Der Wiesenweihe gefällt es im Ries
Konrad Bauer spürt die Greifvögel mit einer Drohne und einer Wärmebildkamera auf, um sie zu schützen. In Deiningen referierte er nun über das Leben der Tiere in der Region
Deiningen Das Leben für Wiesenweihen muss schön sein im Ries. Es gibt viele Getreidefelder, um dort eine Wohnung zu bauen und Junge groß zu ziehen. Es gibt viele Wiesen, um dort Mäuse zu jagen. Und es gibt Konrad Bauer aus Marktoffingen, der sich seit 20 Jahren um die seltenen Vögel kümmert und ihre Nester beschützt, so gut er kann. Der Hobby-Vogelkundler berichtete über seine Arbeit im Deininger Trachtenvereinsheim im Rahmen der Rieser Kulturtage.
Allein im Nördlinger Ries hat Bauer im vergangenen Jahr 30 Wiesenweihe-Brutpaare beobachtet. Deutschlandweit gibt es rund 400 Brutpaare und damit wieder doppelt so viele wie vor 20 Jahren. In Bayern konzentrieren sich die Populationen auf drei Regionen: den Raum Straubing, Main-Franken und eben das Ries. Warum das so ist? „Hier findet die Wiesenweihe gute Lebensbedingungen vor“, sagt Konrad Bauer.
Wenn die nur 280 Gramm leichten Wiesenweihen im Mai aus den Winterquartieren südlich der Sahara zurückkehren, wächst im Ries schon das Getreide; zuerst Wintergerste, dann Triticale, eine Kreuzung aus Weizen und Roggen. Die Männchen werben um die Weibchen mit Sturzflügen aus zwei Kilo- metern Höhe und großem Geschrei. Dann müssen die Männchen in Vorleistung gehen und mehrere Rohbau-Nester am Boden von Getreidefeldern errichten und das Weibchen dann zu den „Wohnungsbesichtigungen“führen. Wenn ein Nest für gut befunden wird, darf das Männchen weiter bauen, den Innenausbau übernimmt dann das Weibchen. „Wie im richtigen Leben“, witzelt Konrad Bauer bei seinem Vortrag vor etwa 40 Zuhörern in Deiningen.
Dann gibt er weitere Einblicke ins „Ehe-Leben“der Wiesenweihen. Das Männchen darf die folgenden Wochen nichts anderes tun, als reichlich Nahrung für die Mama und die Jungvögel heranzuschaffen. Das sind meist Mäuse, die die Wiesenweihe aus einem Segel- und Pendelflug ein oder zwei Meter über dem Boden, erbeutet. Dabei reicht ein Rascheln, und die Maus wird ohne vorherigen Sichtkontakt getötet.
Die Wiesenweihe lebt als Bodenbrüter allerdings auch gefährlich. Der Fuchs spürt die Gelege auf und räumt die Nester aus. Auch Wildschweine hat Konrad Bauer als Bodenräuber schon ausmachen können. Aus der Luft greifen Rohrweihen und Rabenkrähen die Vögel am Boden an. Eine entscheidende Rolle für den Nachwuchs spielt die Witterung. In kalten und verregneten Sommern wie 2013 und 2016 schlüpften deutlich weniger Wiesenweihen.
Die Weibchen legen in „mäusearmen“Jahren von Beginn an weniger Eier, drei statt sechs. Oder die später Geschlüpften werden an die Erstgeborenen verfüttert. Viele Verluste gebe es auch durch die Unvernunft der Menschen. Spaziergänger, die ans Nest gehen, machten es mit den Trampelpfaden für den Fuchs besonders leicht, Nester zu finden.
Viele Stunden hat Bauer mit Fernglas und GPS-Peilgerät auf Rieser Feldwegen verbracht, um Gelege genau zu lokalisieren. Seit einigen Jahren nutzt er eine Drohne mit Kamera und Wärmebildkamera. Ein so entdecktes WiesenweiheGelege meldet er dem Landwirt, rund ein viertel Hektar Fläche werden abgesteckt und von der Getreideernte ausgenommen. Der Landwirt erhält aus Mitteln des Bezirks Schwaben rund 560 Euro Entschädigung. „Das ist absolut gerechtfertigt“, sagt Bauer.
Biogasanlagen und Biobauern wirken sich positiv auf die Wiesenweihen aus, erklärt Bauer weiter. In der Fruchtfolge werde eben nicht nur Mais zum Vergasen, sondern auch Triticale angebaut – ideale Wohnbedingungen für Wiesenweihen.
Im Bio-Landbau seien Kleewiesen üblich, die häufig gemäht werden, um die gewünschten StickstoffEinlagerungen im Boden zu erreichen. In solchen Wiesen findet die Wiesenweihe einfach Nahrung. Bei der Jagd sind die Vögel „Gewohnheitstiere“, sie fliegen feste Korridore und „neuralgische Punkte“ab. Einer dieser Punkte liegt an der B 25 zwischen Balgheim und Grosselfingen. Eine Brücke, die dort geplant war, hätte nur mit erheblichem Aufwand und vielen Hektar Ausgleichsfläche verwirklicht werden können, „so ist die gesetzliche Lage“, sagte Bauer. Die Brücke wurde dann nicht gebaut, denn für die Wiesenweihe wäre diese „Überhöhung“zum Problem geworden.
Ob die Wiesenweihe denn nicht die „Brezel-Lösung“bei Reimlingen verhindern könne, wollte eine Besucherin wissen. Dort gebe es keine Wiesenweihen, sagte Konrad Bauer. Bei anderen Straßenbauprojekten konnte viel erreicht werden, sodass zum Beispiel die Umgehungsstraße von Munningen mit vielen zusätzlichen Grünstreifen und Grünwegen verträglich für die Wiesenweihe gebaut wurde.