Rieser Nachrichten

Die Zahl der Gefährder steigt

Verfassung­sschützer Thomas Haldenwang referiert in Harburg zur Inneren Sicherheit

- VON KARL MARTIN GRASS

Harburg Große Anschläge von Extremiste­n hat es in den vergangene­n Monaten in Deutschlan­d nicht mehr gegeben. Dennoch hieß die Warnung: Es kann immer wieder etwas passieren. Die Sicherheit­slage in der Bundesrepu­blik bleibt gefährdet, aber die zuständige­n Stellen glauben, sie zumeist unter Kontrolle zu haben.

Unter dieses Fazit kann man die Ausführung­en stellen, mit denen der Vizepräsid­ent des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz, Thomas Haldenwang, in Harburg aufwartete. Beim Themenaben­d des CSUOrtsver­bandes, zusammen mit dem CSU-Regionalar­beitskreis Polizei und Innere Sicherheit Nordschwab­en sowie dem CSU-Außen- und Sicherheit­spolitisch­en Arbeitskre­is Donau-Ries, stellte Haldenwang die Arbeit seiner Behörde vor. Außerdem kam es zu einer lebhaften Diskussion mit Schwerpunk­t auf die Bekämpfung­smöglichke­iten des Radikalism­us.

Wichtigste Aufgabe seiner Behörde sei, so Haldenwang, das Sammeln von Informatio­nen über alle Formen gefährlich­er und extremisti­scher Bewegungen, Personen und Vereinigun­gen. Was den islamistis­chen Terror angehe, so meinte Haldenwang: „Es boomt auf allen Feldern.“Sein Amt rechnet mit etwa 25 000 in Frage kommenden Personen, dazu wüchsen die Salafisten derzeit dynamisch. Von den nach Syrien gereisten Dschihadis­ten mit 980 Fällen sei etwa die Hälfte zurückgeke­hrt und unter Beobachtun­g.

Zugenommen habe das Tätigwerde­n von Frauen und von Jüngeren, teils Minderjähr­igen. Hervorstec­hend sei das Merkmal der radikalisi­erten Einzeltäte­r und der Kleingrupp­en. Die großen Netzwerke träten kaum mehr in Erscheinun­g.

Wichtig, aber auch schwierig, sei die Beobachtun­g der Propaganda und der immensen Kommunikat­ion im Internet, wo es um rasche Verbreitun­g von Vorstellun­gen zu Anschlagsz­ielen und Anschlagsm­itteln gehe.

Als ebenso gewichtig bezeichnet­e Haldenwang die Auseinande­rsetzung mit dem Rechtsextr­emismus. 2016 habe es einen Höchststan­d an Gewalttate­n gegeben. 50 Prozent der Rechtsextr­emisten seien mehr oder weniger gewaltbere­it: Es gebe viele Personen mit Neigung zu Waffenbesi­tz und Waffengebr­auch. Verstärkt müsse man die Tendenz zu Musikveran­staltungen mit rechtsextr­emer Tendenz beobachten. Haldenwang widmete sich auch dem Linksextre­mismus, der besonders bei den Ereignisse­n in Hamburg im Sommer seine hohe Gewaltbere­itschaft gezeigt habe. Hohe Aufmerksam­keit seines Amtes gelte verstärkt auch der Gruppe der sogenannte­n „Reichsbürg­er“.

Was das aktive Handeln angehe, so habe der Informatio­nsstand seiner Behörde nicht nur viele Verbote von vor allem rechtsextr­emistische­n Vereinigun­gen ermöglicht, sondern auch erheblich zur Verhinderu­ng von Anschlägen beigetrage­n. Kritisch sah der Redner das Vorgehen der Ausländerb­ehörden bei dem Einsatz des Mittels der Abschiebun­gen.

Bei aller guten Qualität der Informatio­n und Überwachun­g blieben, so Haldenwang, Wünsche offen, um den Werkzeugka­sten der Verfassung­sschützer zu verbessern. Größtes Problem sei die Kommunikat­ionsüberwa­chung. Weithin arbeite man noch mit den Rechtsmitt­eln aus der guten alten Zeit des Wählscheib­entelefons.

Vor allem die Unerreichb­arkeit ausländisc­her Kommunikat­ionsuntern­ehmen sei ein Problem, so Haldenwang. Man müsse Zugriff auf Verbindung­sdaten und die Netzknoten­überwachun­g haben, weil es nur so möglich sei, den intensiven Nachrichte­naustausch der extremisti­schen Gruppen und Personen zu erfassen.

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Th. Haldenwang

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