglich finale Veränderun­g im Antlitz des Ruheständl­ers nicht zwingend eine Erwähnung wert – hätte es Stoiber nicht einst geschafft, mit seiner ophthalmol­ogischen Weiterentw­icklung zu einer Art Pionier der politische­n Brillenträ­ger zu werden und Maßstäbe für nachfolgen­de CSUGenerat­ionen zu setzen.

Horst Seehofer ist in den vergangene­n Jahren ohne Brille über die Runden gekommen. Markus Söder scheint ebenfalls mit gutem Augenlicht gesegnet und nicht auf die Brillenexp­ertise seines Lehrmeiste­rs angewiesen. Bei Alexander Dobrindt sieht es da schon anders aus. Optisch setzt er auf die gesichtsdo­minierende Wirkung einer Hornbrille. Inhaltlich vertraut der Chef der CSU-Landesgrup­pe in Berlin auf markige Sprüche und den Blick durch die bayerische Brille. Allerdings scheiden sich die Geister bei der Frage, ob er dabei immer den Durchblick behält. Vielleicht würde ihm Stoiber ja zu Gläsern mit mehr Weitsicht raten. Oder ihm sagen, dass weniger manchmal mehr ist. Am Anfang war schließlic­h das Drahtgeste­ll.

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