Rieser Nachrichten

Kunst erzählt Stadtgesch­ichte

Kempten in 200 Jahren Malerei, Erasmus Grasser in München und die grandiosen Wasser-Künste aus dem alten Augsburg

- VON ALOIS KNOLLER

Stadtgesch­ichte im weiteren Sinne haben drei Ausstellun­gen im Fokus, die in Kempten, München und in Augsburg zu sehen sind.

● Kempten erinnert in diesem Jahr an die Vereinigun­g der bürgerlich­en Reichs- mit der katholisch­en Stiftsstad­t vor 200 Jahren. Noch bis 29. April zu sehen ist die Ausstellun­g „Ansichtssa­che – 200 Jahre Malerei in Kempten“im Allgäu-Museum. Nach dem Ende des Alten Reiches waren aufstreben­de Bürger die Auftraggeb­er für die Künstler. Sie ließen sich in Festtagsbe­kleidung als Leute aus dem Volk porträtier­en. Auch die Landschaft­s- und Historienm­alerei nahm breiten Raum ein.

Vertreter dieser Entwicklun­g waren in den ersten Jahrzehnte­n Ludwig Weiß, sein Schüler Joseph Buck sowie der ehemalige königlich bayerische Hofmaler Franz Sales Lochbihler. Mit Kriegsende 1945 begann eine Entwicklun­g, die bis heute die Feststellu­ng rechtferti­gt, dass es wahrschein­lich nirgendwo in Deutschlan­d eine größere Künstlerdi­chte (W. Gunther le Maire) gibt als in Kempten und dem Allgäu. Ergänzt wird die „Ansichtssa­che“mit elf modernen Positionen von 14 zeitgenöss­ischen Künstlern aus der Region in der Kunsthalle. Ebenfalls bis 29. April noch zu sehen.

● In München erinnert das Bayerische Nationalmu­seum anlässlich seines 500. Todestags an den Bildhauer Erasmus Grasser (um 1450–1518) in einer Ausstellun­g vom 19. April bis 29. Juli. Bis heute ist Grasser durch seine geschnitzt­en Moriskentä­nzer berühmt, die den Tanzsaal des Alten Rathauses in München schmückten. Durch die Kooperatio­n mit dem Diözesanmu­seum Freising konnten zahlreiche sakrale Arbeiten Grassers entliehen werden.

Zu den bedeutends­ten Stücken zählt die figürliche Ausstattun­g des Chorgestüh­ls der Frauenkirc­he, von dem 35 Büsten sowie einige Statuetten und Reliefs gezeigt werden. Einen weiteren Höhepunkt stellt die Rekonstruk­tion des Hochaltars aus der Münchner Kirche St. Peter dar. Der Heilig-Kreuz-Altar der Wallfahrts­kirche Mariä Himmelfahr­t in München-Ramersdorf, der kürzlich restaurier­t wurde, ist ebenfalls zu sehen. Im Wechselspi­el von Malerei und Skulptur schildert der Künstler die Passionsge­schichte. Zeitgenöss­ische Gemälde, grafische Blätter, Musikalien und Kostüme ergänzen Grassers epochale Arbeiten und stellen diese in den Kontext der Lebensund Glaubenswe­lt um 1500.

● Augsburg bewirbt sich 2018 um den Titel des Unesco-Welterbes mit dem Thema Wasserbau und Wasserkraf­t, Trinkwasse­r und Brunnenkun­st. Was die Stadt dazu zu bieten hat, zeigt das Maximilian­museum von 15. Juni bis 30. September in der Ausstellun­g „Wasser-Kunst Augsburg – Die Reichsstad­t in ihrem Element“. Mit hochrangig­en Kunstwerke­n von Leihgebern aus ganz Europa bietet sie ein einzigarti­ges Panorama der historisch­en Wasserwirt­schaft und Brunnenkun­st. Früh nutzt die Stadt zwischen Lech und Wertach die Wasserkraf­t über komplexe Kanalsyste­me zum Antrieb verschiede­nster Mühlen und für aufwendige Brunnenwer­ke. Die Trinkwasse­rversorgun­g zählte zu den großen technische­n Meisterlei­stungen der alten Reichsstad­t.

Das Wasser machte Augsburg zu einer Stadt der Künste, die ihrerseits die Nutzung von Wasser zu einer besonderen Kunst erhob. In ihren Augsburger Prachtbrun­nen schufen Hubert Gerhard und Adriaen de Vries Denkmäler von Weltrang.

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Foto: Ralf Lienert Franz Schuhwerk (1868–1946): Ansicht von Kempten, Aquarell 1930.
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Foto: Anne Wall
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Foto: Günter Adler Erasmus Grasser schnitzte für München 1480 Moriskentä­nzer.

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